Geschäftsführer Sebastian Leicht (Mitte) und Mitarbeiter der Firma easy2cool in Lichtenfels prüfen eine Isoliermatte
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Geschäftsführer Sebastian Leicht (Mitte) und Mitarbeiter der Firma easy2cool in Lichtenfels prüfen eine Isoliermatte

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Job-to-Job-Vermittlung bei Entlassungen: Oberfranken erfolgreich

Job-to-Job-Vermittlung bei Entlassungen: Oberfranken erfolgreich

Wenn Wirtschaftsflaute und Fachkräftemangel zusammenkommen, müssten von Entlassungen bedrohte Arbeitskräfte möglichst nahtlos in einen anderen Job vermittelt werden, heißt es in der Bundesagentur für Arbeit. Im Raum Coburg klappt das erstaunlich gut.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Seit ihrer Gründung vor zehn Jahren ist die Firma easy2cool im oberfränkischen Lichtenfels auf Expansionskurs. Das Unternehmen hat sich im Kühlversand einen Namen gemacht. Es produziert nachhaltige Isoliermatten, die mit Zellulose-Fasern aus recycelten Stanzresten gefüllt sind. Darauf hat die mehrfach ausgezeichnete Firma ein Patent. Mitbegründer und Geschäftsführer Sebastian Leicht möchte die Beschäftigtenzahl dieses Jahr auf 260 verdoppeln.

Wirtschaftsflaute hilft in diesem Fall

Ehrlicherweise, sagt easy2cool-Geschäftsführer Sebastian Leicht, komme die Wirtschaftsflaute der Firma eher zugute, als dass sie ihr schade. So würde etwa ein großer Versandhandel in der Region gerade kontinuierlich Personal abbauen. Und das seien genau die Arbeitskräfte, die in seiner Firma gebraucht würden, so Leicht weiter. Seit Jahren gebe es immer wieder Werksschließungen und Massenentlassungen in der Region, trotzdem könnten betroffene Arbeitskräfte oft sogar nahtlos einen neuen Arbeitsplatz finden.

Unternehmerische Eigeninitiative

Muss ein Unternehmer aus der Region Personal abbauen, versuche seine Firma aktiv mit der dortigen Personalabteilung, aber auch der Mitarbeiter-Vertretung ins Gespräch zu kommen, so easy2cool-Geschäftsführer Leicht: "Wir machen durchaus auch Bewerbertage direkt bei Unternehmen, die vor Ort Stellen abbauen, um uns den Mitarbeitern vorzustellen und unsere Erfahrung ist: Je öfter und intensiver wir unsere Stellen vorstellen und auch erzählen, was wir tun und wie wir es tun, desto besser ist der kontinuierliche Fluss an potenziellen Bewerbungen."

Gutes Netzwerk zwischen Firmen und Arbeitsagentur Coburg

Wenn eine Job-to-Job-Vermittlung gelingen soll, brauche es einen guten Austausch der Firmen untereinander und eine enge Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur. Nur so sei rechtzeitiges Handeln möglich, weiß man in der Arbeitsagentur Coburg aus langjähriger Erfahrung. Was die Bundesagentur für Arbeit dann gern "Arbeitsmarkt-Drehscheibe" nennt, ist in der Coburger Agentur schlicht Tagesgeschäft. "Wir sind in der Region extrem gut vernetzt", sagt Stefan Trebes, Leiter der Arbeitsagentur Coburg. Es gebe Personalleiter-Tagungen, jeder kenne jeden. Komme eine Firma in eine schwierige Lage, gehe sie in der Regel offen damit um. So könne man gemeinsam schnell reagieren.

Teilweise würden sich Firmen in Schieflage auch direkt mit expandierenden Firmen in der Region zusammensetzen, sagt der Chef der Coburger Arbeitsagentur, Stefan Trebes. Auf den Schlips getreten fühle man sich dadurch nicht, die Agentur unterstütze dann dort, wo noch Qualifizierungsbedarf besteht. "Ob das mit unserem Zutun ist oder ohne unser Zutun, ist vom Prinzip her nicht entscheidend", so Trebes weiter. Wichtig sei, dass die Menschen gleich wieder in Arbeit kommen und die Arbeitsagentur im Idealfall nie von innen sehen.

Oberfranken bei Job-to-Job-Vermittlung erfolgreich

Bei einem Viertel der von Entlassungen bedrohten Arbeitskräfte gelinge in der Regel eine nahtlose Weitervermittlung auf einen sicheren Arbeitsplatz, so der Chef der Arbeitsagentur Coburg, Stefan Trebes. Andere bräuchten für die neue Stelle noch eine Qualifizierung, bekämen aber sofort eine Perspektive und wüssten, es geht weiter. Dass es im Moment sehr gut funktioniert, so Trebes, liege daran, dass aufgrund der Demografie auch immer wieder Arbeitsplätze frei werden, weil Ältere in den Ruhestand gehen. "Von daher schaffen wir es, die Dauer der Arbeitslosigkeit entweder kurz zu halten oder gar nicht erst eintreten zu lassen."

Best-Practice-Beispiel

Natalie Kempf ist eine dieser Arbeitskräfte, die trotz drohenden Jobverlustes die Arbeitsagentur nie von innen gesehen hat. Sie war 25 Jahre lang in der Region bei einem Versandhandel beschäftigt. Jetzt hat sie einen ähnlichen Arbeitsplatz als Kommissioniererin bei easy2cool. Sie verpackt Tiefkühlware von Firmenkunden in die nachhaltigen Isoliermatten und macht sie versandfertig. "Es hat alles super geklappt. Ich bin, ohne dass ich arbeitslos geworden bin, von einem Job in den anderen nahtlos übergegangen und jetzt bin ich schon fast zwei Jahre hier", freut sich die 42-Jährige.

Easy2cool-Geschäftsführer Sebastian Leicht bietet im Moment mehr als zwanzig verschiedene Stellen an und schafft damit Möglichkeiten für jene in der Region, die seit dem Jahreswechsel von Firmenpleiten betroffen sind.

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