Joachim Nagel, Bundesbank-Präsident, stellt während einer Pressekonferenz der Deutschen Bundesbank den Geschäftsbericht für das Jahr 2023 vor.
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Sieht die wirtschaftliche Stimmung in Deutschland schlechter als die Lage: Bundesbankpräsident Joachim Nagel

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Bundesbankpräsident Nagel: Zu früh für Zinssenkungen

Die Bundesbank sieht die Inflation auf dem Rückzug, für baldige Zinssenkungen ist es aber noch zu früh. Grundsätzlich sei die deutsche Wirtschaft stark, aber es gebe viel zu tun, damit sie ihr Potenzial auch nutzen könne.

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Wenn man sich die Zahlen ansieht, könne man meinen, die Stimmung sei schlechter als die Lage, sagt der Bundesbankpräsident gegenüber BR24. Grundsätzlich sei die deutsche Wirtschaft sehr stark. Aber er sagt auch, dass Deutschland schwache Wachstumsraten hat.

Die Herausforderungen sieht er in der demografischen Entwicklung, genug Arbeitskräfte zu bekommen, die Bürokratie abzubauen und dass Investitionsentscheidungen schneller getroffen werden. Dafür gebe es Lösungen und er wünsche sich, dass wir in Deutschland wieder mehr nach vorne blicken und die Ärmel hochkrempeln.

Verantwortung der Notenbanken

Dass derzeit wenig investiert wird und auch die Verbraucher zurückhaltend sind, liegt nicht zuletzt an den hohen Zinsen, die Kredite stark verteuern. Auch das dämpft die Wirtschaftsleistung. Ist also die Notenbank mitverantwortlich für das schwache Wachstum?

In erster Linie sei die Notenbank für die Preisstabilität verantwortlich, entgegnet darauf Joachim Nagel. Niedrige Inflationsraten seien das beste Schmiermittel für das zukünftige Wachstum. Deshalb war es seiner Ansicht nach so wichtig, die Inflation erstmal in den Griff zu bekommen. Das ist für ihn die Grundlage. Das sei jetzt gegeben, die Inflation sei auf dem Rückzug. Die Zinsen werden aber trotzdem nicht so schnell sinken. Erst wenn sich die Europäische Zentralbank sicher ist, dass die Inflation dauerhaft niedrig bleibt, wird sie ihre Geldpolitik wieder lockern. Noch ist es zu früh, sagt der Bundesbankpräsident.

Vertrauen ist die Basis wirtschaftlichen Erfolgs

Wirtschaftlicher Erfolg hängt zu einem großen Maß auch vom Vertrauen aller Beteiligter ab. Für Joachim Nagel ist es sogar die Grundbasis für wirtschaftliches Wachstum. Und dieses Vertrauen ist noch nicht da, wo er es als Bundesbankpräsident gerne sehen würde. Aber er ist zuversichtlich, dass es wieder kommt.

Die Geldpolitik hat ihren Anteil dazu schon beigetragen, meint er. Wenn die Inflation sinkt, dann kann das Vertrauen bei Unternehmen und Verbrauchern zurückkehren. Was es dann noch brauche, seien die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen, für die die Politik zuständig ist.

Gegen den politischen Rechtsruck

Politischen Ideen wie dem Austritt Deutschlands aus dem Euro, dem sogenannten "Dexit" oder der Ablehnung der Anwerbung ausländischer Arbeitnehmer erteilt Nagel sowohl persönlich als auch fachlich eine klare Absage. Das mache ihm Sorge. Diese ganzen Überlegungen führen seiner Ansicht nach in die falsche Richtung. Am Ende heißt das für ihn nur eins: Weniger Wachstum, mehr Arbeitslosigkeit, weniger Wohlstand. "Das können wir alle nicht wollen", so Joachim Nagel.

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