Elektroautos sind umweltfreundlich - oder doch nicht? Immerhin fallen bei der Produktion von Batterien Schadstoffe an, und es werden Ressourcen verbraucht. BR24-Leser äußerten auf Facebook vielfach Zweifel an der E-Technologie.
Eine Userin meinte sogar: "Ich verstehe nicht, welchen Nutzen E-Autos haben sollen, die Herstellung der Batterien verschmutzt doch die Umwelt auch. …" Anlass der Diskussion war ein Artikel über Ladestationen für Elektroautos.
E-Autos und Klimaschutz: Kein CO2-Ausstoß beim Fahren
Autos belasten die Umwelt auf unterschiedliche Weise, zum Beispiel durch klimaschädliche Treibhausgase, Feinstaub oder den Verbrauch von Rohstoffen. Das Hauptargument für E-Autos ist, dass sie beim Fahren kein Kohlendioxid (CO2) – ein Treibhausgas - absondern.
Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 die Emissionen der Treibhausgase verglichen mit 1990 um mindestens 40 Prozent zu senken. Nach dem Klimaschutzbericht 2018 werden wohl nur 32 Prozent erreicht. Gerade beim Verkehr sieht es schlecht aus: Statt weniger fällt mehr CO2 an. Laut dem aktuellen Klimaschutzbericht stammen 18 Prozent der Treibhausgasemissionen Deutschlands aus dem Verkehr. Den Löwenanteil davon macht der Straßenverkehr mit 159 Millionen Tonnen CO2 aus.
E-Mobilität, um CO2 im Verkehr zu senken
Um den Ausstoß der Klimagase zu verringern, verfolgt die Bundesregierung gleichzeitig mehrere Ansätze – zum Beispiel Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene oder dass mehr Menschen mit dem Rad fahren oder zu Fuß gehen. Eine weitere Komponente ist laut Klimaschutzbericht der Ausbau der E-Mobilität.
Zur Erreichung deutscher Klimaziele
Hinrich Helms, Wissenschaftler am ifeu-Institut für Energie und Umweltforschung Heidelberg, ist überzeugt, dass die E-Mobilität hilft, deutsche Klimaziele zu erreichen. "Ohne den Einsatz erneuerbarer Energien sind die langfristigen Klimaschutzziele im Verkehr - nahezu CO2-Neutralität bis 2050 - nicht zu erreichen", sagte Helms zu BR24, "und hier bietet die direkte Nutzung von Strom die effizienteste Möglichkeit, erneuerbare Energien im Verkehr einzusetzen." Der Wissenschaftler des Institutes, das auch schon Studien für die Bundesregierung umsetzte, betonte: "Wichtig sind Elektroautos vor allem für die langfristige Perspektive."
CO2-Emission bei Batterieherstellung
Momentan trübt die Herstellung der Lithium-Ionen-Batterien die CO2-Bilanz der Elektro-Autos.
"Unsere aktuelle, noch nicht veröffentlichte Studie zeigt dabei, dass die Klimabilanz der Batterieherstellung entscheidend von den Produktionsbedingungen und Ländern abhängt. Heute gibt es noch zahlreiche Produktionsanlagen die keine Serienfertigung im großen Maßstab entsprechen." Hinrich Helms, ifeu-Institut.
Der Strom in den Herstellungsländern werde oft noch zu großem Anteil aus Kohle oder Erdöl erzeugt, was wiederum CO2 freisetzt. Daneben würde es auch schon effiziente Fertigungsanlage geben, die verstärkt auf erneuerbare Energien setzen.
Bei 150.000 Kilometern meist positive Klimabilanz für E-Autos
Auch heute schon werde der "Geburtsnachteil" des Elektroautos in der Regel während der Nutzungsphase ausgeglichen. "Dies liegt an der hohen Effizienz des Elektromotors und dem Einsatz erneuerbarer Energie in der Stromerzeugung", so Helms. Bei einer Lebensfahrleistung von 150.000 Kilometern erziele das Elektroauto in der Regel eine positive Klimabilanz gegenüber dem Verbrenner, im städtischen Einsatz schon deutlich früher.
Diese Zahlen passen mit denen des ADAC zusammen. Der Automobilclub brachte vergangenes Jahr eine große, vergleichende Studie zum Klima-Aspekt heraus und unterschied dabei nach Autogrößen. Bei Kompaktwagen und Kleinwagen hatte das Elektroauto bei 150.000 Kilometer Laufleistung die beste CO2-Bilanz vor Diesel und Benziner. Bei den großen Autos punktete der Diesel. Den Berechnungen wurde ein Strommix zugrunde gelegt, der zu 45 Prozent auf Kohle und zu 23 Prozent auf erneuerbaren Energien basiert. Für den Fall, dass der Strom zu 100 Prozent regenerativ ist, hatte in der Studie das E-Auto jeweils gegenüber Benziner, Diesel und Hybrid die Nase vorne.
