Die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 ist erstmals ins All gestartet. Die Rakete hob gegen 21.00 Uhr (MESZ) vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana ab. Europas Raumfahrt will mit dem Start die Krise seines Trägerraketensektors hinter sich lassen und wieder einen eigenen Zugang zum Weltraum für Satelliten herstellen.
Die Ariane 6 ist das Nachfolgemodell der Ariane 5, die von 1996 bis Sommer 2023 im Einsatz war. Sie soll Satelliten für kommerzielle und öffentliche Auftraggeber ins All befördern und ist deutlich günstiger als ihre Vorgängerin.
Vorfall am Ende des Fluges
"Europa ist zurück", sagte der Chef der Europäischen Raumfahrtbehörde, Josef Aschbacher. Der Flug sei ein großer Meilenstein. "Ich bin persönlich erleichtert." Am Ende des Flugs - in der technischen Demophase - stoppte allerdings ein Hilfsantrieb. Anders als geplant wurden zwei Nutzlasten daher nicht ausgeliefert. Sie werden nun in der Oberstufe bleiben, die im All verbleibt. Durch den unplanmäßigen Vorfall konnte die an Bord befindliche Raumkapsel Nyx Bikini nicht auf den Weg gebracht werden.
Fracht aus Bayern mit an Bord der Ariane
Beim Jungfernflug gehörten zur Ladung auch die Satelliten OOV-Cube von Rapid Cubes aus Berlin und Curium One von Planetary Transportation Systems aus Kleinmachnow sowie die Test-Raumkapsel Nyx Bikini von The Exploration Company mit Sitz in Planegg bei München. Sie ist ein Prototyp des Raumschiffs Nyx, benannt nach der griechischen Göttin der Nacht.
Davon sind zwei Versionen in Planung: Nyx Earth soll einen Durchmesser von rund vier Metern haben, acht Tonnen wiegen und vier Tonnen Nutzlast in eine niedrige Erdumlaufbahn transportieren können. Im Mai 2024 wurde ein Vorvertrag für drei Nyx-Flüge zur geplanten kommerziellen Raumstation Starlab unterzeichnet. Die etwas größere Kapsel Nyx Moon soll einmal Fracht zum Mond bringen oder zu einer Raumstation in dessen Orbit.
Mit der Rakete Ariane 6 der ESA reist unter anderem die Test-Raumkapsel Nyx Bikini ins All.
Nyx Bikini ist jedoch viel kleiner als Nyx Earth und Nyx Moon. Der Prototyp hat einen Durchmesser von nur 60 Zentimetern und wiegt rund 40 Kilogramm. Er soll die technischen Funktionen sowie die aerodynamischen Eigenschaften der Raumkapsel bei der Rückkehr zur Erde testen. Am Ende des Fluges der Ariane 6, wenn deren Oberstufe mit etwa 28.800 Kilometer pro Stunde um die Erde fliegt, wird Nyx Bikini abgetrennt. Wenn die Kapsel in die Erdatmosphäre eintritt, wird sie voraussichtlich über 2.100 Grad Celsius heiß werden.
Nyx Bikini: Schnell entwickelt und günstig gebaut
Nyx Bikini wurde in nur neun Monaten entwickelt, und das laut Hersteller für weniger als zwei Millionen Euro. Das ist ziemlich schnell und verhältnismäßig günstig. Möglich war das, weil für die Kapsel herkömmliche Bauteile verwendet wurden und nicht Spezialanfertigungen für die Raumfahrt.
Die Avionik, die Elektronik des Raumfahrzeugs, stammt zum Beispiel aus der Drohnentechnik. Sie ist zwar nicht für die Strahlung im Weltraum ausgelegt, aber da die Mission von Nyx Bikini nur etwa drei Stunden dauert, ist das Risiko gering, dass ein Ausfall schwerwiegende Folgen hat. Auch die Kommunikation funktioniert vergleichsweise simpel: Während des Sinkflugs zum Pazifischen Ozean kommt ein Standard-Satellitentelefon zum Einsatz.
Nyx Bikini wird auf die Ariane & montiert.
Nyx Bikini besitzt auch keine Steuerung. Um zu verhindern, dass die Kapsel umkippt und mit dem Hitzeschild nach hinten in die Atmosphäre eintritt, zwingen sie drei Flügelklappen, den Hitzeschild nach vorne zu wenden. Das ist riskanter, aber auch billiger als Lenktriebwerke. Der Hitzeschild besteht übrigens unter anderem aus Kork. Trotz großer Hitze verbrennt dieser beim Wiedereintritt nicht, wird aber von der Luft abgerieben.
Ziel: Wiederverwendbare Raumkapsel aus Europa
"Diese Mission ist ein erster Schritt auf dem Weg zu einer europäischen wiederverwendbaren Raumkapsel", sagt Hélène Huby, Geschäftsführerin von The Exploration Company. Sie kann auch erklären, warum die Kapsel Nyx Bikini heißt: "Der Name wurde scherzhaft gewählt, weil die Kapsel fast 'nackt' sein könnte, wenn sie bei der Rückkehr ins Wasser taucht. Und der Bikini war, als er in den 1960er-Jahren erfunden wurde, ziemlich innovativ."
Video: Ariane 6 bringt bayerische Raumkapsel ins All
Start der Ariane 6
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