Wie haben die investigativen Journalisten mit diesen Unmengen an Unterlagen gearbeitet? Und wie kamen die Reporter an dieses Material überhaupt heran? Wie wird aus tausenden Dokumenten ein spannender Film? Diese Fragen beantwortet der Podcast "Storyboard – Unsere Reporter und ihre Geschichten".
Der Fall Audi: Hochbrisantes Material
Das Recherche-Team beschäftigt sich schon lange mit dem Dieselskandal. Insider nehmen Kontakt auf. Informanten gehe es in solchen Fällen um Gerechtigkeit, Wahrheit und darum, sich selbst eine Stimme zu geben, erklärt Reporterin Lisa Wreschniok. Sie gehen dafür ein großes Risiko ein. Nachdem die BR-Journalisten die Unterlagen zum "Fall Audi" zum ersten Mal gesehen hatte, war schnell klar: Das ist hochbrisantes Material. Die größte Herausforderung: mit diesen zigtausend Seiten zu arbeiten, sie auszuwerten.
Überwältigende Menge an Dokumenten zum Dieselskandal
Die Menge an Informationen war "überwältigend", macht Josef Streule deutlich. "Und das Fatale ist, man muss diese vielen Unterlagen tatsächlich lesen. Es genügt nicht, da drüber zu scrollen und nur quer zu lesen." Die Reporter haben versucht, die Datensätze durchsuchbar zu machen – mit Erfolg. Dadurch war es möglich, beispielsweise per Schlagwortsuche das Material schneller in den Griff zu bekommen und einen umfassenden Überblick zu erhalten. Aber auch diese Arbeit beschäftigte die Autoren tagtäglich, über Monate. "Schnell haben wir begonnen, Chronologien zu bauen, um Kommunikation zwischen Audi-Mitarbeitern nachvollziehbar zu machen und Zusammenhänge herstellen zu können", so Josef Streule. Arne Meyer-Fünffinger: "Und wir mussten das Material zügig kategorisieren, so dass wir bestimmte Mails und Protokolle auch schnell wieder finden konnten."
Das Gedicht über eine Abschalteinrichtung
Immer wieder stießen die Reporter auf Details, die schnell deutlich machten, wie früh die Dieselaffäre bei Audi begonnen hat. Das zeigte unter anderem ein bemerkenswertes Fundstück aus dem Jahr 2003: Ein Gedicht. Ein Audi-Mitarbeiter macht sich darin darüber lustig, wie leicht der Autobauer die Behörden mit einer Abschalteinrichtung – englisch "Defeat Device" – täuschen kann.
Der Abgasskandal: Ohne technisches Vorwissen geht es nicht
Doch mit dem Auswerten der vielen Unterlagen war es längst nicht getan. "Man braucht viel Vorwissen", sind sich die Investigativ-Journalisten einig. Josef Streule und Arne Meyer-Fünffinger haben sich bereits über zwei Jahre mit dem Dieselskandal beschäftigt. Josef Streule war beispielsweise mehrere Tage bei Abgasuntersuchungen dabei, um zu verstehen, wie Abschalteinrichtungen technisch funktionieren.
Es gibt kaum unabhängige Experten
Am Ende stand die große Aufgabe, aus den vielen Informationen eine 45-minütige "Story im Ersten" zu produzieren. Neben der Suche nach geschädigten Dieselfahrern galt es vor allem, unabhängige Experten zu finden, die die Recherchen einordnen und bewerten. "Viele Fachleute sind jedoch mit der Autoindustrie verbandelt. So war es in ganz Deutschland nicht möglich, einen unabhängigen Experten zu finden", so Josef Streule – fündig wurden die Reporter schließlich in der Schweiz.