Die Politik habe elf Jahre nach Bekanntwerden der ersten Cum-Ex-Fälle noch immer nicht hinreichend reagiert, sagte Anne Brorhilker, die bisherige Chefermittlerin im größten Steuerskandal in Deutschland, dem Cum-Ex Verfahren. Auch sonst fehlten Kontrollen, was bei Banken und auf den Aktienmärkten geschehe. Sie als einzelne Staatsanwältin könne daran wenig ändern.
Die Cum-Ex Ermittlerin rechnet damit ab, wie in Deutschland Finanzkriminalität verfolgt wird. Dies lasse sich in einem Satz zusammenfassen so Brorhilker: Die Kleinen hänge man, die Großen lasse man laufen.
"Kampfansage an Finanzkriminelle"
In Zukunft wird sie für die Nichtregierungsorganisation "Finanzwende" in der Geschäftsführung tätig sein, um dort auf eine Verbesserung des Systems hinzuwirken. Gerhard Schick, Mitgründer und Finanzwende-Vorstand sagte, dieser Schritt mache Mut: "Eine erfolgreiche Staatsanwältin geht in die politische Auseinandersetzung. Die Entscheidung von Anne Brorhilker verdient höchsten Respekt".
Der Wechsel von Anne Brorhilker zu Finanzwende ist eine Kampfansage an Finanzkriminelle und ihre Unterstützer. Das muss ein Weckruf sein, die Verfolgung von Finanzkriminalität endlich zur politischen Priorität in Deutschland zu machen." Gerhard Schick, geschäftsführender Vorstand "Finanzwende"
Wie entstand "Finanzwende"?
"Finanzwende" entstand 2018 ursprünglich als Bürgerbewegung. Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite 2008 wurde es offensichtlich, so heißt es auf der Webseite, "dass die notwendigen Reformen an den Finanzmärkten ausblieben. Trotz aller Diskussionen wurden die Märkte weder nachhaltiger noch stabiler und auch nicht kleiner."
Der jetzige Vorstand Gerhard Schick war Gründungsmitglied und vorher Bundestagsabgeordneter der Grünen, wo er finanzpolitischer Sprecher war. Er legte sein Bundestagsmandat mit der Gründung von Finanzwende nieder.
Das Ziel von "Finanzwende"?
"Finanzwende" verstehe sich als unabhängiges und überparteiliches Gegengewicht zur Finanzlobby. Der Verein wolle Finanzkriminalität bekämpfen, ungerechte Spielregeln an den Finanzmärkten kritisieren und Verbrauchern zur Seite stehen, um vor Fallstricken zu warnen. Themen wie Geldwäsche, Verbraucherschutz und Steuergerechtigkeit gehören ebenso dazu.
Wie finanziert sich "Finanzwende"?
Der Verein finanziert sich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen sowie Zuwendungen verschiedener Organisationen. Im Jahr 2022 hatte er Einnahmen von 1,4 Millionen Euro, die für die Ausgaben von 1,4 Millionen Euro aufgewendet wurden. "Finanzwende e.V." hat knapp 8.000 Fördermitglieder, von denen auch der Großteil der Einnahmen kamen. Durch Spenden kamen im Jahr 2022 314.763 Euro zusammen.
Der Wechsel von Anne Brorhilker zu Finanzwende
Bei "Finanzwende" will Brorhilker nun helfen, die Justiz deutschlandweit besser für den Kampf gegen Finanzkriminalität aufzustellen. Ein weiteres Ziel sei es, die Finanzlobby im Justizbereich zurückzudrängen. Außerdem wolle man zusammen dafür kämpfen, dass Menschen mit kleinem Einkommen nicht härter bestraft würden als Vermögende. Steuerbetrug in Millionenhöhe werde vom Staat nicht so hart bekämpft wie Sozialbetrug, heißt es in einer Mitteilung.
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