Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Kniefall vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos
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Bayerns Ministerpräsident Markus Söder beim Kniefall vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos

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Nach Kritik an Kniefall in Warschau: Söders Gegenangriff

Nach Kritik an Kniefall in Warschau: Söders Gegenangriff

"Eine der größten Geschmacklosigkeiten", "absoluter Tiefpunkt", "Selbstbesoffenheit": Bayerns Ministerpräsident Söder wurde für seinen Kniefall von Warschau scharf kritisiert. Nun weist der CSU-Chef die Vorwürfe als "respektlos" zurück.

Über dieses Thema berichtete: "Maischberger" am 17.12.2024 um 22:50 Uhr.

Eine Woche nach seiner Warschau-Reise hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die parteiübergreifende Kritik an seinem Kniefall vor dem Denkmal der Helden des Warschauer Ghettos zurückgewiesen. Eine solche "Demutsgeste" zu kritisieren, halte er für "völlig respektlos und auch unangemessen gegenüber Millionen von Juden und jüdischen Bürgern in unserem Land, die genau das erwarten, dass man diesen Respekt zeigt", sagte der CSU-Politiker den ARD-"Tagesthemen" (externer Link).

Söder hatte das Denkmal vergangene Woche bei seiner Polen-Reise besucht und kniete dort 54 Jahre nach Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) nieder. Der Ministerpräsident postete auf seinen Social-Media-Kanälen Fotos von seinem Besuch des Denkmals und schrieb dazu: "Es war mir ein persönliches Anliegen, zwei Kränze zum Gedenken und Erinnern niederzulegen." Das Denkmal erinnere an "unsere dunkelste Geschichte". Zwei Stunden später folgten Bilder von Söder mit einer Bratwurst auf einem Warschauer Weihnachtsmarkt: "Schmeckt super!"

Claudia Roth: "Hanswurst statt Staatsmann"

Der bayerische AfD-Landeschef Stephan Protschka schrieb in den sozialen Medien: "Ob beim Kniefall oder mit Bratwurst: Die Art und Weise zeigt, dass für Söder beides nur eine Möglichkeit zur Selbstinszenierung ist."

Als "absoluten Tiefpunkt" bezeichnete Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) das Verhalten des Ministerpräsidenten. "Das hat das Andenken an den großen Staatsmann Willy Brandt nicht verdient", sagte sie am Wochenende in Hirschaid. Brandt habe mit seiner Geste den Weg für die Aussöhnung mit Polen geebnet und Verantwortung für die Verbrechen im Nationalsozialismus übernommen. "Bei Söder verkommt eine solche große historische Geste zu einem Social-Media-Funfact, den er zwischen dem Mampfen von Bratwürsten mal kurz absolviert. Hanswurst statt Staatsmann."

Steinbrück: "Synapsen nicht richtig verdrahtet"

Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wertete Söders Kniefall als "eine der größten Geschmacklosigkeiten, die ich von einem deutschen Politiker in den letzten Jahren erlebt habe". Eine solche Anspielung auf den Kniefall von Brandt zu machen, auf die Idee müsse man erst einmal kommen. "Da sind irgendwelche Synapsen nicht richtig verdrahtet bei dem Mann", schimpfte Steinbrück in der ARD-Sendung "Miosga". Sich anschließend mit einem Würstchen abbilden zu lassen, sei eine "Banalisierung der Politik".

Ex-Grünen-Chefin Ricarda Lang stimmte Steinbrück auf X zu: "Willy Brandt kniete aus Demut vor der deutschen Geschichte. Söder kniet aus Selbstbesoffenheit."

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Der Kniefall von Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) 7. Dezember 1970

Söder kontert - Wüst verteidigt ihn

Söder ging im "Tagesthemen"-Interview zum Gegenangriff über: Er sei ganz besonders von einigen "sehr linken Kommentatoren" und vor allem von Roth kritisiert worden, die "selbst erhebliche Probleme" habe, sagte er in Anspielung an die Debatte über ihren Umgang mit Antisemitismusvorwürfen nach der Berlinale Ende vergangenen Februar.

Auch Kritik an seinem Bratwurst-Post nach dem Denkmal-Besuch wies Söder zurück. "Eine Reise besteht ja aus mehreren Aspekten." Neben einem historischen Teil gebe es "gemeinsame Zeit". Sein Besuch in Polen zeige Gesprächsbereitschaft. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei "gar nicht mehr in der Lage, mit Polen zu reden".

Unterstützung bekam Söder vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU). "Ich weiß nicht, ob er die Analogie wollte mit Brandt oder ob er sie nicht wollte", sagte Wüst bei, "Maischberger" in der ARD. Bei diesem Mahnmal sei für einen Deutschen jede Demuts- oder Respektgeste "in Ordnung".

Brandts Kniefall von 1970

Das Schwarz-Weiß-Foto von Brandts Kniefall am 7. Dezember 1970 zählt zu den bekanntesten Fotos der deutschen Nachkriegsgeschichte. Die Geste gilt als ein wichtiges Zeichen der Aussöhnung zwischen Polen und Deutschland sowie als ein Symbol der Demut gegenüber Millionen ermordeten polnischen Juden. Zugleich markierte sie einen Meilenstein in der Ostpolitik der Bundesregierung.

Brandt beteuerte stets, der Kniefall sei nicht geplant, sondern eine spontane Geste gewesen. In seinen "Erinnerungen" schrieb er: "Am Abgrund der deutschen Geschichte und der Last der Millionen Ermordeten tat ich, was Menschen tun, wenn die Sprache versagt."

Im Audio: Söder weist Kritik an seinem Kniefall in Warschau zurück

Markus Söder im "Tagesthemen"-Interview
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Markus Söder im "Tagesthemen"-Interview

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