EZB in Frankfurt
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Mit den Zinsen im Euro-Raum geht es weiter nach unten. Schlecht für Sparer, aber gut für Konsum auf Kredit, Hausbau und Unternehmen.

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EZB-Zinssenkung: Die Folgen für Wirtschaft und Verbraucher

EZB-Zinssenkung: Die Folgen für Wirtschaft und Verbraucher

Sparen, Bauen, Kredite, Investitionen, Arbeitsplätze und nicht zuletzt die Verbraucherpreise: Das alles steuert und beeinflusst die EZB mit ihrer Geldpolitik. Jetzt hat sie ihren dritten Zinsschritt vorgenommen, der nicht der letzte sein wird.

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Zum dritten Mal in Folge hat die Europäische Zentralbank ihre Zinsen um je einen Viertelpunkt gesenkt. Der für die Sparer wichtige Satz für Bankeinlagen bei der EZB beträgt jetzt 3,25 Prozent. Schon im Dezember könnte er auf drei Prozent sinken und 2025 noch weiter, wenn die Notenbank ihren Kurs beibehält

Angeschlagene Konjunktur im Euroraum ankurbeln

Vor allem die deutsche Wirtschaft mit dem zweiten Rezessionsjahr in Folge ist auf die niedrigeren Leitzinsen der EZB dringend angewiesen. Die gute Nachricht dabei ist, dass spätestens 2025 weitere Zinssenkungen folgen werden. Für den gesamten Euroraum ist laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde keine Rezession zu befürchten. Andererseits ist auch die Inflationsgefahr weitgehend gebannt. Die Verbraucherpreise waren zuletzt innerhalb eines Jahres um weniger als 2 Prozent gestiegen. Und die Notenbank hat also Spielraum, den Fuß von der Bremse zu nehmen.

Die höheren Zinsen seit 2022 hatten die Wirtschaft zusätzlich belastet, obwohl es wegen Corona, Lieferengpässen und Ukraine-Krieg ohnehin schon schlecht lief. Die EZB konnte sich die zwischenzeitlichen zehn Zinserhöhungen trotzdem leisten, weil die Arbeitslosigkeit im Euroraum mit 6,4 Prozent vergleichsweise niedrig ist.

Günstige Kredite für mehr Investitionen und auch für mehr Konsum

Einzig die Sparer sind die Leidtragenden dieser Entwicklung, weil die Guthabenzinsen auf jeden Fall noch weiter fallen werden. Auch die Zinsen für Baukredite sind im Vorfeld der letzten Entscheidungen des EZB-Rates bereits gefallen, weil Banken und Finanzmärkte die laufende Entwicklung bereits vorwegnehmen. Das heißt: Die Kreditgeber haben weitere Zinssenkungen in ihren aktuellen Angeboten bereits eingepreist. Bauen und Immobilienfinanzierungen nahe drei Prozent sind wieder möglich. Das hilft der angeschlagenen Bauwirtschaft und stabilisiert die Immobilienpreise. Beides hat für Wachstum und Wohlstand eine große Bedeutung.

Mehr Leasing, billigere Ratenkredite, Chance auf Umschuldung nutzen

Autokunden können inzwischen wieder von preiswerten Finanzierungen und Leasing-Angeboten profitieren. Auch sonst ist der Kauf auf Pump mit Ratenzahlungen und Verbraucherkrediten leichter geworden. Wer sich in den letzten beiden Jahren zu höheren Zinsen verschuldet hat, kann die niedrigeren Sätze jetzt oder im nächsten Jahr dann für eine Umschuldung nutzen und die laufende Zinsbelastung reduzieren. Einige Baufinanzierungen, die vor kurzen noch zu teuer waren, müssen nun vielleicht nicht mehr am Geld scheitern.

Weitgehende Zustimmung der Finanzexperten zu den Zinssenkungen

Eine Rückkehr zur alten Nullzinspolitik, die das Handeln der EZB sechs Jahre lang bis 2022 bestimmte, halten die Experten nicht mehr für möglich. Aber mit weiteren Zinssenkungen sei fest zu rechnen. Ein Grund ist, die schwache Wirtschaftsentwicklung und der Umstand, dass die Konjunktur immer noch gebremst werde.

"Der EZB sitzt die Angst um die wirtschaftliche Entwicklung im Nacken." Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank

Der wunde Punkt bei einer weiteren Lockerung der Geldpolitik bleibe jedoch der zähe Rückgang der Kerninflationsrate, also der Preissteigerung ohne Energie und Nahrungsmittel. Dahinter verberge sich ein noch immer starker Preisanstieg im Dienstleistungssektor, der von hohen Lohnabschlüssen gespeist werde.

"Wie stark der Leitzins zurückgeht, wird von der Lohnentwicklung abhängen. Die Arbeitnehmerforderungen lassen darauf schließen, dass die Leitzinsen im Vergleich zur Vor-Corona-Ära auf erhöhtem Niveau zum Liegen kommen werden", so Gitzel.

Kritik an der EZB kommt von Sebastian Dullien vom gewerkschaftsnahen IMK-Institut: "Angesichts der Verzögerung, mit der die Geldpolitik wirkt, und der anhaltenden Wirtschaftsschwäche ist es höchste Zeit, die geldpolitische Restriktion zu beenden." Davon sei die EZB aber noch weit entfernt, so Dullien: Die Zinsen würden selbst nach der für Dezember zu erwartenden Leitzinssenkung auf drei Prozent die Wirtschaftsentwicklung weiter bremsen.

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