Augsburg: Ein Regionalzug von "Go-Ahead" fährt am Morgen in den Hauptbahnhof ein.
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Der Streik der GDL hat nicht nur auf Bahnreisende, sondern auch auf Unternehmen spürbare Auswirkungen.

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Bahn-Streik: Wie der GDL-Ausstand die Wirtschaft lähmt

Bahn-Streik: Wie der GDL-Ausstand die Wirtschaft lähmt

Zwar wurde der Bahn-Streik vorzeitig gestoppt, trotzdem hat der Ausstand in der Wirtschaft Spuren hinterlassen – auch Firmen in Bayern sind gefordert. Aber: Viele haben aus der Corona-Zeit gelernt, einige Züge fahren und auch der Wettbewerb hilft.

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Ein Güterzug mit Stahlrohren wiegt zwischen 2.000 und 3.000 Tonnen. Den kann man nicht in kurzer Zeit ersetzen. Er entspricht 75 Lastwagen, die es inklusive Fahrer auf dem Markt so schnell nicht gibt. Güterzüge spielen ihre Vorteile dann aus, wenn schwere Lasten wie Kohle für Kraftwerke, Stahl für die Autoindustrie, Öl für Raffinerien und Massengüter (Papier, Baumstämme, aber auch Autos) transportiert werden müssen. Bei allen Gütern liegt der Marktanteil des Schienenverkehrs aber trotzdem bei etwa 20 Prozent und der des Lkw bei über 70 Prozent.

Streik beeinträchtigt die Lieferketten

Im Moment dürfte von drei Güterzügen einer fahren, so sagen Experten. Unternehmen hätten schon zu Beginn der Woche ihre Produktion gedrosselt. Außerdem merken die Unternehmen, dass ihre Lieferketten resilienter geworden sind. Das heißt, die Just-in-Time-Produktion der vergangenen Jahre ging zurück. Im Zuge der Corona-Pandemie und anderer Krisen begannen die Unternehmen, ihre Lagerkapazitäten zu erhöhen. Haushalten ist angesagt.

Das Wichtigste dabei ist, dass die Produktion nicht komplett zum Stillstand kommt. Man braucht Stahl für Öfen, Rohkarosserieteile für die Autoproduktion, Kohle für die Kraftwerke und Grundstoffe für die Chemieindustrie. Und dieser Fluss muss auch bei einem Streik in verkleinertem Umfang erhalten bleiben. Denn ein vollständiger Produktionsstopp wäre sehr teuer. Ein Chemiewerk, eine Raffinerie oder eine Autoproduktion lässt sich nicht so schnell wieder hochfahren.

Volkswagen hatte dies nach einer kapitalen IT-Störung im vergangenen September zu spüren bekommen. Die Produktion stand still. Das kostete Milliarden. Deshalb hat die Deutsche Bahn Tochter DB-Cargo im Vorhinein mit vielen Kunden gesprochen, um dieses Szenario zu verhindern. Den Kraftwerken hilft, dass im Moment eher milde Temperaturen herrschen. Ansonsten verfeuern Kohlekraftwerke an kalten Tagen bis zu vier Güterzug-Ladungen.

Schäden schwer zu beziffern

Viele Unternehmen geben sich, im Gegensatz zu den Verbänden, betont gelassen. Man beobachte die Lage. Wie hoch die Schäden sind, lässt sich schwer einschätzen, sagen Institute. Einige sprachen von Schäden in Höhe von 100 Millionen Euro pro Streiktag für die Volkswirtschaft. Abgerechnet wird aber am Schluss.

Die Dauer des Streiks stellt auch Audi in Ingolstadt vor Herausforderungen. Man setze alles daran, die Logistikketten während des angekündigten Bahnstreiks mit Sondermaßnahmen aufrecht zu halten. Dazu zähle zum Beispiel die Verlagerung von Transporten auf die Straße, sagt eine Sprecherin BR24. Dafür stehe das Unternehmen in engem Austausch mit seinen Logistikpartnern und passe seine Logistikkonzepte jeweils flexibel an die aktuelle Situation im Transportmarkt an. Trotzdem könne man zum heutigen Zeitpunkt nicht ausschließen, dass es bei Audi zu Störungen in den Produktionsabläufen kommt.

Die Schiene als Transportweg ist auch für die Wacker Chemie AG in Südostbayern von essenzieller Bedeutung. Die bisherigen Streikrunden konnten dank intensiver Bemühungen der firmeneigenen Logistikfachleute und einer engen Abstimmung mit der DB ohne größere Negativauswirkungen für die Produktionsstandorte Burghausen und Nünchritz bewältigt werden, erklärt der Chemiekonzern BR24. Trotz der aktuell ungleich längeren Dauer gehe man auch für den derzeitigen Streik davon aus, dass die Produktion im Werk Burghausen wie auch in Nünchritz weitestgehend wie gewohnt verläuft.

Mehr Wettbewerb im Schienengüterverkehr

Die Deutsche Bahn hat im Personenfernverkehr quasi ein Monopol, ganz anders als im Güterverkehr. Rund 60 Prozent des Güterverkehrs auf der Schiene läuft über private Bahnbetreiber. Die profitieren vom Streik und gehen mit breiter Brust an den Start. "Wir halten die Lieferketten aufrecht" steht auf der Website des Verbands die Güterbahnen unter dem Hashtag #GDL-Streik.

Allerdings bieten private Anbieter vor allem Punkt-zu-Punkt-Verkehre an. Es gibt auch im Güterverkehr auf der Schiene Züge, die nach einem klaren Fahrplan verkehren. Beispiel: Jede Stunde ein Zug von einem Automobilwerk zu einem Seehafen.

Negative Auswirkungen auf DB

Die Bahn hat durch den Streik ein Image-Problem mehr. Das setzt der Güterverkehrssparte zu. Andererseits bietet nur die Deutsche Bahn Einzelwagenverkehr in einem Netzwerk an. Das hieße zum Beispiel: Von einem norddeutschen Automobilwerk fährt ein Zug nach Würzburg. Und dort wird er auseinandergenommen. Ein Teil fährt nach München, zum Teil auch weiter nach Österreich und Italien. Der andere Teil der produzierten Autos geht in die Schweiz und nach Frankreich. Dafür braucht es Umschlagterminals, die die Bahn nach dem Willen des Bundes auch ausbaut. Das können private Anbieter selten.

Zwei Drittel der DB-Cargo-Züge fahren nach eigenen Angaben zudem über die Grenzen Deutschlands. Was ein Wettbewerbsvorteil ist in normalen Zeiten, ist natürlich im Fall eines Streiks ein Nachteil. Der GDL-Ausstand ist auch wegen der zentralen Lage Deutschlands in vielen Ecken Europas spürbar.

Schienengüterverkehr wird wachsen

Die Zahl der Gütertransporte auf der Schiene wird in den kommenden Jahren wachsen. Auch Unternehmen müssen ihren CO₂-Ausstoß weiter senken und Umweltziele einhalten. Das funktioniert sehr gut mit der Bahn. Im Moment geht es aber Vielen zu langsam. Das Loch im Bundeshaushalt hat diese Situation noch verschärft.

Im Video: Arbeitsalltag im Lokführerstand

Arbeitsalltag eines Lokführers
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Ein Lokführer bei der Arbeit

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