Riesige Sanddünen, Kamele und vereinzelt Oasen: So sieht das Klischee einer Wüste aus - weit weg, irgendwo in Afrika. Tatsächlich ist Afrika von der zunehmenden Wüstenbildung stark betroffen - aber nicht nur. Auf Europa entfallen inzwischen sechs Prozent der weltweiten Trockengebiete.
Wüstenbildung in Italien und Spanien
Beliebte Urlaubsländer wie Italien oder Spanien leiden unter der sogenannten Desertifikation. Klimawandel und menschliche Aktivitäten verschlechtern die Böden, wodurch wüstenähnliche Verhältnisse entstehen. In Spanien sind laut EU-Kommission bereits 40 Prozent der Fläche betroffen, in Italien ist ein Drittel der Fläche von Austrocknung und Bodenverarmung bedroht. Nicht nur Sizilien trocknet aus, auch die weiter nördlich gelegene Po-Ebene kämpft mit Wasserarmut.
Wo auf der Erde gibt es Desertifikation?
Nach UN-Angaben betreffen die Effekte der Desertifikation weltweit 1,5 Milliarden Menschen in 169 Ländern. Laut Bundeszentrale für politische Bildung entstehen pro Minute 23 Hektar Wüstenflächen neu, pro Jahr sind es über 50.000 Quadratkilometer. Insgesamt besteht fast ein Drittel der Landflächen der Erde aus Wüsten - und diese wachsen stetig. Die Prognosen stimmen nicht gerade optimistisch, wie diese Animation zeigt.
Im Video: Welche Folgen haben die weltweit wachsenden Wüsten?
Welche Gründe gibt es für die Desertifikation?
Es gibt vielfältige Gründe, warum sich Wüsten weltweit immer mehr ausbreiten oder neu entstehen:
- Die globale Erwärmung trägt zum Wachstum der Wüsten bei. Ökologinnen und Ökologen sehen eine Ursache im Zusammenspiel aus Klimawandel, Dürre und Wassermangel.
- Wirtschaftliches Streben führt von dazu, dass Grünflächen und Wälder verlorengehen: für intensive Landwirtschaft, Industriebetriebe oder Straßenbau.
- Außerdem spielt die Bevölkerungsexplosion eine wichtige Rolle. Immer mehr Menschen brauchen Brennholz, Ackerflächen und Wohnungen, wodurch Wälder und andere ökologisch wertvolle Flächen verschwinden und sich Wüsten ausbreiten können.
- Die Landwirtschaft mit Viehhaltung und Ackerbau führt dazu, dass sich der Boden lockert und erodiert. Das Vieh frisst schützende Pflanzenschichten. Auch falsche Ackerbautechniken oder zu kurze Ruhezeiten für die Anbauflächen führen dazu, dass der Boden seine Nährstoffe verliert, was zu geringerem Pflanzenbewuchs und damit zu Erosionen führt.
- Um den Wasserbedarf der Bevölkerung zu decken, die Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen zu sichern und Wasser, das für den Tourismus benötigt wird, zu gewinnen, werden der Natur immense Wasserressourcen entzogen. So entstehen nach und nach auch in Europa wüstenähnliche Verhältnisse.
- Die Desertifikation kann fortschreiten durch Windböen, Wassermangel und Versalzung der Böden. Die Ursachen dafür sind menschengemacht: Überweidung, Übernutzung, Abholzung und falsche Bewässerungsmethoden.
Was kann man gegen Desertifikation tun?
Es gibt einige Ideen und Maßnahmen, um die Wüstenbildung zu stoppen. Manche sind noch in der Entwicklung, andere werden oder wurden bereits umgesetzt. Grundsätzlich ist ein Umdenken gefordert. Der einzelne kleine Bauer kann das Problem kaum lösen. Es wären langfristige staatliche Programme und viel Geld nötig. Denn einen Mosaikstein, zum Beispiel die Tierhaltung, deutlich zu reduzieren, kann ohne Ausgleich der finanziellen Verluste der Schäfer nicht geleistet werden, deren Existenz sonst gefährdet wäre.
- Wichtig wäre eine nachhaltige Landwirtschaft, die den Boden nicht auslaugt. Außerdem Wasser sparen, etwa durch Tröpfchenbewässerung.
- Ein Ansatz ist auch, robuste Pflanzen in der Landwirtschaft zu verwenden, die einen salzhaltigen Boden gut vertragen und dürreresistent sind.
