Nachdem der Münchner Ulf Weise feststellt, dass sich irgendwer auf seinem Online-Konto der Postbank zu schaffen gemacht hat, ist er fassungslos: "Ich habe mir meinen Kontostand angeguckt, da war alles auf Null, ratzeputz auf Null Komma Null", erklärt der Rentner gegenüber Kontrovers, dem Politikmagazin des BR Fernsehens.
Es gehe um Abbuchungen, die er nicht verursacht habe, "vier verschiedene, unterschiedliche Beträge. Insgesamt über 4.500 Euro." Die Täter hatten sein Geld auf Konten in Belgien und Spanien überwiesen - in Echtzeit, als sogenannte Sofortüberweisung. Diese Überweisungen habe er nicht autorisiert, so Weise im Interview. Die Postbank sperrt auf seine Aufforderung hin sein Konto, doch den Schaden will sie nicht erstatten.
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Banken mauern bei Betrugsschäden oft
Für die Münchner Rechtsanwältin Nuriye Yildirim ist das nichts Neues. Sie stellt gegenüber Kontrovers fest: "Die Banken versuchen in der Regel mit einer standardmäßigen Begründung, der Kunde habe sich grob fahrlässig verhalten, indem er Daten an Dritte weitergegeben hat, sich aus der Affäre herauszureden." Auch im Fall Weise, den Rechtsanwältin Yildirim betreut, konnte außergerichtlich keine Einigung erzielt werden. Die Rechtsanwältin verklagt die Postbank vor dem Amtsgericht München.
Erst mit dem Gerichtsverfahren erhält sie die Transaktionsprotokolle der strittigen Abbuchungen - ein Computerausdruck, der zeigt, mit welchem Gerät die Überweisungen getätigt wurden. Und dort steht: Die Überweisungen erfolgten von einem Android-Gerät. Doch Ulf Weise nutzt ein Apple iPhone. Rechtsanwältin Nuriye Yildirm ist sich sicher: "Er kann es nicht gewesen sein. Er hat nicht mit seinem iPhone diese Transaktionen ausgeführt. Es ist von einem ganz anderen Gerät erfolgt." Außerdem sind ausländische IP-Adressen im Spiel, Internetzugänge, die Ulf Weise noch nie genutzt hat.
Bitkom: Bessere Sicherheitssysteme bieten größeren Schutz
Derzeit greifen Hacker auf unterschiedlichen Wegen Online-Konten an. Erst stehlen sie Zugangsdaten und dann das Geld vom Online-Konto. Nach einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom sind 13 Prozent der befragten Internetnutzerinnen und -nutzern von Online-Banking Betrug oder dem Missbrauch von Kontodaten betroffen. Bitkom Präsident und CEO von Giesecke+Devrient Ralf Wintergerst appelliert deshalb an die Banken, bessere Sicherheitssysteme für das Online-Banking bereitzustellen.
Ein digitaler Schlüssel - der sogenannte Passkey - statt Username, Passwörtern und anderen herkömmlichen Zugangsdaten sei ratsam, so Wintergerst: "Hier müssen sich die Banken schnell anpassen. Allerdings sehen wir hier noch nicht so viel Aktivität beim Passkey. Das könnten die Banken schon besser machen und auch schneller einführen."
Geschädigte sollten unbedingt reagieren
Eine Anzeige bei der Polizei nach einem Betrugsfall sei unerlässlich, so Rechtsanwältin Yildirim. Geschädigte sollten jedoch nicht den Ausgang eines Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft abwarten. "Diese Verfahren können sehr lange dauern und sind nicht wirklich zielführend", so Yildirim. In der Regel bestehen bei betrügerischen, nicht autorisierten Abbuchungen Ansprüche gegen die Bank. Die müssen Bankkunden zivilrechtlich verfolgen. Wichtig ist hier die Einhaltung der Frist von 13 Monaten, innerhalb derer den Abbuchungen widersprochen werden muss.
Ulf Weise hat diesen Weg gewählt und sein Geld von der Postbank erstattet bekommen. Doch Banken können sich das in solchen Fällen mittels einer Mischkalkulation über höhere Gebühren bei allen Kunden zurückholen. Mehr Sicherheit, wie der Passkey, den Bitkom fordert, ist deshalb der bessere Weg.
Im Video: Selbst OB Dieter Reiter wäre fast auf eine Betrugsmasche reingefallen
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