Strom und Gas bleiben teuer - aber es gibt auch gute Neuigkeiten. Ab November dürfen die Grundversorger kein 'Preis-Splitting' mehr vornehmen. Das heißt: Neukundinnen und -kunden zahlen genauso viel für ihre Energie wie die Bestandskundschaft. Was genau einen Grundversorger von anderen Anbietern unterscheidet, und wie die eigenen Rechte geltend gemacht werden können, klären wir mit den wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.
- Zum Artikel: "Fallende Energiepreise: Wohl keine Entlastung für Verbraucher"
Was ist die Grundversorgung?
Der Grundversorger, das ist laut Bundesnetzagentur das Energieunternehmen, welches an einem Ort "die meisten Haushaltskund*innen mit Strom und/oder Gas beliefert". Das wird alle drei Jahre durch den jeweiligen Netzbetreiber erörtert und festgelegt. Wer Grundversorger ist, hat dann die Verpflichtung, alle Kunden und Kundinnen, die das wünschen, aufzunehmen und sie mit Energie zu versorgen. Einzige Ausnahme: Wenn eine Neu-Aufnahme wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen ist.
Ab 1. November dürfen Grundversorger kein Preis-Splitting mehr machen. Was heißt das?
Aus wirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll: Wer kurzfristig Neukunde beim Grundversorger werden möchte oder muss, zahlt für Strom und Gas mehr als die Bestandskundschaft. Schließlich steigt er oder sie zu einer Zeit ins Vertragsverhältnis ein, in der die Energiepreise historisch hoch sind.
"Aus Verbrauchersicht aber ist das eine große Ungerechtigkeit", sagt Eva-Maria Traupe. Die Juristin ist beim Verbraucherservice Bayern für Energiethemen zuständig. Viele, die jetzt in die Grundversorgung wechseln, haben gar keine andere Wahl. Ihre gewerblichen Anbieter sind vielleicht zu teuer geworden oder sogar pleitegegangen. Sie rechnen beim Vertragsabschluss mit den Preisen, die sie online einsehen können.
In einem Fall aus Pforzheim sollte ein Kunde fast 340 Prozent mehr für seinen Strom zahlen als die Bestandskundschaft beim gleichen Anbieter. Das hatte ein Gericht untersagt und seit Juli ist auch rechtlich geregelt, dass diese Ungleich-Behandlung nicht gerechtfertigt ist. Deshalb gilt ab dem 1. November: Alle Kundinnen und Kunden, die beim Grundversorger Strom und Wärme beziehen, zahlen denselben Preis – und zwar auch rückwirkend. Es kann sich also lohnen, anzufragen, ob eine Rückzahlung der mehrgezahlten Kosten möglich ist.
- Zum Artikel: "Energiepreise: Versorger fürchten verstärkt Zahlungsausfälle"
Inwiefern unterscheiden sich die Grundversorger von anderen Anbietern?
Lange galten diese Grundversorger als die teuren Anbieter. Tatsächlich werden dort auch oft höhere Abschläge aufgerufen als bei anderen, sogenannten 'wettbewerblichen Anbietern'. Allerdings hat das meist auch einen Grund: Alle Energieversorger müssen ihre Rohstoffe (also das Gas, beziehungsweise die Strommengen) lange im Voraus einkaufen. Das passiert an den sogenannten Energie- und Spotmärkten. Nun haben das die günstigen Energieversorger oft so gemacht, dass sie zu möglichst günstigen Konditionen eingekauft haben – schnell und billig, das ist deren Devise.
Die Grundversorger hingegen müssen wegen ihres besonderen Auftrags – alle haben ein Recht auf deren Anschluss – in der Regel langfristiger planen. Dadurch wird der Energie-Einkauf zwar im Mittel etwas teurer, dafür können sie langfristiger die Energiepreise für die Kundschaft garantieren.
Diese Vorgehensweise zahlt sich in der aktuellen Situation aus: Manche Discount-Anbieter mussten in der Vergangenheit ihrer Kundschaft die Verträge kündigen, weil die vorher eingekauften Energiemengen nicht mehr genügten und die aktuell gültigen Preise zu hoch geworden waren. Die Grundversorger hingegen können ihre Kundschaft weiterhin beliefern, aber auch hier werden so gut wie überall die Preise angehoben.
Woher weiß ich, wer mein Grundversorger ist?
Bei der Bundesnetzagentur gibt es eine Auflistung, mit der der örtliche Netzbetreiber mittels Postleitzahl herausgesucht werden kann. Ein Anruf dort kann dabei helfen, herauszufinden, ob der jeweilige Haushalt aktuell beim Grundversorger gemeldet ist oder woanders.
Die Preistabellen müssen die Grundversorger wegen ihrer besonderen Verantwortung übrigens möglichst transparent kommunizieren. Das heißt: Die Preise finden sich online, müssen aber auch telefonisch oder kostenlos per Post angeboten werden.
Inwiefern unterscheidet sich die Grundversorgung von der Ersatzversorgung?
Die Ersatzversorgung läuft auch über den Grundversorger, ist aber eine Art Notversorgung. Die kommt dann ins Spiel, wenn der wettbewerbliche Anbieter Insolvenz anmeldet oder wenn wegen der gestiegenen Energiepreise ein Vertrag gekündigt wird, ohne dass der Kunde oder die Kundin einen neuen Anbieter findet.
In so einem Fall kommt der Kunde beim Grundversorger in die Ersatzversorgung. In der Ersatzversorgung dürfen allerdings andere Preise gelten als bei einem gewöhnlichen Grundversorgungs-Vertrag. Denn der Grundversorger darf sie an den Börsenpreisen ausrichten und auch ohne Ankündigung zum 1. oder 15. eines Monats anpassen. Erst nach drei Monaten kann der Kunde dann in die Grundversorgung aufgenommen werden.
Es gibt allerdings auch Fälle, in denen Kundinnen und Kunden schon früher aus der Ersatzversorgung in die günstigere Grundversorgung gekommen sind, heißt es beim Verbraucherservice Bayern. "Fragen kostet ja nichts", sagt Eva-Maria Traupe dazu. Auch hier kann sich also ein Anruf beim Versorger lohnen.
- Zum BR24 Energie-Update: "Wie heizen wir in Zukunft? Woher kommt der Strom?"
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!