- Aufforstungsprojekte sind wichtig. Bestehende Wälder sollten nicht weiter abgeholzt werden. Bäume und Sträucher können als grüne Mauer gegen die fortschreitende Wüstenbildung angepflanzt werden.
- Möglich ist auch, mit Sonnenenergie Wasser zu entsalzen, um für Mensch und Tier Wasserreserven zu erhalten.
- Die 50 am wenigsten entwickelten Länder der Welt machen rund zwei Drittel der desertifikationsgefährdeten Landflächen aus. Auch Armutsbekämpfung trägt zu einer nachhaltigen Landnutzung bei.
Internationale Initiativen gegen Wüstenbildung
Einzelne Forschungs- und Versuchsprojekte sind das eine - internationale Bemühungen das andere. Mit der Initiative "Land Degradation Neutrality" (LDN) wollen die Vereinten Nationen gegen die zunehmende Desertifikation vorgehen. Ziel der "Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung" ist es, für gesunde Böden zu sorgen. Dazu gehört, wieder mehr Büsche und Pflanzen anzubauen. Insbesondere der Erhalt und die Aufforstung der Wälder sind wichtig, um Kohlendioxid zu binden und Windgeschwindigkeiten zu reduzieren. Das beugt vor, dass Boden erodiert und verwüstet. Letztlich hilft auch die Eindämmung des Klimawandels gegen die Ausbreitung der Wüsten.
Aufforstung: Grüne Mauer soll Wüstenausbreitung verhindern
Schon 2007 startete die Afrikanische Union mit Mitteln von EU und Weltbank ein ehrgeiziges Projekt: Vom Senegal im Westen bis Djibouti im Osten soll die Wüstenbildung mit einem riesigen, 8.000 Kilometer langen Waldgürtel - der "Great Green Wall" - gestoppt werden, sodass sich die Sahara nicht weiter auf dem afrikanischen Kontinent ausbreiten kann. An dem Projekt sind 21 Länder beteiligt.
Zum Beispiel hat sich Äthiopien mit dem Programm "Grünes Erbe" zum Ziel gesetzt, wieder mehr aufzuforsten. Das Land hat große Umweltprobleme wie Bodenerosion, Abholzung, Wüstenbildung, wiederholte Dürren, Überschwemmungen sowie Wasser- und Luftverschmutzung.
Abgeholzte Baumstümpfe zum Leben erwecken
Nicht Bäume pflanzen, sondern die unterirdischen Überbleibsel aus Rodungen wie Wurzeln und Stümpfe wieder zum Leben erwecken - damit hat der australische Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo den Süd-Niger wieder begrünt. Die Sahelzone, die sich quer über den afrikanischen Kontinent zwischen der Sahara und den Tropen zieht, breitet sich immer weiter nach Süden aus. Nichtsdestotrotz wurden hier über Jahrzehnte Bäume abgeholzt.
Rinaudo, der als Entwicklungshelfer nach Niger kam, fand baumlose Ackerflächen vor. Aber die Ackerflächen waren biologisch nicht kaputt, denn Baumwurzeln, Stümpfe und Samen hatten im Untergrund überlebt. In jeder Regenzeit entwickelten sie Triebe, die aber von den Tieren wieder abgefressen wurden. Rinaudo überzeugte die Bauern, die Triebe zu schützen, um ihr Land wieder zu begrünen.
Diese Methode, im Untergrund bereits vorhandene Bäume zu regenerieren, ist kostengünstiger, als neue Bäume zu pflanzen. Ein weiterer Vorteil: Die Bäume sind an die Region, an das Klima angepasst. So hat es der "Waldmacher", wie er von den Einheimischen genannt wird, geschafft, dass rund 50.000 Quadratkilometer mit mehr als 200 Millionen Bäumen wieder fruchtbar gemacht wurden. Tony Rinaudo inspirierte eine ganze Bewegung von Landwirten, die Sahelzone neu zu begrünen. Dafür bekam er 2018 den Alternativen Nobelpreis verliehen.
Weltatlas zur Wüstenausbreitung
Die EU-Kommission gibt den Weltatlas zur Wüstenausbreitung heraus, den World Atlas of Desertification. In den 20 Jahren seit der vorausgehenden Ausgabe verschwanden viele landwirtschaftlich genutzte Flächen und wurden zu Wüsten. Laut Atlas büßten 75 Prozent der Böden weltweit an Qualität ein, am stärksten in Afrika und Asien.
Die Vereinten Nationen haben für den 17. Juni den alljährlichen Welttag für die Bekämpfung der Wüstenbildung ausgerufen. Er findet seit 1994 statt.
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