Automatische Containertransporter (AGV) sind auf dem Gelände des Containerterminal Altenwerder (CTA) in Hamburg unterwegs (Symbol- und Archivbild)
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EU-Lieferkettengesetz: Die wichtigsten Antworten im Überblick

EU-Lieferkettengesetz: Die wichtigsten Antworten im Überblick

Das EU-Lieferkettengesetz kommt. Das haben die EU-Staaten nun final entschieden. Dadurch sollen die Menschenrechte weltweit gestärkt werden. Doch was bedeutet das Lieferkettengesetz für Verbraucher? Und was sagen Wirtschaftsvertreter? Ein Überblick.

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Lange wurde gerungen – nun haben die EU-Staaten das europäische Lieferkettengesetz endgültig beschlossen. Bei der finalen Abstimmung in Brüssel gab es keine Gegenstimmen. Deutschland und neun weitere Länder enthielten sich allerdings, wie es aus offiziellen Angaben des EU-Ministerrats heißt.

Der Gesetzestext muss nun noch im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden, damit er in Kraft treten kann. Danach haben die EU-Staaten gut zwei Jahre Zeit, die neuen Regeln in nationales Recht umzusetzen. Es gibt allerdings bereits ein deutsches Lieferkettengesetz. Was das jetzt beschlossene Gesetz bewirken soll und was sich in Deutschland ändert - ein Überblick:

Was ist das Ziel des EU-Lieferkettengesetzes?

Ziel des EU-Lieferkettengesetzes ist es, die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, wenn Kinderarbeit, Ausbeutung und Umweltverschmutzung Teil der Produktion ihrer Güter sind. Große Unternehmen sollen zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn sie von Menschenrechtsverletzungen wie Kinder- oder Zwangsarbeit profitieren.

Sie sollen zudem einen Plan erarbeiten, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell mit dem Ziel vereinbar ist, die Erderwärmung auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. EU-weit sind künftig Unternehmen mit mindestens 1.000 Beschäftigten betroffen, die weltweit jährlich mindestens 450 Millionen Euro umsetzen. Ursprünglich sollte die Richtlinie bereits für Firmen mit mehr als 500 Mitarbeitern gelten. Dies wurde aber auf Druck verschiedener Länder abgemildert.

Die betroffenen Unternehmen müssen nach Angaben des EU-Parlaments etwa vertragliche Zusicherungen ihrer Zulieferer einholen. Falls nötig, müssen sie außerdem kleine und mittlere Unternehmen, mit denen sie Geschäfte machen, unterstützen, damit diese den neuen Verpflichtungen nachkommen können.

Was bedeutet das Gesetz für Verbraucher?

Der Referent für nachhaltigen Konsum im "Verbraucherzentrale Bundesverband" (vzbv), Jochen Geilenkirchen, sieht im EU-Lieferkettengesetz eine Entlastung für Verbraucherinnen und Verbraucher. "Es nimmt diejenigen für nachhaltige Produkte im Supermarkt in die Verantwortung, die wirklich dafür sorgen können: die Unternehmen", betonte er. Verbraucherinnen und Verbraucher könnten durch Kaufentscheidungen ohnehin nicht korrigieren, was in der Lieferkette schieflaufe.

Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz habe gezeigt, dass die zu erwartenden Kostensteigerungen durch das EU-Lieferkettengesetz überschaubar seien. Außerdem sei es dem Gutachten zufolge weniger wahrscheinlich, dass dadurch bestimmte Produkte wegfielen als beim schon geltenden deutschen Lieferkettengesetz. Dem Verband ist nicht bekannt, dass infolge der Einführung des deutschen Gesetzes Produkte aus bestimmten Regionen weggefallen seien.

Wie reagieren Politik und Zivilgesellschaft?

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze betonte, die EU mache als erster großer Wirtschaftsraum verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln zum Standard. "Das ist eine gute Nachricht für alle Menschen weltweit, die unter miserablen Arbeitsbedingungen leiden", so die SPD-Politikerin. Sven Giegold, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, kündigte an: "Wir werden nun für eine wirksame und bürokratiearme Umsetzung in Deutschland sorgen."

Der Sprecher der "Initiative Lieferkettengesetz", Johannes Heeg, sprach von einem "Paradigmenwechsel im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung durch Unternehmen", der ein Erfolg der Zivilgesellschaft sei. In der Initiative haben sich Organisationen wie Amnesty International, der Deutsche Gewerkschaftsbund und Greenpeace zusammengeschlossen.

Was sagen Wirtschaftsvertreter?

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und der Verband der Automobilindustrie (VDA) richteten Forderungen an die Bundesregierung. "Damit den deutschen Unternehmen im Binnenmarkt kein Wettbewerbsnachteil entsteht, muss die Bundesregierung das deutsche Lieferkettengesetz bis zur Umsetzung der EU-Regelung in nationales Recht umgehend aussetzen", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Ähnlich äußerte sich VDA-Präsidentin Hildegard Müller. Die DIHK betonte, solange es in vielen anderen EU-Ländern kein Lieferkettengesetz gebe, schaffe das deutsche Gesetz Wettbewerbsnachteile für die Wirtschaft hierzulande.

Wie unterscheiden sich das europäische und das deutsche Lieferkettengesetz?

Einer der größten Unterschiede ist die Haftung: Im deutschen Gesetz ist ausgeschlossen, dass Unternehmen für Sorgfaltspflichtverletzungen haftbar sind - das EU-Gesetz lässt das zu. Auch wird künftig die gesamte Lieferkette unter die Lupe genommen.

Wie wurde das EU-Gesetz im Verhandlungsprozess abgeschwächt?

Ursprünglich sah ein Kompromiss von Unterhändlern der EU-Staaten und des Europaparlaments vor, dass Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten und mindestens 150 Millionen Euro Umsatz von den Vorgaben betroffen sind. Diese Grenze wurde jedoch auf 1.000 Beschäftigte und 450 Millionen Euro angehoben -nach einer Übergangsfrist von fünf Jahren.

Nach drei Jahren sollen die Vorgaben zunächst für Firmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und mehr als 1,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit gelten, nach vier Jahren sinken diese Grenzen dann auf 4.000 Mitarbeitende und 900 Millionen Euro Umsatz.

Was passiert bei Verstößen gegen das EU-Gesetz?

Die EU-Staaten sollen eine Aufsichtsbehörde benennen, die den Unternehmen auf die Finger schaut. Diese soll auch Strafen gegen Unternehmen verhängen können, wenn diese sich nicht an die Vorschriften halten. Es können Geldstrafen von bis zu fünf Prozent des weltweiten Nettoumsatzes eines Unternehmens fällig werden.

Welche Rolle hat Deutschland bei der Verhandlung des Gesetzes gespielt?

Der Grund für die deutsche Enthaltung ist Uneinigkeit innerhalb der Bundesregierung. Wichtige EU-Gesetze werden in Brüssel immer wieder ohne deutsche Zustimmung verabschiedet. In diesem Fall hatte die FDP darauf gedrängt, dass Deutschland dem Gesetz nicht zustimmt, aus Sorge vor Bürokratie und rechtlichen Risiken für Unternehmen. Politikerinnen und Politiker von SPD und Grünen befürworten die Regelung dagegen.

Mit Informationen von dpa

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