Kritische Stimme aus Ingolstadt
Ein Wissenschaftler aus Ingolstadt sieht den Klima-Nutzen von E-Autos sehr kritisch. Für Professor Jörg Wellnitz von der Technischen Hochschule haben Elektroautos nur einen Vorteil, wenn zum Beispiel Städte wie Shanghai punktuell von Emissionen entlastet werden sollen. Insgesamt sei der Effekt beim CO2 "ganz gering", so der Lehrstuhlinhaber für Konzeptionellen Leichtbau. Denn: Der Anteil der 46 Millionen Pkw in Deutschland am CO2-Ausstoß betrage etwa zehn Prozent.
Selbst wenn es eine Million E-Autos auf deutschen Straßen gäbe, so Wellnitz, könne das CO2 maximal um etwas mehr als zwei Prozent reduziert werden. Und selbst das würde nur unter der Annahme gelten, dass das E-Auto ein Null-Emissionsfahrzeug wäre. Das ist es aber wegen seiner Herstellung und des Ladestroms nicht. Laut ADAC sind derzeit 97.000 E-Autos in Deutschland zugelassen.
Mehr Feinstaub durch E-Autos, weniger Stickoxid
Wie sieht es mit anderen Umweltbelastungen als CO2 aus? Beispiel Feinstaub: Betrachtet man Herstellung und Nutzungsphase zusammen, dann können laut dem ifeu-Wissenschaftler die Feinstaubwerte beim E-Auto zum Teil höher liegen als beim Verbrenner. Feinstaub entsteht bei der Herstellung eines jeden Autos, insbesondere durch die Stahlherstellung. Der Materialeinsatz ist beim E-Auto wegen der Batterie aber höher. Allerdings sei noch nicht gesagt, erläutert Helms, inwieweit die Bevölkerung diesem Feinstaub ausgesetzt ist. Denn die Batterieherstellung finde üblicherweise außerhalb von Stadtzentren statt.
Das Bundesumweltumweltministerium hat die Feinstaubemissionen – von der Herstellung über die Fahrt bis zur Entsorgung – betrachtet. Mit Stand 2016 hat das Elektroauto hier mit über 80 mg pro Kilometer den höchsten Wert im Vergleich zu Benziner, Diesel und Hybrid.
Bei Stickoxiden schneidet das Elektroauto – ebenfalls von Herstellung bis inklusive Entsorgung - heute besser ab als Diesel, Benziner und Hybrid: Das Elektro-Auto liegt bei etwas über 200 mg Stickoxid pro Kilometer, der Diesel bei etwas über 300 mg pro Kilometer.
Problemfall Batterie
Für die Herstellung der Batterien, die beim Auto nach demselben Prinzip gebaut sind wie bei E-Bikes und Handys, werden Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, Nickel und Graphit verwendet. Der Rohstoffaufwand ist hoch und schlägt deutlich negativ zu Buche. Um zum Beispiel Lithium zu gewinnen, wird sehr viel Wasser gebraucht. "Wasserentnahme und kumulierter Rohstoffaufwand liegen wegen der Batterie etwa doppelt so hoch wie beim Verbrenner", heißt es im Fazit einer Studie über Umweltwirkungen, die das Bundesumweltamt herausgab. In den kommenden Jahren könnte eine Besserung eintreten, wenn Batterien kleiner und leistungsfähiger werden und wichtige Materialien recycelt werden.
Bei den Batterien wird zum Beispiel daran gearbeitet, mit weniger Kobalt auszukommen. Erforscht werden auch Alternativen zur Lithium-Ionen-Technik. Auf Auto-Shows waren schon Prototypen mit Flusszellen-Batterien zu sehen, die über eine Art Salzwasser funktionieren.
Batterien von E-Autos haben nach Auskunft von Kurt Sigl, dem Präsidenten des Bundesverbandes eMobilität, bereits heute ein zweites Leben und werden danach recycelt. "Zweites Leben" heißt, dass die Batterien, wenn sie nicht mehr genügend Leistung fürs Auto bringen, überholt und dann zum Beispiel als Stromspeicher für Sonnenenergie eingesetzt werden. "Die halten dann noch mindestens 20 Jahre", so Sigl.
Fazit:
E-Autos werden von der Bundesregierung als eine von mehreren Komponenten angesehen, um den Straßenverkehr klima- und umweltfreundlicher zu machen. Batteriebetriebene Fahrzeuge haben Vor- und Nachteile. Im Verkehr geben sie zwar kein Kohlendioxid CO2 ab, doch bei der Herstellung fällt das Treibhausgas an. Wissenschaftler wie Hinrich Helm vom ifeu-Institut sehen die CO2-Bilanz von E-Autos bereits heute leicht im Plus und betonen die Zukunftsperspektive der E-Mobilität. Je mehr Ökostrom für die Herstellung und zum Fahren verwendet wird und je weiter Batterien und Produktion entwickelt werden, umso besser werde die Klimabilanz ausfallen.
Beim Rohstoff- und Wasserverbrauch schneiden Elektroautos heute schlechter ab als Autos mit Verbrennungsmotoren, bei Stickoxiden besser. In Diskussionen entsteht oft ein Contra von Verbrennungs- und Elektromotoren. Verkehrsplanungen der Bundesregierung sehen jedoch beides vor.