Intensivstation des Klinikums Leipzig in Sachsen während des Corona-Jahrs 2021.
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Waltraud Grubitzsch

Das Coronavirus sorgte besonders in den Jahren 2021 und 2022 für eine relativ hohe Übersterblichkeit, mit deutlichen regionalen Unterschieden.

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Corona-Studie zu Übersterblichkeit: Bayerns Osten mehr betroffen

Während der Corona-Jahre 2020 und 2021 sind in Europa insgesamt mehr Menschen gestorben als in einem vergleichbaren Zeitraum der Jahre zuvor. Dabei hat es aber regional große Unterschiede gegeben – auch in Bayern.

Über dieses Thema berichtet: Aus Wissenschaft und Technik am .

In Osteuropa war die Sterblichkeit in den Corona-Jahren 2020 und 2021 deutlich höher als in Westeuropa. Dieses starke Ost-West-Gefälle in Europa zeigt eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung [externer Link] gemeinsam mit einem französischen Institut. Konkrete Ursachen für die Unterschiede kann die Studie nicht belegen, aber sie liefert zumindest Hinweise.

Übersterblichkeit – verlorene Lebensjahre

In ihrer Studie prognostizierten die Forschenden zunächst, wie lange die Menschen ohne Covid-19 gelebt hätten. Das Ergebnis setzten sie in Bezug zur tatsächlichen Sterblichkeit während der Corona-Jahre 2020 und 2021. Sie konnten auch zeigen, in welchem Ausmaß die einzelnen europäischen Regionen in dieser Zeit von der Pandemie betroffen waren. Insgesamt stellte sich eine "beachtliche Übersterblichkeit" durch Corona heraus, die sie als "verlorene Lebensjahre" bezeichnen. Die Daten der Studie waren nach dem Alter der Menschen standardisiert. So konnten die Regionen unabhängig vom Alter verglichen werden.

"Coronavirus kennt keine Grenzen"

Pavel Grigoriev, einer der Autoren, betont, dass die Geografie bei einer Pandemie eine wichtige Rolle spielt: "Ein Virus kennt keine Grenzen. Es ist wichtig, die Ausbrüche und Übertragungswege in den Regionen zu identifizieren, um die richtigen politischen Maßnahmen zu ergreifen." Die Daten haben Grigoriev und sein Team in Karten aufbereitet, die klar die Sterblichkeit in Norditalien zu Beginn der Pandemie zeigen. Aber auch das große Ausmaß an Übersterblichkeit in Osteuropa. Und das habe auch Auswirkungen auf Bayern gehabt, so Grigoriev.

Ost-West-Gefälle der Übersterblichkeit – mit Folgen für Bayern

Er vermutet, dass die Nähe zu Tschechien dazu geführt habe, dass in Ostbayern die Übersterblichkeit relativ hoch war. Das kann sich auch der Epidemiologe und Gesundheitsforscher Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung gut vorstellen, wie er in einem Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk erläutert: "Trotz der zeitweisen Grenzschließung kommt es in solchen Grenzregionen zu mehr Kontakten und damit zu einer leichteren Ausbreitung."

Für Südostbayern hieß das beispielsweise: Pro tausend Einwohner kam es im Jahr 2021 zu einem Verlust von 30 Lebensjahren, das verringert statistisch die Pro-Kopf-Lebenserwartung um 0,03 Jahre. Zum Vergleich: In den letzten Jahren vor der Pandemie stieg die Lebenserwartung jährlich um 0,1 Jahre. Die Studien-Autoren sprechen daher von einem "beachtlichen" Verlust von Lebensjahren. Hajo Zeeb bestätigt, dass die Studie überzeugend aufzeige, wie deutlich die Pandemie für Übersterblichkeit gesorgt habe - "da ja immer noch einige, auch Politiker behaupten, da sei ja gar nichts gewesen".

Hinweise auf die Ursachen der Übersterblichkeit

Dennoch denkt Pavel Grigoriev, dass Bayern insgesamt relativ gut durch die Pandemie gekommen ist – trotz der Nähe zum starken Infektionsgeschehen in Osteuropa. Seine Analyse zeigt auch, dass die Pandemie zunächst die Städte betroffen hat und von dort dann in die ländlichen Regionen gegangen ist.

Und auch wenn die Studie keine kausalen Zusammenhänge von Wirkungen der Maßnahmen und Ursachen der Verbreitung des Virus herstellen kann, wie die Studienautoren selbst betonen, lässt sich doch aus der Kartendarstellung einiges herleiten, so Hajo Zeeb. Beispielsweise könne man die regional unterschiedlichen Impfquoten darüberlegen und sehe, dass eine niedrige Impfquote und hohe Sterblichkeit durchaus zusammenhängen.

Schnellere Verfügbarkeit von Daten bei künftigen Pandemien

Dennoch bleibt der Mangel, dass die Studie keine wissenschaftlichen Beweise für Todesursachen oder Auswirkungen von Maßnahmen treffen kann. Das liege auch an der schlechten Datenlage, auch in Deutschland, so Grigoriev: "Wir haben jetzt 2024 und schauen auf Daten aus 2020 und 2021 – die sind zu spät gekommen." Die Daten sind außerdem nicht verlinkt, wie auch Hajo Zeeb kritisiert: "Bei uns ist das Zusammenführen von Krankenkassen-Daten und Impfdaten nicht möglich – da hält der Datenschutz vieles auf."

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