Jahrzehntelang waren Roboter das Sinnbild für die Zukunft der Künstlichen Intelligenz. Von "Terminator" bis "Wall-E" – die Popkultur war voll von Bildern intelligenter Maschinen in Menschengestalt. Doch als die KI-Revolution mit ChatGPT und Co. begann, schienen Roboter kaum eine Rolle zu spielen.
Einer der Gründe dafür: Die bisherigen Fortschritte in der Robotik waren hochspezialisiert und für die breite Öffentlichkeit unsichtbar. Auch David Reger, Gründer und CEO des deutschen Robotik-Startups "Neura Robotics", kennt das Phänomen. Die Roboter seiner Firma hatten lange nichts Menschliches an sich – bestanden aus Greifarmen und Plattformen. Irgendwann baute Neura dann seinen ersten Roboter mit menschenähnlichem Körperbau – und schon änderte sich die Wahrnehmung.
"Ich erzähle immer das Beispiel mit meiner Mutter", sagt Reger. "Ich habe ihr viele Videos gezeigt von unseren Robotern. Aber erst seit ich hier einen humanoiden gezeigt habe, weiß sie genau, was ich mache. Das ist das Spannende an der Sache und ich glaube, dass für Menschen Robotik nun mal eher in dieser humanoiden Form verständlich sind." Die faszinierende Menschenähnlichkeit war auch ein Grund für den Erfolg von ChatGPT – doch Robotern fehlte dieser Moment bis jetzt.
Der Wendepunkt: KI trifft auf Robotik
Doch das könnte sich bald ändern. Denn die rasanten Fortschritte im Bereich der Künstlichen Intelligenz eröffnen völlig neue Möglichkeiten für die Robotik. Unternehmen wie Tesla und das Startup "Figure" arbeiten auch schon lange an humanoiden Robotern.
Und in Metzingen in Baden-Württemberg baut Neura Robotics an einer ganz neuen Form der Robotik: "Wir haben Kameras, Mikroarrays und Sensoren in die Robotik integriert und an ein 'Gehirn' angebunden", sagt Reger. "Damit haben wir eine Plattform gebaut, die sich weiterentwickeln kann. Das Rad muss nicht jedes Mal neu erfunden werden, sondern es wird nur weiterentwickelt."
Je besser Roboter darin werden, neue Aufgaben zu lernen, umso mehr Bereiche können sie abdecken. Das gilt für humanoide wie nicht-humanoide Roboter gleichermaßen. Angesichts des demografischen Wandels und des zunehmenden Arbeitskräftemangels weltweit scheint eine Zukunft ohne Roboter kaum noch denkbar.
🎧 Was passiert als nächstes in der KI-Revolution? Und welche Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in "Der KI-Podcast" – dem Podcast von BR24 und SWR.
Deutschlands Chance in der Roboter-Revolution
Deutschland gilt schon lange als Robotik-Powerhouse – eine Position, die historisch gewachsen ist und auf einer starken industriellen Basis, insbesondere in der Automobilbranche, einem exzellenten Bildungssystem mit erstklassigen Ingenieursstudiengängen und einer robusten Forschungslandschaft fußt.
Doch die neue Generation von Robotern hat mit ihren Vorgängern nur noch wenig gemein. Waren Industrieroboter lange Zeit auf spezifische, immer gleiche Aufgaben beschränkt, eröffnet die Integration von aktuellen KI-Modellen völlig neue Möglichkeiten.
Herausforderungen und Zukunftsaussichten
Es entstehen aber auch neue Herausforderungen – etwa in der Balance zwischen Geschwindigkeit und Sicherheit. "Zum Beispiel beim Schweißvorgang", erklärt David Reger von Neura Robotics: "Da muss der Roboter in Echtzeit reagieren. Und sowas kann man nicht einfach in der Cloud machen."
Die Lösung, die Neura und andere Unternehmen verfolgen, ist ein zweistufiger Ansatz: Eine übergeordnete KI, basierend auf großen Sprachmodellen (LLMs), macht Pläne und sitzt in der Cloud. Für verschiedene Aufgaben und Fähigkeiten gibt es dann einzelne KIs, die lokal im Roboter arbeiten und schnell reagieren können.
"Die übergeordnete KI muss nicht in dieser Art Realtime reagieren", erläutert Reger. "Die kann eine Entscheidung treffen und sagen: 'Du musst jetzt das ausführen.' Die führt dann aus. Und in diesem Fall denkt die übergeordnete KI schon wieder: 'Was kommt danach?'"
Roboterstandort Deutschland?
Diese Entwicklung könnte weitreichende Folgen für die Industrie haben. Technologieexperte Marcel Weiß warnt in der FAZ: "Die zunehmende Bedeutung von Software in Maschinen stellt eine Herausforderung für den deutschen Maschinenbau dar. Es besteht die Gefahr, dass die Wertschöpfung zu softwarezentrierten, meist amerikanischen Unternehmen abwandert, wenn die Kernkompetenzen der deutschen Unternehmen nicht in der Software liegen."
Und der Einfluss der Tech-Unternehmen ist immer noch dabei, sich auszubreiten. Mittlerweile mischen sogar Konzerne wie Google in der Roboterforschung – für sie könnte es der nächste große Arm der KI-Wertschöpfung werden.
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