Die Mimimi Games GmbH galt als Münchner Vorzeigeunternehmen. Eine Erfolgsgeschichte der bayerischen Games-Branche. 15 Jahre lang hatte sich das inhabergeführte Unternehmen mit zuletzt 37 Mitarbeitern von Spiel zu Spiel gesteigert und viele Preise abgeräumt.
Für das im August veröffentlichte Piraten-Taktik-Spiel "Shadow Gambit" bekam Mimimi Games mehr als zwei Millionen Euro an Fördergeldern. Doch kurz nach Marktstart folgte die Geschäftsaufgabe. Zu hoch seien das Risiko und die Belastung gewesen, so die Geschäftsführer. Sie räumten ein, dass die Produktionskosten am Münchner Standort schneller wüchsen als die potenziellen Einnahmen.
Studie: "Keine Entwicklung ohne Förderung"
Das Beispiel Mimimi Games trifft sehr gut die aktuelle Situation in der bayerischen Games-Branche. Große Spiele kosten Geld. Viel Geld. Die internationale Konkurrenz ist hart, die deutschen Entwicklungskosten sind hoch.
Eine funktionierende staatliche Förderung sei deswegen entscheidend für die Zukunft der Branche, sagt Malte Behrmann. Der Berliner Professor und Anwalt hat die Entwicklung der weltweiten Games-Förderung wissenschaftlich untersucht.
Weltweite Förderung der Games-Branche
Laut Behrmann wird in vielen Ländern versteckt gefördert, beispielsweise in China. Sein Fazit: Diejenigen, die erfolgreich seien, hätten zuvor immer eine starke Förderung gehabt, so Behrmann. Selbst in den USA gebe es Förderungen für die Games-Branche. Dazu gehören laut Behrmann auch Steuergeschenke in den US-Bundesstaaten Florida, Texas, North oder/und South Carolina.
Für Behrmann besteht das ideale Förderkonzept aus Steuervergünstigungen in Kombination mit direkten Fördergeldern. Ohne Förderung gehe es nicht, sagt Behrmann, ansonsten würde der Anteil deutscher Firmen am deutschen Spielemarkt weiter schrumpfen. Momentan liegt er gerade noch bei knapp fünf Prozent.
100 Millionen Euro Förderung pro Jahr in Deutschland?
Bis 2013 war Malte Behrmann Generalsekretär des Spiele-Entwickler-Verbands EGDF und bis 2010 Geschäftsführer des GAME e. V., ein Vorläufer des heutigen Game-Verbands. In dieser Funktion sorgte er 2017 für Aufsehen mit dem Appell für eine Computerspiel-Förderung in Höhe von 100 Millionen Euro pro Jahr. Damals noch unvorstellbar, doch 2019 begann die Bundesregierung, die Games-Entwicklung mit jährlich knapp 50 Millionen Euro zu fördern.
In diesem Jahr stehen sogar 70 Millionen Euro zur Verfügung und fürs nächste Jahr sind 81 Millionen Euro vorgesehen. Das Problem jedoch bei der Bundesförderung: Der Fördertopf 2023 ist seit Mai bereits vollständig ausgeschöpft, und im nächsten Jahr könnte es ebenfalls schnell eng werden, weil bei der durchschnittlichen Laufzeit der Projekte von drei Jahren viele Projektmittel im nächsten Jahr bereits reserviert sind.
Können Länder die ausbleibende Bundesförderung ausgleichen?
Die Förderpolitik der Bundesländer ist unterschiedlich. Nordrhein-Westfalen vergibt in diesem Jahr 3,5 Millionen Euro Fördergelder. NRW hat mit der Gamescom in Köln nicht nur die größte Fachmesse der Branche, sondern auch mit Ubisoft in Düsseldorf (470 Beschäftigte) das größte Studio in Deutschland. Das Bundesland Baden-Württemberg fördert in diesem Jahr Games-Projekte mit 1,1 Millionen Euro. Genau eine Million Euro Fördergelder gibt es in Schleswig-Holstein.
Bei acht Bundesländern, darunter Hessen und Niedersachsen, liegt die jährliche Games-Förderung jedoch unter 300.000 Euro. Gar keine Förderung gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Die höchste Fördersumme vergeben in diesem Jahr vermutlich Berlin und Brandenburg. Dort hat das Medienboard Berlin-Brandenburg bisher 3,1 Millionen Euro Fördergelder ausgegeben. Laut Medienboard gibt es in diesem Jahr aber noch eine letzte Fördersitzung: "Wir gehen davon aus, dass wir Ende des Jahres insgesamt mindestens 4,5 Millionen Euro an Games vergeben haben werden, möglicherweise werden es bis zu fünf Millionen Euro", so Laura Liebe vom Medienboard Berlin-Brandenburg auf BR24-Anfrage.
Bayern fördert Games-Branche mit 4,4 Millionen Euro
In Bayern wird die Games-Branche heuer mit 4,4 Millionen Euro gefördert. Die Auswahl der Projekte läuft nach inhaltlichen Kriterien, zuständig dafür ist der "FilmFernsehFonds Bayern", kurz FFF Bayern. Laut Digitalministerium werden in Bayern nur Spiele bis zur Altersfreigabe USK 16 gefördert. Sollte ein Vorhaben eine höhere Altersfreigabe erwarten lassen, so kommt eine Förderung in Bayern – auch in Form einer Kumulierung mit der Bundesförderung – nicht in Betracht, so ein Sprecher des bayerischen Digitalministeriums auf BR24-Anfrage. Zudem gilt: Ist ein Spiel erfolgreich, muss ein Teil der Fördersumme (bis zu 50 Prozent) zurückbezahlt werden.
