Ein junger Mann sitzt mit einer Fernbedienung vor dem Fernseher.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Britta Pedersen

Beim Empfang von Rundfunk über einen Kabelanschluss gibt es für Mieter im Juli wichtige Änderungen.

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TV-Empfang wird zur Mietersache: Was man jetzt wissen muss

Zum 1. Juli entfällt das sogenannte Nebenkostenprivileg. Damit dürfen Hauseigentümer die Kabelgebühren nicht mehr über die Nebenkosten mit abrechnen. Doch was bedeutetet das für die Nutzerinnen und Nutzer? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Ausgerechnet mitten während der Fußball-EM wird die Frage, wie künftig Fernsehen empfangen werden soll, zur Mietersache. Dabei ist das Gesetz, das 12,5 Millionen Deutsche betrifft, schon lange beschlossen – es trat bereits am 1. Dezember 2021 in Kraft. Doch die Übergangsfrist gilt bis zum 30. Juni 2024. Fast jeder dritte Haushalt in Deutschland steht damit vor der Entscheidung, wie er künftig fernsehen will. Und es tauchen viele Fragen auf.

Kann ich bald kein Fernsehen mehr empfangen?

Die Verbraucherzentrale gibt da Entwarnung. Der Digitalexperte Nikolaus Stumpf sagt: "Man muss jetzt nicht befürchten, dass am 1. Juli ab null Uhr auf einmal der Bildschirm schwarz ist. Und zwar ganz einfach, weil die Kabelunternehmen nicht so schnell hinterherkommen, einem die Verbindung zu kappen oder eine Filtersperrdose aufzulegen."

Wer sich bisher noch nicht nach einem neuen Anbieter umgesehen hat, hat also noch etwas Übergangszeit – sollte aber handeln.

Wer ist überhaupt betroffen?

Betroffen ist längst nicht jeder, der Kabelfernsehen nutzt, sondern vor allem Mieter, die bisher über einen Sammelvertrag Kabel durch den Vermieter angeboten bekommen haben. Viele Vermieter haben bereits solche alten Sammelverträge gekündigt.

Warum wird das Nebenkostenprivileg überhaupt abgeschafft?

Das Nebenkostenprivileg ist ein Relikt aus den Anfangsjahren des Kabelfernsehens: Damit sich die Verkabelung für die Netzbetreiber damals gelohnt hat, durften sie Pauschalbeträge mit Wohnungsbaugesellschaften und Verwaltungen für komplette Mehrfamilienhäuser und Wohnanlagen abschließen.

Unabhängig davon, ob Kabelfernsehen überhaupt gewünscht war, kam es für alle ins Haus. Und die Gebühren wurden über die Nebenkosten auf die Mieter umgelegt.

Vor 40 Jahren war Kabelfernsehen noch ein Novum – damit gelang es erstmals, bis zu 30 Fernsehprogramme zu empfangen und nicht mehr drei bis fünf. Inzwischen sind die Zuschauerinnen und Zuschauer rund 100 Programme gewohnt, die Fernsehübertragung ist digital und es bieten sich alternative Verbreitungswege an. Deshalb sollen mit dem neuen Telekommunikationsgesetz Verbraucherinnen und Verbraucher die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob und wie sie Fernsehen empfangen wollen – ohne doppelt zu bezahlen.

Denn zuvor hat es sich für viele Mieter nicht gelohnt, darüber nachzudenken, weil sie den Kabelanschluss über die Nebenkostenabrechnung sowieso bezahlen mussten – egal ob sie ihn nutzten oder nicht. Meist war der Anbieter bislang für viele Mieterinnen und Mieter Vodafone. Durch die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs soll jetzt mehr Wettbewerb möglich werden.

Wird Kabelfernsehen jetzt teurer werden?

Die ungefähren durchschnittlichen Kosten für den Kabelanschluss lagen bislang bei etwa 50 bis 60 Euro pro Halbjahr, also ungefähr 120 Euro pro Jahr. Die Verbraucherzentrale rechnet damit, dass diese Kosten für den Kabelanschluss auch als Einzelvertrag in etwa gleichbleiben werden oder sich maximal leicht verteuern – um zwei bis drei Euro. Der Preis für neu abgeschlossene Verträge liegt bei circa acht bis zehn Euro pro Monat.

Perspektivisch könnte Kabelfernsehen günstiger werden, da mehr Wettbewerb normalerweise zu sinkenden Verbraucherpreisen führt. So war das bei der Öffnung des Telefonmarktes. Kostete ein Festnetz-Gespräch über 100 Kilometer im Jahr 1996 umgerechnet noch 32 Cent pro Minute, zahlen Kunden nun meist nur noch Flatrates für unter fünf Euro monatlich.

Welche anderen Empfangswege gibt es?

Fernsehen kann auch per Satellit, Antenne oder Internet empfangen werden.

Die größte Programmvielfalt bietet der Satellitenempfang. Jedoch müssen Mieterinnen und Mieter prüfen, ob der Vermieter das Anbringen einer Satellitenschüssel duldet. Wer einen internetfähigen Fernseher hat, für den bietet sich auch der Empfang über Internet an. Eine weitere Option ist auch das Empfangen per Antenne.

Was muss ich jetzt als Mieter tun?

Wenn sich der Vermieter künftig nicht mehr um einen Kabelvertrag kümmert, sollte man sich erst einmal grundsätzlich Gedanken machen, über welchen Weg man Fernsehen überhaupt empfangen möchte. Alles so lassen, wie es ist und einfach wieder einen Vertrag beim bisherigen Anbieter abschließen, der dann individuell abgerechnet wird, ist die vermutlich einfachste Lösung. Wer der bisherige Anbieter ist, sollte in der Nebenkostenabrechnung stehen. Ansonsten kann die Hausverwaltung Auskunft geben. Zudem flattert mit ziemlicher Sicherheit Infopost vom Anbieter ins Haus – oder ein Aushang informiert.

