Der amerikanische Podcaster Lex Fridman hat ein über dreistündiges Interview mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj aufgezeichnet. Das Besondere daran: Dank künstlicher Intelligenz ist das Gespräch zeitgleich in drei Sprachen verfügbar – auf Englisch, Ukrainisch und Russisch. Ein Meilenstein für die Kommunikation, der aber auch seine Tücken hat.
Fridman, der mit bürgerlichem Namen Alexei Fridman heißt und selbst ukrainisch-jüdischer Abstammung ist, hat sich seit 2018 als einer der einflussreichsten Podcast-Interviewer etabliert. In seiner Sendung, die anfangs "The Artificial Intelligence Podcast" hieß und seit 2020 seinen Namen trägt, waren auch Donald Trump, Elon Musk und Mark Zuckerberg zu Gast.
Wie das KI-Interview funktioniert
Nun ist Fridman in die Ukraine gereist, um den ukrainischen Präsidenten zu interviewen – ein Unterfangen, das schon im Vorhinein für Diskussionen sorgte. Denn Fridman wollte das Gespräch ursprünglich auf Russisch führen – was das Team um Selenskyj ablehnte. Schließlich einigte man sich auf eine Zwischenlösung: Das Interview wurde vor allem auf Ukrainisch geführt, manche Passagen aber auch auf Englisch oder Russisch.
Dieser Fremdsprachen-Flickenteppich wurde anschließend von einem KI-gestützten Übersetzungstools bearbeitet, um eine einheitliche Version in verschiedenen Sprachen zu erstellen. So ist das Interview mit dem ukrainischen Präsidenten auf Englisch, Ukrainisch und Russisch verfügbar und kann einem breiten internationalen Publikum zugänglich gemacht werden. Die KI generiert dabei sogar die charakteristischen Stimmen der Sprecher. Was früher ein ganzes Team von Dolmetschern erfordert hätte, erledigt nun ein KI-Tool automatisiert.
KI übersetzt nicht immer präzise
Einerseits ist es erstaunlich, wie gut die KI-Übersetzung funktioniert. Zum ersten Mal können Menschen in verschiedenen Sprachen direkt und natürlich miteinander kommunizieren, ohne dass die Sprachbarriere sie behindert.
Allerdings offenbart sich bei der Übersetzung auch eine Schwachstelle der KI, etwa wenn es um das präzise Übersetzen von Redewendungen geht: Als Selenskyj im Interview über Korruptionsbekämpfung spricht, übersetzt das System die ukrainische Wendung "ми били всіх по руках" (wörtlich: "wir schlagen allen auf die Hände") fälschlicherweise mit der englischen Redewendung "slap on the wrist", also "Klaps aufs Handgelenk". Während die ursprüngliche Aussage eine deutliche Bestrafung meint, suggeriert die englische Version das genaue Gegenteil: eine sehr milde Strafe. Ein englischsprachiger Zuschauer könnte den Eindruck bekommen, Selenskyj wolle Korruption nicht bekämpfen – dabei hat er das Gegenteil gesagt.
Ein solcher Fehler könnte einem menschlichen Dolmetscher theoretisch auch passieren – er zeigt aber, dass das reine Verlassen auf Maschinenübersetzungen auch immer mit Risiken verbunden ist. Nicht immer schafft es ein KI-System, für bestimmte Redewendungen sofort eine genaue Entsprechung zu finden.
🎧 Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in Der KI-Podcast – dem Podcast von BR24 und SWR.
KI-Übersetzung im Journalismus
Auch der Bayerische Rundfunk experimentiert mit KI-gestützten Übersetzungen (externer Link). In einem Pilotprojekt wurde eine Folge des Podcasts "Die Entscheidung" mithilfe von KI ins Englische übertragen. "Es klingt sehr, sehr echt", beschreibt Moderatorin Jasmin Brock ihre erste Reaktion auf ihre KI-generierte englische Stimme.
Wie das Selenskyj-Interview zeigt, werfen die technischen Möglichkeiten aber auch ethische Fragen auf. Der BR hat deshalb klare Richtlinien für den Einsatz von KI entwickelt: "Wir setzen nur Technologie ein, die den Mitarbeitenden im BR und unseren Nutzenden einen tatsächlichen Mehrwert bietet", heißt es dort. Transparenz steht dabei an erster Stelle – die Hörer müssen stets wissen, wann sie eine KI-generierte Stimme hören.
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