Die Honigbienen in Bayern waren in diesem Jahr fleißig: Jedes Volk brachte durchschnittlich 34,2 Kilogramm ein. Doch ein Großteil des Honigs stapelt sich im Lager – nicht nur in Bayern, sondern in ganz Deutschland. "Keiner kauft uns den Honig ab, egal zu welchen Preisen", sagt Imker Bernhard Heuvel. So gehe das schon seit etwa zwei Jahren.
Als Vizepräsident des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbunds und Präsident des Europäischen Berufsimkerverbands kennt Heuvel die Sorgen seiner Kollegen. Weil es zuletzt so schlecht lief, hätten viele Imker ihr Familiengeld in das Unternehmen gesteckt. Andere verkleinerten ihren Betrieb, da die Bienenvölker Fixkosten darstellen. Der nächste logische Schritt: Den Job an den Nagel hängen.
Ausländischer Honig drängt auf den Markt
Schuld an der Misere ist nach Ansicht der Berufsimker ausländischer Honig, der zunehmend auf den europäischen Markt drängt. Ganz besonders, seitdem die USA 2022 ein Anti-Dumping-Gesetz verabschiedet haben, das den Import von billigem Honig, etwa aus Vietnam oder China unterbindet.
In deutschen Supermärkten lässt sich Honig teils für unter zwei Euro finden. "Das kann nicht sein, damit kann niemand Honig produzieren", klagt Heuvel. Der Verdacht: Die Produkte würden mit Zuckersirup gestreckt. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Untersuchung der EU (externer Link) wonach 46 Prozent der Produkte aus dem Ausland nicht den Richtlinien entsprachen.
Berufsimker vermuten Fälschungen
Die Berufsimker vermuten einen großangelegten Betrug und haben auf eigene Faust Honig testen lassen: in einem Speziallabor in Estland, das 30 Proben aus Supermärkten auf DNA von Honigbienen hin untersuchte. Nach der Devise: Wenn der Honig von Bienen stammt, müssen Spuren darin zu finden sein. Auf die Idee brachten sie die Neuseeländer, dort wird Manuka-Honig schon länger über die DNA-Methode getestet. Manuka ist ein Strauch, dessen Nektar Honigbienen sammeln.
Das Ergebnis ist laut Heuvel "erschreckend": Von 30 eingesandten Gläsern waren 25 gestreckt – etliche stark. Eines der Honiggläser bestand nur aus Zuckersirup. Die einzigen Gläser, die den Test bestanden, stammten von deutschen Imkern, so Heuvel. Dabei gibt es für Honig, ähnlich wie beim Bier, ein Reinheitsgebot: Laut Honigverordnung (externer Link) dürfen dem Produkt "keine anderen Stoffe als Honig zugefügt werden".
Imker: Falscher Honig muss aus den Regalen
Was fordern die Berufsimker also? "Erst einmal muss man vollständig aufklären, was da in welchem Umfang gerade passiert", so Heuvel. Auch die Europäische Union befasse sich mittlerweile mit dem Thema und prüfe, wo der Zuckersirup herkomme und wo der mutmaßlich gefälschte Honig abgefüllt werde.
Und dann? Nach Ansicht der Berufsimker reicht es nicht, die Produkte anders zu etikettieren, etwa als "Honig-Ersatzprodukt" oder "Honig mit Sirup". Manchmal sei es sogar reiner Sirup, "da ist noch keine Biene daran vorbeigeflogen", kritisiert Heuvel. Seiner Meinung nach sollte gefälschter Honig vollständig aus den Regalen verschwinden.
Was sagen Supermärkte und Zulieferer?
Der Supermarkt-Riese Rewe hat auf BR-Nachfrage erklärt, ihm sei nicht bekannt, welche Honige und Hersteller konkret getestet wurden. Der Berufsimkerbund hat die Marken bislang nicht veröffentlicht, weil polizeiliche Ermittlungen dazu andauern.
Der Discounter Kaufland erklärte, man stehe hinsichtlich der Qualitätskontrollen bei Honig "in engem Austausch mit unseren Lieferanten und Laboren". Die deutsche Honigverordnung sei für die Lieferanten verpflichtend. Kaufland kritisierte zudem die von dem Labor in Estland angewandten Methode als "nicht transparent".
Der Deutsche Verband der Produzenten und Abfüller für Honig aus dem Ausland wehrt sich ebenfalls gegen die Vorwürfe (externer Link), der importierte Honig sei von schlechterer Qualität. "Der Honig-Verband und seine Mitglieder kontrollieren Honige nach dem Stand der aktuellen Technik und werden dabei von fachlich erfahrenen Speziallaboren unterstützt", heißt es. Auch der Verband zieht die Analyse-Methode in Zweifel.
Wie lässt sich echter Honig erkennen?
Bis eine EU- oder deutschlandweite Regelung erzielt werden kann, sind Verbraucher auf sich gestellt. Wie können sie Bienenhonig von gepanschten Produkten unterscheiden? Allein an der Farbe nicht, sagt Daniela Krehl von der Verbraucherzentrale Bayern: "Die geben nicht nur die Zuckerlösung hinzu, sondern arbeiten häufig auch mit Farbstoffen oder Aromastoffen, sodass man diese Streckung als Verbraucher kaum bemerkt."
Ein guter Indikator ist laut Heuvel das Glas des Deutschen Imkerbundes (externer Link) mit der Aufschrift "Echter Deutscher Honig". Diese Marke garantiere echte und über Stichproben geprüfte Qualität. Und Verbraucherschützerin Krehl rät: Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte seinen Honig direkt beim Imker kaufen, "vielleicht sogar aus der Nachbarschaft".
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