Die Straßenbahn hat freie Fahrt und trotzdem ist nebendran eine endlose Autoschlange im Stop-and-Go-Verkehr zu sehen. Das ist die Realität, nicht nur in der Augsburgerstraße in Friedberg. Und: fast alle Autos haben einen Verbrennermotor. Ein Drittel fährt in Deutschland mit Diesel. Für die gibt es seit gut einem halben Jahr auch hierzulande HVO100.
HVO100 emittiert viel weniger Treibhausgase
HVO100 ist kein Erdölprodukt, sondern er besteht aus tierischen und pflanzlichen Altfetten und-ölen. Die Abkürzung HVO steht für die englische Bezeichnung "Hydrotreated Vegetable Oil". Weil dieser Sprit keinen fossilen Kohlenstoff enthält, ist seine CO₂-Bilanz bis zu 90 Prozent besser als die des herkömmlichen Diesel. Dieser Klimavorteil hat aber seinen Preis. An der BK-Tankstelle nahe Augsburg kostet er pro Liter 13 Cent mehr.
Für viele Autofahrer ist HVO100 immer noch unbekannt
Der höhere Preis schreckt viele ab, könnte man meinen. Doch alle, die BR24 an diesem Nachmittag befragt, nennen andere Gründe, warum kein HVO100 in ihren Diesel-PKW kommt: Weil er das ehrlich gesagt nicht kenne, sagt etwa Autofahrer Sebastian Lapai. Auch Manfred Ochmann hat sich noch nicht mit dem neuen Kraftstoff beschäftigt. Deshalb wisse er nicht, ob der auch in sein Auto getankt werden könne oder nicht.
Für Befürworter ist HVO100 ein "kleiner Wundersprit"
Michael Haberland, Präsident des Autofahrerclubs Mobil in Deutschland, kennt die Bedenken. Er hat deshalb immer zwei Gläser mit dem alten und dem neuen Kraftstoff dabei. Um zu zeigen: HVO100 riecht bei weitem nicht so penetrant wie fossiler Diesel. Doch nicht nur deswegen spricht Haberland von einem "kleinen Wundersprit", bei dem die Vorteile wirklich auf der Hand lägen. HVO100 schaffe es nämlich, Mobilität und Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu vereinen. Und zwar als Sofortprogramm.
Kfz-Meister: Mit HVO100 laufen selbst alte Diesel besser
Aber vertragen ihn auch wirklich alle Autos? Diese Frage kann am besten Moritz Dhom beantworten. Er ist Kfz-Meister von Beruf. Seit drei Jahren fährt er seine alte E-Klasse Baujahr 2010 ausschließlich mit HVO100, obwohl Mercedes den Motor seines Wagens dafür gar nicht freigegeben hat.
Er habe nur beste Erfahrungen damit gemacht, sagt er. Sein Auto laufe einfach besser, starte besser und im Motor entstünden weniger Rußemissionen. Das kommt der Abgasreinigung zugute, betont der Kfz-Meister.
HVO-Kritiker bleiben skeptisch
Trotz allem gab und gibt es Zweifel. AGORA Verkehrswende, eine Organisation, die nur die Elektromobilität als klimaschutzdienlich einstuft, sieht aber HVO nicht mehr ganz so kritisch wie noch vor einigen Monaten. Der Dieselersatz könne im LKW-Verkehr vorübergehend ein Geschäftsmodell sein, heißt es in einer Pressemitteilung von Anfang Dezember. Insgesamt aber bleibt AGORA bei ihrer Fundamentalkritik an HVO100. Es gebe es viel zu wenig davon, deshalb trage der Dieselersatz nicht zu mehr Klimaschutz bei.
Tankstellen sehen kein Mengenproblem bei HVO100
Philipp Arner, Prokurist des mittelständischen Tankstellenunternehmens Benzinkontor, widerspricht. Es gebe genügend HVO100. Natürlich nicht sofort für die Gesamtflotte in Deutschland, aber: "Wir können es Stück für Stück steigern."
In Friedberg zum Beispiel: auf 13 Prozent des Diesel-Umsatzes. Nazli Eorl tankt an diesem Nachmittag HVO100. Sein Opel soll auch klimafreundlich unterwegs sein. Trotz des höheren Preises. Mag sein, dass das andere um zehn oder 13 Cent billiger ist, sagt Erol, aber das störe ihn nicht.
HVO100 an immer mehr Tankstellen verfügbar
In Bayern verkaufen derzeit mehr als 70 Tankstellen den klimafreundlichen Diesel. Europaweit sind es rund 4.800 Stationen. Nach Angaben des Vereins efuelsnow.de kommen jeden Monat etwa 200 dazu. In Italien sind es derzeit etwa 1.800 Tankstellen. Per Gesetz sind sie verpflichtet, HVO100 pro Liter fünf Cent billiger anzubieten als den herkömmlichen fossilen Diesel.
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