Immer, wenn Dinamo Zagreb Druck aufbauen wollte, den Spielaufbau des FC Bayern früh zu unterbinden versuchte, tauchte er auf: Aleksandar Pavlovic. Der 20-Jährige schob sich durch die pressenden Angreifer dorthin, wo die Innenverteidiger in die Bredouille gerieten. Und seine Mitspieler suchten ihn. Sie hatten auch kaum eine andere Chance, so eindringlich und vehement forderte er den Ball.
Passmaschine Pavlovic: DIE Anspielstation des FC Bayern
Dabei war es egal, wie eng die Gegenspieler in der vergangenen Woche beim Champions-League-Auftakt an dem Trikot mit der Nummer 45 klebten. Eine Nummer, die eigentlich den Jugendspielern beim FC Bayern signalisiert, dass sie es noch nicht geschafft haben beim Rekordmeister, dass sie noch einiges zu lernen haben.
Souverän ließ er die Bälle klatschen und verschaffte dadurch seinen Mitspielern nötige Freiräume, um tiefer in die gegnerische Hälfte vorzudringen. Am Ende der Partie hatte er 104 Pässe gespielt, die meisten aller Spieler auf dem Feld, und 101 davon an den Mann gebracht.
Konkurrenzkampf im Mittelfeld: Palhinha hat das Nachsehen
Als der FC Bayern die Verpflichtung des 50-Millionen-Manns Joao Palhinha verkündete, sahen viele Beobachter die Einsatzminuten des Youngsters schwinden. Pavlovic ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Genauso wenig wie von all den anderen Meilen- und Stolpersteinen in seiner noch jungen Karriere: die Berufung auf die Asientour unter Thomas Tuchel im vergangenen Jahr, die ersten Pflichtspieleinsätze, die Berufung in die Nationalelf, die er wegen einer Verletzung absagen musste. Die Nominierung in den Kader für die EM, die er wegen einer Operation verpasste.
Im Sommer musste er sich nicht nur damit abfinden, dass er diese einmalige Gelegenheit beim DFB verpasst hatte, sondern auch damit, dass er sich künftig mit einem gestandenen Premier-League-Profi um seine Position im FC-Bayern-Mittelfeld streiten muss.
"Keine Angst" - Lob von Nagelsmann und Kompany
Doch anstatt sich zu verkriechen, hat der gebürtige Münchner den nächsten Schritt gemacht. Selbstbewusst tritt er auf, als er wäre es das Normalste der Welt, dass er nun Spiel für Spiel das Metronom im Spielaufbau dieser Weltauswahl gibt, dass der Trainer Vincent Kompany nicht umhinkommt, ihn immer spielen zu lassen. "Ich bin vorsichtig, ihn einen jungen Spieler zu nennen", sagte Kompany kürzlich. "Als ich in seinem Alter war, wollte ich nicht als junger Spieler bezeichnet werden, denn du misst dich mit allen aus dem Team. Er macht große Fortschritte, hat großes Potenzial. Er ist einer dieser Spieler, die es aufregend machen, für den FC Bayern zu arbeiten."
Nur einmal, gegen Holstein Kiel, saß Pavlovic bislang auf der Bank, Palhinha durfte sein Startelfdebüt feiern. Wenig später erklärte der 20-Jährige jedoch trocken: "Ich war auf der Bank, weil ich Hamstring-Probleme hatte." Das neue Selbstverständnis zeigt der gebürtige Münchner Pavlovic also mittlerweile auch neben dem Platz. Und in der Nationalmannschaft spielte er ebenso selbstverständlich und erzielte gegen Ungarn sein erstes Tor im DFB-Dress.
Harry Kane: "Er wird besser und besser"
Pavlovic kam bislang in dieser Saison in allen Spielen über Passquoten weit oberhalb der 90-Prozent-Marke. Durchschnittlich landen 95,5 Prozent aller Bälle, die er spielt, beim Mitspieler. Mit diesem Wert gehört er zu den besten Spielern in Europas Topligen - und ist damit eben sehr wichtig für das Spiel des FC Bayern, dessen Anfälligkeit bei Ballverlusten die größte Schwachstelle ist.
Auch beim 5:1-Sieg gegen Bremen am Wochenende war Pavlovic gemeinsam mit seinem Mittelfeldpartner Joshua Kimmich die gefragteste Anspielstation. Er verteilte seine Kurzpässe, zog den Gegnerdruck auf sich, spielte lange Seitenwechsel und kluge Spieleröffnungen. 96 Mal hatte er nach 69 Minuten den Ball berührt und strich anschließend ein großes Lob von Superstar Harry Kane ein: "Er war großartig bisher. Er war schon letzte Saison gut, aber diese Saison, in diesem System, sieht man sogar noch eine bessere Version von ihm. Je mehr er spielt, desto erfahrener wird er. Er wird besser und besser", sagte der Engländer der "Bild".
Wie einst Müller, Musiala und Kroos
Aktuell ist der junge Mittelfeldspieler Kompanys Waffe im Kampf gegen Pressing und Ballverluste. Sein Spiel ermöglicht es den Superstars Kane und Jamal Musiala, immer wieder ins Mittelfeld abzutauchen und von dort die Bälle durch die entstandenen Freiräume nach vorne zu tragen.
Pavlovic ist seiner Rückennummer längst entwachsen. Zum festen Kader gehört er schon. Auch in der Stammelf hat er sich fest etabliert und nimmt eine tragende Rolle ein. Ob er die Rückennummer weiter mit einer Mischung aus Stolz und Trotz trägt, bleibt abzuwarten. In schlechter Gesellschaft wäre er nicht. Toni Kroos trug beim FC Bayern bis zu seinem Wechsel zu Real Madrid die 39, Jamal Musiala hält an seiner 42 fest und Urgestein Thomas Müller läuft nun seit 15 Jahren mit seiner 25 auf. Pavlovic hat es nach nicht einmal einem Jahr im Profifußball geschafft, dass es nicht ketzerisch wirkt, ihn mit diesen großen Namen zu vergleichen.
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