Games-Branche fordert 50 Millionen Euro
Reicht das? Der bayerische Branchenverband Games Bavaria Munich e. V. fordert 50 Millionen Euro jährliche Games-Förderung vom Freistaat. Bayern habe immer den Anspruch, eine der Top-Regionen der Welt zu sein, so Hendrik Lesser von Games Bavaria Munich.
50 Millionen? Lesser betont im BR24-Interview: "Der eine oder andere mag diese Forderung lächerlich finden, aber wenn man das vergleicht mit anderen Regionen, dann ist das wenig. Die saudische Regierung hat sich entschieden, 40 Milliarden in Gaming zu investieren." Wenn man der wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung der Games-Branche gerecht werden wolle, dann müsse die Förderung jedenfalls deutlich höher liegen, so der Münchner Unternehmer und Entwickler.
Digitalminister Mehring: "50 Millionen Euro sind nicht realistisch!"
50 Millionen Euro Förderung sind für den bayerischen Digitalminister Fabian Mehring (Freie Wähler) nicht realistisch, außerdem nehme Bayern bei der Förderung einen Spitzenplatz ein. Zur angekündigten Aufstockung des Medienboards Berlin-Brandenburg sagt Mehring im BR24-Interview: "Wir haben immer den Ehrgeiz, dass Bayern ganz vorne ist in der Statistik der deutschen Länder. Das heißt, wenn die Kollegen in Berlin und Brandenburg drauflegen werden, weckt das auch meinen Ehrgeiz, nochmal draufzulegen." Kurz nach Amtsantritt vor vier Wochen hatte Mehring (Freie Wähler) angekündigt, die Games-Sparte zu einem Flaggschiff seines Hauses ausbauen.
Positive Erfahrungen mit bayerischer Förderung
Gut kommt Bayerns Förderung bei der kleinen Nürnberger Spielefirma Pixel Maniacs an. Neben einer EU-Förderung bekam die Firma für ihr aktuelles Spiel ChromaGun vom Freistaat 20.000 Euro Konzeptförderung und 200.000 Euro für den ersten Prototypen. "Diesen Prototypen konnten wir dann Investoren vorstellen, ohne Förderung wäre dies nicht möglich gewesen", so der Gründer von Pixel Maniacs, Benjamin Lochmann.
Bei der Vermarktung des Spiels half eine Bundesförderung über 290.000 Euro. Ohne dieses Geld hätte die Vermarktung nicht funktioniert, so der Firmengründer. Nicht gut findet Benjamin Lochmann, "dass die bayerische Förderung zum Teil zurückbezahlt werden muss." Für kleine Firmen sei das schwierig.
Weniger Probleme hat damit die Münchner Firma aesir interactive. Sie hat gerade 620.000 Euro an den Freistaat überwiesen. Die Fördersumme machte es möglich, einen Prototypen für das erfolgreiche Spiel "Police Simulator" zu entwickeln. Die Firma von Andreas Sirch hat mittlerweile über hundert Angestellte.
Gute Förderpolitik reicht nicht
Aesir interactive CEO Sirch hält die Förderkriterien in Bayern für sinnvoll und modern. Auf die bayerische Förderung, die auch eine inhaltliche Bewertung treffe und nicht jedes Ballerspiel fördere, könne idealerweise der Bund mit der Vertriebsförderung aufsetzen. So würden beide Fördermodelle ideal zueinander passen, so der Vorschlag von Sirch.
Bei den größeren Firmen in der Games-Branche wächst zudem die Forderung nach Steuererleichterungen. Damit würde die Games-Branche besser planen können, argumentiert Sirch. Eine Förderung nach Projekten gebe diese Sicherheit nicht, auch sei unsicher, ob man die jeweilige Projektförderung bekomme.
Digitalminister Mehring kann sich Steuererleichterungen vorstellen
Experten und Verbände der deutschen Gamer-Szene fordern längst weniger Steuern. Vorbild dafür wären Frankreich, aber auch Kanada oder die USA. Bayerns Digitalminister Mehring zeigt sich im BR24-Interview offen dafür: "Ich kann mir offen gestanden so einen fiskalpolitischen Anreiz sehr gut vorstellen, weil ich auch weiß, dass das Herz der Branche dafür schlägt und dass das im globalen Wettbewerb wirklich ein Momentum wäre, das richtig helfen würde."
Als Digitalminister hat Mehring jedoch keine Kompetenz in Steuerfragen. Umsetzen müsste solche Ideen also vor allem der Bund. Ohnehin wären deutsche Steuererleichterungen im globalen Wettbewerb nicht gleich ein Gamechanger, denn aktuell liegt der deutsche Marktanteil in der weltweiten Games-Branche bei nur etwa einem Prozent.
- Zum Artikel: Games-Förderung – Branchenverband fordert Verlässlichkeit
Im Audio: Ungewisse Zeiten für die deutsche Games-Branche
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