Wer im Internet Bilder von sich postet, landet oft in der Vergleichsfalle. Insbesondere junge Menschen sehen sich durchgehend mit Bildern von Menschen konfrontiert, die schöner, erfolgreicher und beliebter als man selbst zu sein scheinen.
Nun verschärft sich dieses Problem: Denn wer heute im Internet unterwegs ist, vergleicht sich dort immer wieder nicht nur mit Bildern von echten Menschen. Sondern auch mit Menschen, die gar nicht wirklich existieren.
Neuer Schönheitsstandard: KI-generierte Gesichter
Seit letztem Jahr sind KI-Bildgeneratoren zum Alltagsphänomen im Internet geworden. Programme wie Midjourney und DALL-E erstellen in Sekundenschnelle noch nie dagewesene Grafiken. Manchmal, wie bei einem viralen Bild von Papst Franziskus im Daunenmantel, werden die Bilder genutzt, um echte Personen darzustellen. Viel öfter jedoch zeigen sie Menschen, die gar nicht wirklich existieren.
Wenn eine KI Bilder generiert, dann fällt oft direkt auf: Die abgebildeten Personen sind attraktiv, schlank und muskulös. KI-generierte Männer haben meist markante Kiefer, volles Haar und den Körperbau von Hochleistungssportlern. KI-generierte Frauen dafür volle Lippen, große Augen und makellose Haut. Und da diese Bilder zunehmend das Internet bestimmen, bedeutet das: Viele Menschen, die wir online sehen, sind nicht nur unrealistisch attraktiv. Sie sind möglicherweise sogar unmöglich attraktiv, weil sie nicht echt sind.
Warum KI-generierte Bilder mehrheitlich so aussehen? Ein wichtiger Grund sind die Trainingsdaten der KI. Denn die KI-Systeme werden mit realen Fotos trainiert. Darunter sind jedoch kaum Alltags-Schnappschüsse, sondern vor allem Bilder aus Magazinen, Screenshots aus Hollywood-Filmen und TV-Shows. Die Welt der KI ist dominiert von geschminkten Models, und deshalb generiert sie auf Anfrage auch vor allem geschminkte Models.
Wie verändert KI unsere Leben? Und welche KI-Programme sind in meinem Alltag wirklich wichtig? Antworten auf diese und weitere Fragen diskutieren Gregor Schmalzried, Marie Kilg und Fritz Espenlaub jede Woche in Der KI-Podcast – dem neuen Podcast von BR24 und SWR.
Digitales Make-Up auf TikTok & Co
Doch die KI endet nicht bei fiktiven Personen. Im Alltag begegnet uns KI-generierte Schönheit immer wieder, ohne dass wir es bemerken. Angefangen bei der beliebtesten Social Media-App von Kindern und Jugendlichen: TikTok.
Dort machte im Frühjahr 2023 ein neuer Beauty-Filter die Runde, der sich unscheinbar über das Gesicht legt. Anschließend sieht das Gesicht des Nutzers immer noch realistisch aus — es ist aber durch künstliche Intelligenz bearbeitet worden, um eher dem Schönheitsideal zu entsprechen. So wird der unerreichbare KI-Schönheitsstandard plötzlich doch erreichbar — allerdings nur im digitalen Raum.
Falsche Schönheit, echter Druck
Die Auswirkungen von KI-generierter Schönheit auf echte Menschen sind bisher kaum erforscht. Doch es gibt Anzeichen dafür, dass digitale Darstellungen auch die Art und Weise verändern, wie Menschen im echten Leben gesehen werden wollen.
In einer Umfrage 2022 konnten 4 von 5 plastischen Chirurgen einen Trend ausmachen, "besser in Selfies aussehen zu wollen". Bereits vor einigen Jahren wurde der Begriff "Snapchat Dysmorphia" geprägt – er bezeichnet die Belastung, die Jugendliche spüren, wenn sie ihr digitales Selbst in der Snapchat-App attraktiver finden als sich selbst.
Die leichte Verfügbarkeit von immer besseren und schnelleren KI-Tools lässt diese Sorgen wieder aufflammen. Moderne Gesichtsfilter können ihre Nutzer in scheinbar perfekte Versionen ihrer Selbst verwandeln. Von echten Aufnahmen ist das kaum noch zu unterscheiden. Auch Körperbau und Stimme lassen sich so manipulieren. Doch hat dieses Auftreten dann noch etwas mit dem echten Menschen dahinter zu tun?
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!