In einem Bürohochhaus sind am Abend zahlreiche Büros beleuchtet, in denen noch gearbeitet wird.
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Überstunden - nichts Ungewöhnliches. Oft werden sie besser vergütet. Jetzt schlägt der Finanzminister steuerliche Erleichterungen vor.

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Lindner will Überstunden steuerlich begünstigen: Bringt das was?

Lindner will Überstunden steuerlich begünstigen: Bringt das was?

Obwohl die Beschäftigung in Deutschland zunimmt, steigen die Arbeitsstunden nicht entsprechend. Oft ist Teilzeitarbeit der Grund. Um das Arbeitsvolumen zu steigern, schlägt Bundesfinanzminister Lindner steuerliche Entlastungen von Überstunden vor.

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FDP-Chef Lindner will mit Steueranreizen "Lust auf Überstunden" machen. In einem Beschluss der Parteispitze heißt es, für eine begrenzte Zahl von Überstunden und die damit verbundenen Zuschläge wäre es möglich, diese steuerfrei zu stellen. Ziel sei es, den Anreiz für Mehrarbeit zu erhöhen. So würde – das ist das übergeordnete Ziel – das gesamte Arbeitsvolumen in Deutschland erhöht werden.

DGB: Großteil an Überstunden wird nicht bezahlt

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) erklärt dazu, dass ein Großteil der Überstunden gar nicht bezahlt würde und damit auch nicht versteuert. Das Statistische Bundesamt meldete für das vergangene Jahr rund 1,3 Milliarden Überstunden in Deutschland, wobei es auch eine hohe Dunkelziffer geben dürfte. Laut DGB-Chefin Yasmin Fahimi ist der Lindner-Vorschlag deshalb "vollkommen wirklichkeitsfremd". Es gebe keinen Grund, die Arbeitsmoral der Beschäftigten infrage zu stellen. Bei den Überstunden habe sich vielmehr in den vergangenen Jahren "ein riesiger Haufen Geld angehäuft, den sich die Arbeitgeber in ihre eigene Tasche stecken."

Wer dagegen wirklich mehr Beschäftigung wolle, so Fahimi, der müsse dafür sorgen, dass bei Ehepaaren mit Kindern möglichst beide Partner berufstätig sein könnten, weil die Umstände das erlaubten. Es gehe in erster Linie um mehr Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder, nicht um Fragen der Besteuerung von Überstunden.

Arbeitskräftemangel vs. Wunsch weniger zu arbeiten

Der Mangel an Arbeitskräften wie Facharbeitern einerseits und der Wunsch vieler Beschäftigter weniger zu arbeiten andererseits stehen sich dabei gegenüber. Christian Lindners Idee, das zu ändern, wurde nicht nur von Gewerkschaften, sondern auch von der Opposition und den anderen beiden Ampelparteien, der SPD und den Grünen, umgehend zurückgewiesen. Auch Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung sagte: Überstunden könnten nicht die Lösung für die Probleme auf dem Arbeitsmarkt sein.

Experten sehen die Gefahr, dass mit einer steuerlichen Überstunden-Neuregelung weniger Vollzeit gearbeitet werde. Für einige Beschäftigte könnte es mit dem Lindner-Vorschlag effizienter sein, in Teilzeit zu arbeiten und mit zusätzlichen besser bezahlten und steuerbefreiten Überstunden sowie den Zuschlägen, die es dafür teilweise gibt, unterm Strich mehr für sich herauszuholen als bei einer normalen Vollzeitstelle. Für die Unternehmen wäre damit nichts gewonnen, es fehlten nach wie vor die gewünschten Arbeitskräfte – so sehen das Fahimi und Fratzscher.

Trotz Rekordbeschäftigung nehmen geleistete Arbeitsstunden kaum zu

Wenn sich die Menge der geleisteten Arbeitsstunden in Deutschland über die wachsende Erwerbstätigkeit hinaus erhöhen soll, müssten mehr Menschen Vollzeit arbeiten. Derzeit ist es so, dass die Zahl der Erwerbstätigen zwar zunimmt, auch bei Frauen und Rentnern. Aber viele von ihnen sind nur geringfügig oder in Teilzeit beschäftigt, sodass unterm Strich die geleisteten Arbeitsstunden gegenüber früheren Jahren trotz Rekordbeschäftigung kaum zunehmen. Es sind also mehr Menschen an Arbeit interessiert, die vorher eher nicht berufstätig waren. Das Interesse ist aber häufig nur auf kleinere Nebentätigkeiten gerichtet oder auf Teilzeitjobs.

Das gilt insbesondere für Frauen, von denen viele aus familiären Gründen nicht voll erwerbstätig sind. Dies ist für sie auch mit Nachteilen bei der Bezahlung, bei Karrierechancen und bei der späteren Altersversorgung verbunden. Damit Vollzeit für mehr Teilzeitbeschäftigte attraktiver wird, müssten die Rahmenbedingungen verbessert werden. Darüber sind sich die meisten Experten einig.

Mehr Kita-Plätze und die Möglichkeit einer ganztägigen Betreuung auch in der Schule gehören dazu. Dem steht entgegen, dass gerade in sozialen und pädagogischen Berufen wie bei Erzieherinnen und Erziehern oder bei Lehrerinnen und Lehrern der Fachkräftemangel besonders hoch ist.

Freizeitausgleich wird oft bevorzugt

FDP-Chef Lindner würde als Bundesfinanzminister mit seinem Vorschlag auf Steuereinnahmen verzichten, wenn die Arbeitnehmer mehr Überstunden machen. Gewerkschaften haben in Tarifverträgen mit Arbeitgebern viele Regelungen durchgesetzt, die Zuschläge für Mehrheit oder freie Tage vorsehen oder Arbeitszeitkonten, die jede Stunde erfassen sollen. So gibt es bereits finanzielle Anreize, mehr zu arbeiten.

Doch viele Beschäftigte wollen es trotzdem nicht. Sie lassen sich mit mehr Geld nicht locken und ziehen ihre Freizeit einer zusätzlichen Arbeitszeit vor. Das zeigen etwa Erfahrungen in der Metall- und Elektroindustrie, wo die IG Metall berichtet, dass gerade ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei entsprechender Wahlfreiheit in den Tarifverträgen meist den Freizeitausgleich wählen und nicht die zusätzlichen Stunden, für die es mehr Geld gibt.

Einen Vorteil könnte der Lindner-Vorschlag aber haben: Sollten Überstunden grundsätzlich in einer bestimmten Zahl steuerfrei gestellt werden, müssten sie vom Arbeitgeber erst einmal erfasst und dokumentiert werden. Damit würde der Druck auf alle Unternehmen zunehmen, geleistete und dann erfasste Überstunden auch tatsächlich zu vergüten, – wie das bei einigen Firmen bereits üblich ist.

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