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Motiv des Täters von München: Welche Rolle spielte "Roblox"?

Motiv des Täters von München: Welche Rolle spielte "Roblox"?

Nach den Schüssen eines 18-Jährigen auf das NS-Dokumentationszentrum und das Israelische Generalkonsulat versuchen Polizei und Experten die Motive des Schützen zu ergründen. Eine Spur führt zu der bei Kindern sehr beliebten Spieleplattform "Roblox".

Über dieses Thema berichtet BAYERN 3 am Mittag am 09. September ab 12.05 Uhr

Warum ein 18-jähriger Österreicher am Donnerstag insgesamt neun Schüsse auf das NS-Dokumentationszentrum und das israelische Generalkonsulat abgegeben hat, ist nach wie vor unklar. Es gibt kein Bekennerschreiben und das Handy des Täters ist schwer beschädigt. Die Tat und der Zeitpunkt – auf den Tag genau 52 Jahre nach dem Attentat auf jüdische Sportler bei den Olympischen Spielen in München – deuten aber auf ein antisemitisches Motiv hin. Das hat die zuständige Oberstaatsanwältin Gabriele Tilmann bei einer Pressekonferenz betont.

Ermittlungen in Österreich

Untermauert würde das, so Tilmann, auch durch Ergebnisse der österreichischen Behörden, die gegen den Schützen, der im Salzburger Land noch bei seinen Eltern wohnte, bereits 2021 bis 2023 ermittelte. Nach BR-Informationen soll er dabei als möglicher Sympathisant der islamistischen Gruppierung HTS aufgefallen sein. HTS steht für "Haiat Tahrir al-Scham". Die vor allem in Syrien aktive Vereinigung steht al-Quaida nahe, sagt Sicherheitsexperte Peter Neumann im BR24-Interview.

Als 14-jähriger Hinrichtungsszenen nachgespielt

Die Behörden in Österreich wurden offenbar durch Aktivitäten des damals 14-Jährigen auf der bei Kindern und Jugendlichen beliebten Spieleplattform "Roblox" aufmerksam. Er fiel dadurch auf, dass er Spiele gespielt hat, bei der er in der Rolle eines HTS-Kämpfers auch Anschläge und Hinrichtungsszenen nachgestellt hat und sein Avatar soll dabei "Allahu Akbar" gerufen haben. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Salzburg wurden entsprechende Videos bei einer Hausdurchsuchung auf Datenträgern und einem Computer sichergestellt. Die Videos zeigten Szenen aus einem Computerspiel mit islamistischen Inhalten und HTS-Symbolen. Nachdem aber kein konkreter Tatvorsatz nachweisbar gewesen sein, habe man die Ermittlungen im April 2023 eingestellt.

Was ist "Roblox"?

"Roblox" ist eine Internetplattform, auf der Nutzer durch einfache Mittel selbst Spiele erstellen können. Die Games erinnern bei der Grafik an Lego-Bausteine oder an das Spiel "Minecraft". Die Plattform wird sehr gerne von Kindern genutzt. So weist die Initiative "Schau Hin" auf Ihrer Website darauf hin, dass "Roblox" im Jahr 2017 "YouTube" als Internetseite überholte, auf der Kinder unter 13 Jahren die meiste Zeit verbringen. Die Betreiber der Plattform sprechen dabei von rund 25,5 Millionen Nutzern insgesamt und dass ihre Website in dieser Altersklasse beliebter sei, als alle anderen Anbieter.

Stiftung Warentest bewertet "Roblox" als "inakzeptabel"

Zugleich gibt es seit Jahren immer wieder Kritik an "Roblox". Denn neben harmlosen Spielen, die sich um das Einsammeln von Kuscheltieren oder das Führen einer Eisdiele drehen, gibt es auch viele weniger kindgerechte Spiele. Die Stiftung Warentest hat im vergangenen Mai Roblox und 15 weitere ähnliche Angebote getestet. "Roblox" und einige weitere Angebote vielen mit der Wertung "inakzeptabel" durch.

Was können Eltern tun?

Für Eltern ist es schwer, bei Roblox den Überblick zu behalten, schon allein wegen der Menge an Spielen, die von den Nutzern bereitgestellt wird. Zwar bietet "Roblox" die Möglichkeit, die Nutzung auf bestimmte Spiele zu beschränken, aber nachdem ein Account sehr einfach erstellt werden kann, ist das leicht zu umgehen. So können Kinder mit Shooter-Games oder Spielen mit rassistischen oder islamistischen Inhalten in Berührung kommen. Die Stiftung Warentest fand bei ihrem Test unter anderem ein Spiel, in dem "böse Juden" getötet werden sollen, sowie rechtsextreme Namen oder Spiele mit Flaggen des sogenannten "Islamischen Staates".

Weitere Gefahren auf "Roblox"

Daneben besteht bei Plattformen wie "Roblox" auch die Gefahr, dass Kinder durch In-Game-Käufe abgezockt werden und sie Opfer von Cybermobbing werden können. Immer wieder wird zudem der Vorwurf laut, dass Pädophile in den Spielen über die Chat-Funktion versuchen, mit Kindern Kontakt aufzunehmen.

Medienkompetenz fördern

Eltern sollten, so raten Experten, die Medienkompetenz ihrer Kinder fördern, mit ihnen ganz offen über diese Gefahren sprechen und sich für die Spiele, die sie spielen, interessieren. So sollten Kinder zum Beispiel niemals private Daten, wie ihr wahres Alter, ihre Adresse, ihre Handynummer oder Fotos online bekannt geben. Sie sind begeistert von dem, was sie machen, aber durch alleinige Verbote oder Desinteresse fühlen sie sich zurückgewiesen und grenzen Eltern aus. Doch die sind, darauf weisen Experten wie die Initiative "Sicher im Netz" hin, "wichtige Lotsen" im Umgang mit digitalen Angeboten. Umgekehrt nutzen Populisten und Extremisten es aus, wenn Kinder sich allein oder verunsichert fühlen, bieten einfache Antworten und einen für Kinder interessanten oder zunächst nicht erkennbaren Ansatz, sie für ihre Ziele zu vereinnahmen.

Zum Nachhören: Schüsse in München – Frage nach dem Warum

5.9.2024 - Nach dem mutmaßlichen Attentatsversuch in München, bei dem ein tatverdächtiger 18-Jähriger von der deutschen Polizei erschossen wurde, war am späten Donnerstagnachmittag, 5. September 2024, am Wohnsitz des zuletzt in der Flachgauer Gemeinde Neumarkt am Wallersee gemeldeten Österreichers eine Polizeiaktion im Laufen.
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Audiobeitrag

Durchsuchung nach dem vereitelten Terroranschlag in München.

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