Doch möglicherweise lohnt es sich auch über Alternativen nachzudenken, um zu sparen.

Im zweiten Schritt sollten Verträge genau studiert, und auch auf Kleingedrucktes und Fußnoten geachtet werden. Vorsicht, es gibt Anbieter, die suggerieren, dass es nur möglich sei, ein Dreierpacket zu buchen: mit Fernsehen, Internet und Telefon. Das ist nicht richtig und zudem läuft man Gefahr, Angebote doppelt zu buchen. Denn Internet und Telefonverträge werden ja in der Regel nicht gekündigt, weil sie normalerweise nicht über Sammelverträge laufen.

Was müssen Vermieter tun?

Vermieter dürfen ihr Sonderkündigungsrecht noch bis zum 30. Juni 2024 wahrnehmen. Wenn sie den Kabelvertrag kündigen, dürfen sie die Kosten hierfür den Mietern nicht mehr in der Nebenkostenabrechnung abrechnen. Wenn sie jedoch nichts tun und den Vertrag weiterlaufen lassen, müssen sie hinnehmen, dass der Mieter oder die Mieterin diese Kosten künftig nicht mehr übernehmen möchte. Die Kosten für den Fernsehempfang dürfen sie nicht mehr über die Nebenkosten mit ihren Mieterinnen und Mietern abrechnen.

Wofür soll ich mich entscheiden?

Das hängt von den Sehgewohnheiten und den Ansprüchen ab. Die verschiedenen Übertragungswege bieten jeweils Vor- und Nachteile. So ermöglicht zum Beispiel weiter Kabelfernsehen zu beziehen eine gute und sichere Empfangsqualität, kaum Verzögerung gegenüber der Live-Ausstrahlung und zudem ist kein zusätzliches Empfangsgerät nötig, weil moderne Fernseher einen DVB-C-Receiver besitzen. Allerdings ist ein Kabelanschluss in jedem Raum nötig, in dem ein Fernseher stehen soll. Kabelsalat inklusive.

Wer sich mit weniger Programmauswahl begnügt, für den kann der Empfang über Antenne eine gute Option sein. In Ballungsgebieten oder Städten genügt meist eine Zimmerantenne. Auf dem Land kann eine Dachantenne nötig sein. Öffentlich-Rechtliches Programm lässt sich so gratis (abgesehen von der Rundfunkgebühr) empfangen, Privatsender gegen Aufpreis. Ältere Fernseher, die keinen DVB-T2-Empfang haben, benötigen einen zusätzlichen Freenet Hybrid TV Stick, um zusätzliches Programm zu empfangen.

Die größte Programmauswahl gibt es per Satellitenempfang. Allerdings muss in der Regel der Vermieter um Genehmigung gebeten werden, denn die Satellitenschüssel muss auf dem Dach oder der Fassade angebracht werden. Gegebenenfalls kommt auch der Garten oder Balkon dafür in Frage. Wer sich für Satellit (DVB-S2) entscheidet, kann, nachdem die Satellitenschüssel gekauft und installiert ist, sparen. Dafür muss man in Kauf nehmen, dass so eine Satellitenschüssel kein besonders schöner Blickfang auf dem Hausdach ist.

Jeder mit schnellem Internetanschluss kann auch per Internet fernsehen. Das geht entweder mit einem internetfähigen Smart-TV oder man kauft einen sogenannten HDMI- oder Smart TV-Stick. Fernsehen über Internet hat Vorteile: So kann etwa eine bereits begonnene Sendung neu gestartet werden. Die Auswahl der Anbieter ist groß und die Preise sind etwa abhängig davon, ob etwa Streaming-Dienste oder Pay-TV-Anbieter mit gebucht werden und eine Aufnahmefunktion möglich sein soll. Nutzt man allein öffentlich-rechtliche Sender, so sind diese über die Mediatheken gratis zu sehen.

Ist auch Radio betroffen?

Ja, auch Hörfunk ist betroffen. Wer ein klassisches Radiogerät zu Hause an den Kabelanschluss gesteckt und nicht über Internet oder Antenne empfangen hat, ist als Mieter betroffen. Auch für Radio kommen die gleichen Alternativen wie für den Fernsehempfang in Frage: per Zimmerantenne, Satellit oder Internet.

Worauf sollte ich besonders achten?

Ganz egal, auf welchen Anbieter die Entscheidung fällt, sollte man sich gut informieren.

Bei unangekündigten "Medienberatern und -beraterinnen" ist Vorsicht angebracht. Bei ihnen handelt es sich um freiberufliche Verkäufer, die im Auftrag eines Kabelunternehmens unterwegs sind und auf Provisionsbasis bezahlt werden. Die Verbraucherzentrale empfiehlt in diesem Fall immer nach dem Dienstausweis zu fragen und niemanden in die Wohnung zu lassen. Spontanentscheidungen an der Haustür sollten vermieden werden. Sollte doch ein Vertrag zustande gekommen sein, gilt das Widerrufsrecht.

Die Polizei warnt in diesem Zusammenhang sogar vor Trickbetrug: Täter kommen oft zu zweit und klingeln mit der Behauptung, die Anschlussdose in der Wohnung zu prüfen oder stilllegen zu müssen. Diese ungebetenen Gäste sollten schnell weitergeschickt werden. Seriöser Besuch kündigt sich im Vorfeld per Telefon an.

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