Bild vom Start der SUNRISE I im Jahr 2009. Im Juni 2024 soll SUNRISE III in Nordschweden starten.
Bildrechte: Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) (S. Solanki)

Bild vom Start der SUNRISE I im Jahr 2009. Im Juni 2024 soll SUNRISE III in Nordschweden starten.

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Sunrise III: Teleskop an Ballon soll Bilder der Sonne liefern

Ein ungewöhnliches Observatorium soll im Juni 2024 am nördlichen Polarkreis starten: Ein an einem Ballon hängendes Teleskop wird in 37 Kilometern Höhe Aufnahmen der Sonne machen – und damit neue Erkenntnisse über den Himmelskörper sammeln.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Die Welt am Abend am .

Ein gewaltiger Ballon, an dem ein Observatorium hängt, soll im Juni 2024 in der nordschwedischen Stadt Kiruna abheben. 130 Meter – etwa die Größe von acht Fußballfeldern – beträgt allein der Durchmesser des Helium-Ballons. Das Observatorium selbst ist rund sieben Meter hoch. Mit an Bord sind ein etwa ein Meter hohes Teleskop, ein Bildstabilisator sowie weitere technische Geräte. Die Erwartungen an das Ballon-Observatorium Sunrise III sind hoch: Es soll detailgenaue Bilder von der Sonne machen und so neue Erkenntnisse über den Himmelskörper in unserem Sonnensystem liefern.

Sunrise III: Observatorium fliegt in Ballon bis nach Kanada

Läuft alles nach Plan, erreicht der Ballon nach etwa drei Stunden eine Höhe von 37 Kilometern. Zum Vergleich: Der Mount Everest ist etwa 8.000 Meter, also 8 Kilometer, hoch. Der Ballon befindet sich dann in der Stratosphäre, dem zweiten von insgesamt fünf Stockwerken der Atmosphäre. Das schwebende Observatorium soll dann von Polarwinden über Grönland bis nach Kanada geleitet werden. Kommt das Observatorium dort nach fünf bis sieben Tagen an, wird der Ballon durch eine Sprengladung vom Fallschirm und dem Observatorium abgeschnitten. Im besten Fall sinkt das Observatorium, also das Teleskop und die restliche Technik, dann mithilfe eines Fallschirms unbeschadet zu Boden.

Während seines Fluges soll Sunrise III hochauflösende Aufnahmen von der Sonne machen und bereits Daten an das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen schicken. An der internationalen Mission waren neben deutschen Forschungseinrichtungen auch internationale wie die Johns-Hopkins-Universität in den USA und ein spanisches Konsortium beteiligt.

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Grafik: Geplanter Flugverlauf der Sunrise III 2022.

Sunrise III startet am Polarkreis: 24 Stunden Sonnenlicht

Der Ballon startet deshalb in Nordschweden, weil dort zu diesem Zeitpunkt die Sonne fast durchgängig scheint. Das sind gute Voraussetzungen für Aufnahmen des Himmelskörpers. "Wir hoffen auf kontinuierliche Daten fünf Tage lang, aber wenn wir eine Stunde lang diese hochauflösenden Beobachtungen durchführen können und diese kleinskaligen Prozesse anschauen können, dann ist es wissenschaftlich schon so interessant, dass die Mission als Erfolg gewertet werden kann", sagt Andreas Korpi-Lagg vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) und Projektleiter für Sunrise III gegenüber dem BR.

Wetter: Schwierige Startbedingungen für Sunrise III

Damit der Ballon überhaupt starten kann, muss aber auch das Wetter mitspielen: Es darf nicht regnen und am Boden sollte es windstill sein. Das ist auch der Grund, warum der Ballon frühmorgens, um vier Uhr, abheben soll. Gleichzeitig müssen die Polarwinde in der Stratosphäre stark genug sein, damit der Ballon in Richtung Kanada schwebt. Ein Startversuch in der letzten Maiwoche 2024 musste bereits wetterbedingt abgebrochen werden. "Wir hoffen sehr, dass wir nicht wieder wie vor zwei Jahren bis Anfang Juli auf den Start warten müssen", erklärte Projektmanager Andreas Korpi-Lagg in einer Mitteilung [externer Link] des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung.

