Sprach-KIs wie ChatGPT taugen nicht nur zum Gedichte schreiben, Texte zusammenfassen und Daten strukturieren. Wie ein Team der University of Chicago herausfand (externer Link), schlägt die KI sogar manche menschlichen Experten - etwa in Bezug auf Voraussagen zu Finanzmärkten.
Wie das funktioniert: Man lässt die KI "laut denken". Sprach-KIs wie ChatGPT haben keine versteckten "Gedanken", sondern nutzen jedes Wort, das sie ausgeben, für ihre Rechenprozesse. Das bedeutet: Je länger die KI in ihren Antworten "denkt", desto besser werden ihre Vorhersagen meist.
Die Forscher der University of Chicago machten sich das zunutze. Sie gaben der KI ausführliche Daten und ließen sie anschließend die Rolle eines Finanzexperten einnehmen. Dieser virtuelle Finanzexperte rechnete die Daten Schritt für Schritt durch und gab am Schluss seine Prognose ab. Diese Prognose war im Versuch vergleichbar mit der Prognose eines menschlichen Experten.
Was ChatGPT für das Deutschland-Spiel tippt
Das Team hinter dem KI-Podcast von BR24 und SWR wollte nun herausfinden: Funktioniert diese Methode auch, wenn ChatGPT Fußballspiele vorhersagen muss? Sie fütterten die KI mit Informationen über die letzten Spiele von Deutschland und Ungarn, sowie relevantem Kontext (etwa, dass die Europameisterschaft in Deutschland stattfindet).
Dann ließen sie die KI das Spiel entsprechend analysieren und ChatGPT eine Vorhersage aus der Sicht eines virtuellen Fußballexperten treffen.
"Diese Vorhersage berücksichtigt Deutschlands demonstrierte Offensivkraft und den Heimvorteil gegenüber Ungarns unbeständiger Form und den jüngsten Defensivschwierigkeiten", resümiert die KI schließlich. Und – sie macht eine klare Ansage: "Ich sage ein Ergebnis von 3:1 für Deutschland gegen Ungarn voraus."
Was sagt die menschliche Expertin zum KI-Tipp?
BR-Sportredakteurin Sina Wende ist im Großen und Ganzen einverstanden mit der Prognose: "Klar, das Argument mit der starken Offensive der Deutschen stimmt. Fünf Tore im ersten Spiel lassen sich nicht leugnen. Und ja, Ungarn ist einige Klassen schlechter als Deutschland. Auch das hat die KI richtig eingeordnet." Auch wenn Sina Wende glaubt, dass ChatGPT etwa den Heimvorteil überschätzt, hat sie am Ende sogar den gleichen Tipp wie die KI: ein 3:1 für Deutschland.
KI-Tipps sind keine exakte Wissenschaft
In diesem Experiment zeigt sich: Aktuelle KI-Modelle können, ähnlich wie menschliche Experten, grobe Trends ablesen und daraus eigene Vorhersagen treffen, die den Vorhersagen von Menschen ähneln – wie hier beim 3:1.
Allerdings muss man auch aufpassen: Denn ändert man die Anfrage an ChatGPT, dann ändert sich auch schnell die Prognose – und zwar drastisch.
Wenn die KI diplomatisch tippt
In einem zweiten Versuchslauf bat das Team des KI-Podcasts die KI, selbständig im Internet nach Informationen über beide Teams zu suchen und so seine Entscheidung zu treffen. Das führte dazu, dass die KI ihre Entscheidung nicht mehr aufgrund nüchterner Zahlen traf, sondern aufgrund emotional aufgeladener Texte. Dieses geänderte Ausgangsmaterial änderte auch das Ergebnis – das auf einmal deutlich diplomatischer ausfiel.
"Das ungarische Team wird nun dank seiner 1:3-Niederlage im ersten Spiel gegen die Schweiz erst recht motiviert sein, sich zu beweisen", vermutet die KI diesmal – und sieht den schwachen Auftritt von Ungarn gegen die Schweiz plötzlich nicht mehr als Schwäche, sondern als Chance. Entsprechend sieht auch der Tipp aus: Lässt man die KI nicht anhand von nüchternen Ergebnissen, sondern anhand von Texten tippen, wird ChatGPT zum Diplomaten: "Es wird erwartet, dass beide Teams treffen könnten, mit einem möglichen Endergebnis von 1:1, das die defensiven Stärken Ungarns und die offensiven Fähigkeiten Deutschlands widerspiegelt".
Tipprunde mit KIs
Und wenn man die zusätzlichen Infos einfach weglässt und einfach nur nach den Ergebnissen für die einzelnen Spiele fragt? Auch dann liefert die KI Ergebnisse – und ob die funktionieren, lässt sich einfach überprüfen: Indem man mehrere KIs in einer Tipprunde gegeneinander antreten lässt.
Das hat das Team des KI-Podcasts ebenfalls ausprobiert: Hier liegt ChatGPT aktuell in der Tabelle noch unten. Einen Punkt weiter vorne liegt die Google-KI "Gemini", die bei den Tipps bislang einen Hauch besser war. Doch klarer Tabellenführer ist eine andere KI: "Mixtral", das KI-Modell des französischen Start-ups "Mistral". Das tippt übrigens – kein Wunder – auch auf Frankreich als Europameister.
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