Nach 22 Jahren könnte der Sieger der Internationalen Vierschanzentournee wieder aus Deutschland kommen. Mit Andreas Wellinger (SC Ruhpolding), Philipp Raimund und Karl Geiger (beide SC Oberstdorf) hat der DSV nach dem Auftaktspringen in Oberstdorf noch drei heiße Eisen im Feuer.
Wellinger siegte auf der Schattenbergschanze mit Sprüngen auf 139,5 und 128,0 Meter und hat die beste Ausgangsposition vor den Springen in Garmisch-Partenkirchen (1. Januar), Innsbruck (3. Januar) und Bischofshofen (6. Januar). Er setzte sich bei wechselnden Windbedingungen vor Ryoyu Kobayashi (Japan) und Stefan Kraft (Österreich) durch.
Völlig euphorisch ließ sich Andreas Wellinger auf den Schultern seiner Teamkollegen hochleben und feierte seinen Traumstart in die Vierschanzentournee. Vor tausenden schwarz-rot-goldenen Fahnen sang er ergriffen die deutsche Nationalhymne mit.
Der Olympiasieger von Pyeongchang hatte bereits nach dem ersten Durchgang relativ deutlich vor Kobayashi und Kraft geführt. Im zweiten Durchgang behielt der 28-Jährige die Nerven und siegte mit 3,0 Punkten vor dem Japaner. Zweitbester Deutscher war Philipp Raimund (128,5 und 135,0 m) auf Rang sechs, ein Platz dahinter kam Lokalmatador Karl Geiger (133,5/122,5 m) auf Platz sieben. Geiger hatte im zweiten Durchgang viel Pech mit den Bedingungen und fiel noch drei Plätze zurück.
Wellinger mit Leichtigkeit - Geiger: "Was will man mehr?"
"Ich bin ein bisschen sprachlos, es ist unfassbar Es macht mich extrem stolz. Ich werde das jetzt genießen", sagte ein glücklicher Andi Wellinger im Ersten. Er habe bei seinen Sprüngen "viel Leichtigkeit" gespürt, allerdings sei der zweite aufgrund der Bedingungen zwar "zäh", aber nochmal "saustark" gewesen. "Vor dem Publikum zu gewinnen, kann man nicht beschreiben." Zäh war es vor allem für Karl Geiger, der von allen Topspringern die schlechtesten Windbedingungen hatte. Trotzdem war der 30-Jährige nicht schlecht drauf: "Das war eine unglaubliche Atmosphäre. Wir haben einen deutschen Sieg - was will man mehr?"
Bundestrainer Stefan Horngacher sprach von einer "grandiosen Leistung" von Wellinger und lobte das gesamte Team. Auch Philipp Raimund, der als Sechster sein bestes Saisonergebnis feierte, bekam ein Extra-Lob. Horngacher gab auch zu, dass ihm nach der schwachen vergangenen Saison ein großer Stein vom Herzen gefallen sei: "Ich bin extrem froh, dass wir es hier so hingebracht haben!"
Raimund in den Top Ten - Paschke nicht ganz zufrieden
Im ersten Durchgang hatten alle fünf DSV-Springer ihr K.o.-Duell gewonnen. Während Wellinger, Philipp Raimund und Karl Geiger um den Sieg mitsprangen, reichte es für Pius Paschke (WSV Kiefersfelden/127,0 und 130,5 m) nur zu Platz zwölf, womit der Sieger von Engelberg nicht ganz zufrieden war ("ein solider Wettbewerb, aber nicht mehr"). Lediglich Stephan Leyhe (SC Willingen/123,0 und 119,0 m) fiel aufgrund seines etwas schwächeren zweiten Sprunges etwas ab. Im Endklassement landete er auf Rang 24.
Erste Riesenüberraschung: Titelverteidiger Granerud nicht im Finale
Die erste kleine Sensation erlebten die mehr als 25.000 Zuschauer bereits nach dem ersten der zwei Sprünge: Halvor Egner Granerud aus Norwegen kann seinen Titel nicht mehr verteidigen. Der zweimalige Gesamtweltcupsieger zeigte einen völlig verhunzten Sprung auf nur 105,5 Meter, verlor sein K.o.-Duell gegen den Italiener Giovanni Bresadola und hat somit keine Chance mehr, in Bischofshofen erneut auf dem Podest zu stehen.