Das Timing hätte dramaturgisch kaum besser sein können: Fast genau ein Jahr, nachdem OpenAI mit der Veröffentlichung des KI-Chatbots ChatGPT den derzeitigen weltweiten Hype um Künstliche Intelligenz entfacht hatte, machte das Unternehmen vor zwei Wochen Furore mit der überraschenden Entlassung und, nur wenige Tage später, noch überraschenderen Rückkehr des Firmenchefs Sam Altman.
Die genauen Hintergründe des Firmendramas bei OpenAI sind nach wie vor unklar. Kurz nach der Wiedereinsetzung Altmans als CEO meldete Reuters unter Berufung auf Quellen aus dem KI-Unternehmen, dass ein Durchbruch bei der Entwicklung fortgeschrittener Künstlicher Intelligenz mit dem kryptischen Namen "Projekt Q*" zu einem Richtungsstreit im Unternehmen geführt habe.
Was steckt hinter der Idee einer Super-KI?
Eine solche fortgeschrittene KI wird in der Fachwelt als Artificial General Intelligence (AGI), also als Allgemeine Künstliche Intelligenz bezeichnet und gilt als der heilige Gral der KI-Forschung. Damit wird ein KI-Programm bezeichnet, das nicht auf ein spezialisiertes Fachgebiet beschränkt ist, also beispielsweise wie ChatGPT umfangreiche, wenn auch oberflächliche Texte schreibt, sondern in jeder erdenklichen Wissensdisziplin mit dem menschlichen Geist mithalten kann – oder ihn sogar übertreffen könnte. Dies würde bedeuten, dass KI nicht mehr nur im Schach oder dem chinesischen Brettspiel Go besser wäre als Menschen, sondern etwa auch im Bereich der Spitzenforschung in Physik oder Chemie und somit die Entwicklung neuartiger Technologien massiv beschleunigen könnte.
Eine derartige KI zu entwickeln ist das erklärte Ziel von OpenAI und anderen führenden KI-Startups wie etwa Anthropic. Die wirtschaftlichen Potenziale derartiger Technologie werden immer wieder als einer der Gründe genannt, warum Tech-Riesen wie Microsoft milliardenhohe Investitionen in das Feld pumpen.
Wie verändert KI unser Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in Der KI-Podcast – dem neuen Podcast von BR24 und SWR.
Wie nah – oder fern – ist die nächste KI-Generation?
Ganz so weit sind aktuelle KI-Programme – trotz aller Durchbrüche der jüngsten Vergangenheit – noch nicht. So scheitert beispielsweise ChatGPT immer noch oft an Rechenaufgaben. Doch: Genau eine stark verbesserte Mathe-Fähigkeit ist Berichten zufolge zentraler Bestandteil der angeblichen Q*-Durchbrüche bei OpenAI.
Und die Reaktionen zeigen, wie sich die Debatte rund um das Thema AGI in letzter Zeit verändert hat: Noch vor nicht allzu langer Zeit galt als wenig seriös, wer die Entwicklung derartiger KI noch innerhalb der nächsten 50 Jahren prognostizierte. Verbreiteter waren Stimmen wie der US-amerikanische Neurowissenschaftler Gary Marcus, der lange bezweifelte, dass eine Allgemeine Künstliche Intelligenz überhaupt möglich sei.
Die Debatte in der Fachwelt hat sich verändert
Doch zunehmend dreht sich die Debatte weniger um die Frage, ob eines Tages die Super-KI kommt, sondern wie schnell. Längst sind es nicht mehr nur kontroverse Stimmen wie Elon Musk, die noch in diesem Jahrzehnt mit der Super-KI rechnen. Auch Nvidia-Chef Jensen Huang geht davon aus, dass KI-Bots innerhalb der nächsten fünf Jahre "auf Augenhöhe" mit Menschen sein könnten. Und selbst KI-Skeptiker Gary Marcus zweifelt nicht mehr an der Machbarkeit von AGI. Im Gegenteil: Auf dem Kurznachrichtendienst X beantwortete er vor kurzem die Frage, wie hoch er die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer fortgeschrittenen KI bis 2036 einschätze. Seine Antwort: 35 Prozent.
Dieser Artikel ist erstmals am 07.12.2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.
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