Sunrise war bereits zweimal in der Stratosphäre

Ist der Flug erfolgreich, wäre es schon das dritte Mal, dass Sunrise Aufnahmen unserer Sonne liefert: Bereits 2009 und 2013 hat das ballonartige Observatorium in der Stratosphäre Bilder geschossen. Ein weiterer Flug vor zwei Jahren scheiterte jedoch an Technikproblemen und musste nach dem Start abgebrochen werden. Die vergangenen zwei Jahre haben die Wissenschaftler und Techniker an der Instandsetzung des Observatoriums gefeilt. Nun soll im vierten Anlauf wieder alles glattgehen – und der vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) entwickelte Ballon den Forschern neue Erkenntnisse über die Sonne verschaffen. Aus den Daten von Sunrise I und II sind bereits rund 100 Studien entstanden.

Vorteile des Ballons: Gute Bedingungen für Aufnahmen der Sonne

Den Forschern zufolge hat es gleich mehrere Vorteile, einen Ballon mit einem Observatorium für Aufnahmen in die Luft zu schicken. Ein Grund: Ein Großteil der UV-Strahlung wird durch unsere Atmosphäre [externer Link] gestoppt. Da der Ballon oberhalb der Ozonschicht schwebt, kann das Teleskop auch die für die Forschung interessante ultraviolette Strahlung untersuchen.

Ballonflug in die Stratosphäre: Kein Luftflimmern

Der Nachteil von Teleskopen auf der Erde sei außerdem, dass die Luft nahe der Erdoberfläche die Aufnahmen stört. "Dieses Luftflimmern macht das Bild unscharf. Und je größer ich das Teleskop baue, desto größer wird die Unschärfe. Und wenn wir mit Sunrise in 37.000 Metern Höhe beobachten, dann vermeiden wir diesen Effekt. Und wir kriegen extrem scharfe Bilder in allen möglichen Wellenlängenbereichen, vom ultravioletten bis zum infraroten", erläutert Projektleiter Korpi-Lagg.

Ballonflug: Teleskop ist wiederverwendbar

Da der Ballon etwa 99 Prozent der Luftmasse der Erdatmosphäre hinter sich ließe, seien die Beobachtungsbedingungen nahezu wie im Weltraum, so der Experte. In dieser Höhe gebe es auch keine Wolken, die eine klare Sicht verhinderten. Ein weiterer Vorteil des Ballonfluges: Das Teleskop und die Technik an Bord könnten geborgen und, wenn nötig, repariert werden. Damit die Bilder hochauflösend sind und im Ballon nicht verwackeln, kommt ein Bildstabilisator zum Einsatz. Die Technik dieser Geräte hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert – und ist zudem günstiger geworden.

Teleskop an Ballon: Abläufe in der Sonne sollen untersucht werden

Die Aufnahmen von Sunrise III wird Erkenntnisse über die Abläufe in der unteren Sonnenatmosphäre liefern, zum Beispiel sollen die Prozesse in der Sonne besser einer Höhe der Sonnenatmosphäre zugeordnet werden. Auch das Sonnenmagnetfeld und Sonnenflecken sollen genauer untersucht werden: "Die Sonne ist derzeit sehr aktiv. Sonnenflecken treten häufig auf. Wir hoffen deshalb, diese Bereiche hoher magnetischer Feldstärke auch während des Fluges beobachten zu können", erklärt Prof. Dr. Sami Solanki, Direktor des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung und Leiter der Sunrise-Mission in einer Mitteilung [externer Link].

Magnetfelder spielen eine wichtige Rolle für die Abläufe in der Sonne, zum Beispiel deren elfjährigen Zyklus. "Alle 11 Jahre haben wir ein solares Maximum. Man hat es jetzt sehr schön gesehen in den letzten Tagen: Das Maximum ist so stark, dass über diese Sonnenstürme sogar Polarlichter bis nach Deutschland runter erscheinen", so Projektleiter Andreas Korpi-Lagg.

Sunrise III: Neue Erkenntnisse über Sonnenflecken

Die Forscher wollen mithilfe der Aufnahmen auch erforschen, wie Sonnenflecken [externer Link] an der Oberfläche der Sonnenatmosphäre genau entstehen. Diese sorgen für gewaltige Eruptionen an der mit 6.000 Grad Celsius verhältnismäßig kühlen Sonnenoberfläche. Ein Ziel sei außerdem, die Prozesse besser zu verstehen, die zu einer Aufheizung der Korona, dem leuchtenden Kranz um die Sonne, führen. "Diese Aufheizung der Korona ist immer noch ein grundlegendes Problem, das nicht verstanden ist, und das versuchen wir mit diesen Messungen auf höchster räumlicher Auflösung zu klären und hoffen, dass wir mit Sunrise hier wirklich einen entscheidenden Schritt weiterkommen zur Lösung dieser Frage", fasst Andreas Korpi-Lagg vom Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung zusammen.

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