Krise bei BayWa verschärft sich
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024

Krise bei BayWa verschärft sich

Per Mail sharen
Artikel mit Video-InhaltenVideobeitrag

Schuldenberg und rote Zahlen: Krise bei BayWa verschärft sich

Im vergangenen Jahr feierte der Münchner Mischkonzern BayWa noch sein 100-jähriges Jubiläum mit viel Pomp, Rekordgewinn und Sonderdividende. Doch die Party ist vorbei. Die Schwierigkeiten sind offensichtlich größer als angenommen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Münchner Mischkonzern BayWa steckt in der Schuldenfalle. Der Vorstand sah sich nun zu einer Pflichtmitteilung genötigt. Demnach sind die Verbindlichkeiten des Unternehmens so hoch, dass ein Sanierungsgutachten notwendig ist.

BayWa leidet unter hoher Verschuldung

Der Vorstand hat jetzt eingeräumt, dass die Finanzierungslage von Deutschlands größtem Agrarhändler "angespannt" ist. Den Konzern drückt ein Schuldenberg in Höhe von 5,8 Milliarden Euro. Der Vorstand versucht seit Monaten, die Lage in den Griff zu bekommen. Das Unternehmen schreibt darüber hinaus rote Zahlen. Neben den rasant gestiegenen Zinsen leidet die BayWa unter schwächeren Ernten im vergangenen Jahr, dem Preisverfall bei den Solarmodulen und der anhaltend schwachen Baukonjunktur.

Unter anderem soll nun das verlustreiche Solar-Handelsgeschäft verkauft werden, um mit dem Erlös die Schulden zu drücken. Allerdings ist es bei der derzeitigen Lage in der Solarbranche offensichtlich sehr schwierig, einen Käufer zu finden, der bereit ist – wie vom Vorstand erhofft – für diese Sparte 1,3 bis 1,8 Milliarden Euro zu bezahlen.

Frage, wie es nun weitergeht

Der Vorstand hatte eigentlich versprochen, dieses Jahr für die Konsolidierung zu nutzen und wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Nun muss allerdings ein Sanierungsgutachter an Bord geholt werden. Und es wird spannend zu sehen, ob und wie die Geschäftsführung ihr Ziel erreichen wird. Der Vorstand gehe aufgrund konstruktiver Gespräche mit Finanzierungspartnern und der eingeleiteten Maßnahmen davon aus, dass die Finanzsituation nachhaltig gestärkt werden könne, heißt es in der kurzen Pflichtmitteilung. Nähere Informationen gibt es dazu nicht.

Aktuell hat die BayWa AG in ihren zahlreichen Geschäftsbereichen im In- und Ausland noch mehr als 24.000 Mitarbeiter. Doch schon jetzt scheint klar, dass es ohne Stellenabbau nicht geht. Auch einzelne Standorte stehen offenbar auf der Kippe. Bei der Geschäftsführung geht man noch davon aus, "sozialverträglich" Stellen streichen zu können. Das jedenfalls hatte BayWa-Chef Marcus Pöllinger auf der Hauptversammlung versprochen.

Führungsstreit sorgte zusätzlich für Unruhe

Der frühere BayWa-Chef Klaus Josef Lutz, der nach wie vor Präsident des Bayerischen Industrie- und Handelskammertages ist, soll mit seinem schuldenfinanzierten Expansionskurs für die aktuelle Lage verantwortlich sein. Das Verhältnis zu seinem Nachfolger Pöllinger gilt als eisig. Ein Führungsstreit zwischen ihm und Lutz, der zeitweise auch Aufsichtsratsratschef der BayWa war, sorgte Anfang des Jahres für Schlagzeilen. Der Aufsichtsrat musste sich mit Compliance-Vorwürfen gegen Pöllinger beschäftigen. Das Kontrollgremium sprach ihm nach einer Sitzung das uneingeschränkte Vertrauen aus. Dafür warf überraschend Lutz das Handtuch. Der Abgang wurde vom Vorstand mit eisigem Schweigen quittiert. Und auch heute noch weicht Pöllinger Fragen nach seinem Vorgänger aus.

Anleger sind sauer

Doch Anteileigner haben wohl ihre Zweifel. So hat die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) die Anleger dazu aufgerufen, ihre Interessen zu bündeln. Die Situation bei der BayWa sei deutlich kritischer als bisher angenommen. Die hohe Verschuldung sei ein sehr erstens Problem. Anleihegläubiger bräuchte nun eine starke gemeinsame Vertretung, damit sie im Zuge der nun stattfindenden Sanierung nicht die Leidtragenden seien.

Die Vizepräsidentin der DSW, Daniela Bergdolt ist enttäuscht von Vorstandschef Marcus Pöllinger und seinem Team. "Ich bin vollkommen überrascht. Ich kann es überhaupt nicht verstehen, was sich jetzt innerhalb der kurzen Zeit so geändert hat, dass die Aussagen, die man auf der Hauptversammlung gemacht hat, auf einmal nicht mehr gültig sind. Dass die Zinsen hoch bleiben, das hätte man eigentlich wissen müssen. Und dass die Schuldenlast drückt, das wusste auch jeder", so Bergdolt.

Und trotzdem hatte der Vorstand bis jetzt versprochen, dieses Jahr für die Konsolidierung zu nutzen und wieder schwarze Zahlen zu schreiben. Die Anleger scheinen zunehmend das Vertrauen zu verlieren. Der Aktienkurs spricht Bände. Der Titel hat seine Talfahrt beschleunigt, allein innerhalb eines Jahres hat sich der Kurs halbiert.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!