Wegen außergewöhnlich milden Temperaturen und des damit verbundenen Schneemangels hatten Bayerns Skigebiete schon Anfang Januar den Betrieb einschränken müssen. Eine ähnliche Situation gab es zuletzt vor sieben Jahren, als sich der Saisonstart wegen ungewöhnlich hoher Temperaturen sehr verzögerte. Für eine verlässliche Wintersaison liegen die Skigebiete in den bayerischen Alpen zu niedrig.
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Skischulenbesitzer: Zukunft ungewiss
Klaus Storch ist mit 72 Jahren im Winter noch jeden Tag auf der Piste. Sein Job: Skilehrer – und das schon seit 50 Jahren. Er ist der Besitzer der Skischule Bayrischzell am Sudelfeld. Ursprünglich hatte er Koch und Konditor gelernt und als junger Mann ein Restaurant geführt. Doch dann folgte er seiner inneren Stimme und ging auf die Piste, um anderen das Skifahren beizubringen.
"Das ist für mich alles", sagt Storch. "Ich würde es gerne solange machen, wie meine Beine mitmachen. Es ist einfach nur ein Glücksgefühl, wenn ich nur die Möglichkeit habe, dass ich das machen darf. Es ist so, dass die Skifahrerei einfach freimacht, einfach locker macht." Klaus Storch ist bei jedem Wetter draußen, doch der Klimawandel ist unaufhaltsam. Ohne Schneekanonen ist Skifahren in den bayerischen Alpen kaum mehr möglich. Doch das kostet viel Energie. Klimaaktivisten und Naturschützer kämpfen dagegen.
Klaus Storch hat den Verleih und die Skischule Bayrischzell vom Vorbesitzer übernommen. Es ist die älteste Skischule Deutschlands mit mehr als 100 Jahren Geschichte. Bis zu 40 Skilehrer sind im Einsatz. Doch Klaus Storch will eigentlich schon nicht mehr, er wollte schon alles verkaufen. Inzwischen hat er die Skischule an einen seiner Skilehrer verpachtet. Doch Storchs Enkelinnen Anna und Laura haben mittlerweile Interesse angemeldet. Die 14-jährige Laura gibt schon Skikurse für die "Zwergerl" und kann sich vorstellen, die Skischule einmal zu übernehmen – auch wenn die Zukunft wegen des Klimawandels ungewiss ist.
Wintersportorte abhängig vom Ski-Tourismus
Bayrischzell ist seit vielen Jahrzehnten abhängig vom Wintertourismus. Er ist der wirtschaftliche Motor der Gemeinde. Schon 1911 wurde eine Bahnverbindung dorthin gebaut. Mit dem Zug kamen schon damals die Wintersportler in Scharen. Bayrischzell blühte auf – vom Bauerndorf zum Winterparadies. In den Nachkriegsjahren wurden die ersten Liftanlagen gebaut, der Skitourismus wuchs stetig.
Inzwischen lockt das Sudelfeld mit 14 modernen Liftanlagen an schönen Tagen Tausende auf die Pisten – doch wie lange noch? Die Schneetage nehmen immer mehr ab, die Hänge bleiben zunehmend grün. Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnte die Schneedecke eine Höhenverschiebung von 500 bis 1.000 Meter nach oben erfahren, prognostizieren Forscher vom Institut für Erdbeobachtung. Für die niedrig gelegenen bayerischen Skigebiete würde das bedeuten: Skifahren ist in einigen Jahrzehnten kaum mehr möglich.
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Tourismuschefin: "Gesellschaft wird sich verändern müssen"
Das weiß auch die Tourismuschefin Stephanie Hintermayr. Sie will in Zukunft vermehrt auf das reine Naturerlebnis, die Ortsidylle und Winterwanderer setzen, um trotz Klimawandel den Tourismus am Laufen zu halten. "Die gesamte Gesellschaft wird sich verändern müssen, auch in ihrem Freizeitverhalten", so Hintermayr. "Ich denke aber, dass das ein langsamer Prozess ist, und das wird relativ natürlich wachsen. Und da werden wir mitwachsen."
Eine feste Größe im Wintersport ist der Skiclub Bayrischzell. Die Vorstände Lisa Zehentner und Marius Kornder machen sich Gedanken über die Zukunft des Sportvereins, der nach der Gründung 1922 inzwischen auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblickt.
Der Skiclub hat über die Zeit viele Stars hervorgebracht. Statt Ski fahren sie Snowboard, wie die Weltcupfahrerin Burgi Heckmair, oder fliegen durch die Luft, wie David Zehentner auf Freeski, oder machen Biathlon, wie die deutsche Meisterin Johanna Puff.
Skiclub-Vorstand: "Werden uns etwas anderes einfallen lassen"
"Es wird immer eine Form von Skiclub geben, also vielleicht nimmer in der Form, wie es jetzt ist, aber, in naher Zukunft definitiv", sagt Skiclub-Vorständin Lisa Zehentner. Was in 40 Jahren sei, könne niemand sagen. "Dann werden wir uns etwas anderes einfallen lassen, weil uns einfach der Sport mit den Kindern am Herzen liegt, und da werden wir flexibel sein", fügt Zehentner hinzu.
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"Natürlich es wird weniger werden", sagt Vorstand Marius Kornder. "Wir hoffen, dass es mit der Beschneiung in die Länge gezogen wird, es wird sich zeigen, man wird sich vielleicht neue Sachen überlegen müssen. Wie dass man ausweicht auf andere Sportarten." Bayrischzell lebt vom Wintersport, es ist eine Keimzelle großer Sportler. Klaus Storch und der Skiclub versuchen mit Herzblut den Winterbetrieb aufrecht zu halten, sehenden Auges, dass sich alles wandelt.
Mit Informationen von dpa.
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