Vishnu sitzt an seinem Arbeitsplatz in München.
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Konkurrenz um Fachkräfte: Kann die EU mit den USA mithalten?

Konkurrenz um Fachkräfte: Kann die EU mit den USA mithalten?

Europa steht im Wettbewerb mit den USA – auch wenn es um internationale Fachkräfte geht. Trotz der restriktiven Migrationspolitik von Trump sind die USA für qualifizierte Arbeitskräfte ein attraktiver Arbeitsort. Wie die EU versucht, mitzuhalten.

Vishnu lebt seit vier Jahren in München. Ursprünglich ist er aus Indien für sein Studium erst nach England, dann nach Deutschland gekommen. Jetzt arbeitet der Klimaforscher für ein mittelständisches Unternehmen in der bayerischen Landeshauptstadt. Dass er mal hier in Deutschland bleiben würde, hätte er anfangs nicht gedacht. Es sei vor allem die Sprache gewesen, die ihm Sorge bereitet hätte, so Vishnu. Auch die Bürokratie empfinde er manchmal als großes Problem.

Was ihn trotzdem hier gehalten hat: die Arbeitsbedingungen. In Dubai, seinem vorherigen Arbeitsort, seien die Arbeitstage deutlich länger, die freie Zeit weniger gewesen, erzählt Vishnu.

Über 60 Prozent der Unternehmen in der EU fehlt es an Fachkräften

Die EU braucht qualifizierte Arbeitskräfte wie Vishnu. Allein in Deutschland fehlen nach Angaben des Instituts für deutsche Wirtschaft rund 500.000 Fachkräfte, EU-weit haben über 60 Prozent der kleinen und mittelständischen Unternehmen mit Fachkräftemangel zu kämpfen (externer Link). Vor allem Bereiche wie Informatik und Naturwissenschaften, aber auch das Gesundheitswesen sind davon betroffen.

Die Bundesregierung und das Europäische Parlament haben daher in den vergangenen Jahren Gesetze und Reformen auf den Weg gebracht, die qualifizierten Fachkräften aus Drittstaaten – also nicht EU-Ländern - den Einwanderungsprozess erleichtern sollen.

Niedrigere Visa-Hürden sollen Arbeitskräfte in die EU ziehen

Bereits seit 2012 gibt es mit der sogenannten Blauen Karte EU eine spezielle, befristete Aufenthaltserlaubnis für qualifizierte Arbeitskräfte. Die Hürden, um die Blaue Karte zu erhalten, wurden in den vergangenen Jahren nach und nach gesenkt. So reicht es heute zum Beispiel aus, einen Arbeitsvertrag in einem europäischen Mitgliedsstaat über sechs Monate vorzulegen, anstatt wie bisher zwölf. Auch das Mindestgehalt, das Antragsteller einer Blauen Karte verdienen müssen, wurde heruntergesetzt.

Diese und weitere Änderungen im Einwanderungsprozess waren für Vishnu der ausschlaggebende Grund, in Deutschland zu bleiben. Er habe hier deutlich mehr Sicherheit als zum Beispiel in den USA, sagt er.

Standort USA für viele Arbeitskräfte attraktiver

Trotz der Erleichterungen hat es die Europäische Union neben den USA schwer, qualifizierte Fachkräfte zu gewinnen. Nach Angaben von Eurostat, dem statistischen Amt der EU, haben 2023 über 89.000 Menschen die Blaue Karte erhalten (externer Link). Verglichen mit den USA ist das nur ein Bruchteil. Dort wurden 2023 doppelt so viele arbeitsplatzbasierte Einwanderungsvisa (externer Link) vergeben.

Ausschlaggebend für die USA sei die Sprache, so Panu Poutvaara, Leiter des ifo-Zentrums für Migration und Entwicklungsökonomie. Aber auch steuerliche Vorteile seien ein Grund für den Standort USA - vor allem für Unternehmensgründer: "Wenn jemand nach der Steuerabgabe in den USA zwei oder dreimal so viel verdient als in einem europäischen Land, dann ist das eine Herausforderung für Europa", so Poutvaara.

Auch Alexander Rabe, Geschäftsführer vom Verband der Internetwirtschaft, sieht darin ein Problem. Die Gehälter in deutschen Unternehmen seien nicht vergleichbar mit denen von amerikanischen. Um da mithalten zu können, müsse sich Europa als Einheit verstehen und nicht jeder Nationalstaat für sich arbeiten.

Aber die EU habe auch viele Vorteile zu bieten, so Panu Poutvaara. Effiziente Gesundheitsversorgung, öffentlicher Nahverkehr, günstige oder sogar kostenfreie Universitätsbildung – all das seien Stärken, die mehr in den Mittelpunkt gerückt werden sollten.

Einwanderungsdebatte stelle EU vor Herausforderung

Stattdessen werden die Vorteile oft davon überschattet, wie die Debatte über Einwanderung und die Integration internationaler Fachkräfte geführt wird. "Negative Einstellungen gegenüber Migranten sind natürlich eine große Herausforderung und machen Europa weniger attraktiv", so Panu Poutvaara. Das bemerkt auch Alexander Rabe: "Das überlegt man sich dreimal, wenn eine Diskussion in einer Gesellschaft und in einem Land negativ aufgeheizt gegen ausländische Fachkräfte geht, ob man sich wirklich in diesem Land niederlassen möchte."

Eine Frage, die auch Vishnu beschäftigt. Er muss im Februar entscheiden, ob er einen dauerhaften Aufenthaltstitel beantragen und in München bleiben will. Er würde gern hier bleiben, schaut aber mit Sorge auf die bevorstehende Wahl. Wenn mit der neuen Bundesregierung Einbürgerungsprozesse erschwert werden sollten und er sich in Deutschland nicht mehr willkommen fühlen sollte, wären das Gründe für ihn, zu gehen.

Im Video: Fränkische Firma löst Helfermangel mit Asylbewerbern

Männer bei der Arbeit.
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