Darum geht es:
- Jeder Waldbrand braucht einen Auslöser. In vielen Fällen ist dies der Mensch.
- Aber: Auch der Klimawandel spielt eine wichtige Rolle. Er führt dazu, dass die Wälder durch die lange Dürre ausgetrocknet sind, Brände wahrscheinlicher werden und sich schneller ausbreiten.
- Auch in Europa und Deutschland häufen sich dadurch die Waldbrände
“Landkreis Kronach: Katastrophenfall nach Waldbrand aufgehoben”, “Waldbrände in Bayern: Im Flugzeug gegen die Flammen”, “Brände wüten weiter in Griechenland, Spanien und den USA”:
Fast täglich vermelden der Bayerische Rundfunk und andere Medien solche Nachrichten. In Bayern, in Deutschland, aber auch im Rest der Welt brechen in diesen Tagen und Wochen regelmäßig Waldbrände aus.
Auf Twitter und in den Kommentarspalten lösen die Brände hitzige Diskussionen aus: Hängt das mit dem Klimawandel zusammen? Oder sind an den Waldbränden vor allem Brandstifter schuld?
So schreibt ein Twitter-User unter einem Artikel über Waldbrände in Portugal: “Die brennen nicht wegen Trockenheit und Hitze, sondern weil jemand Feuer gelegt hat.”
Doch stimmt das? Gehen die meisten Waldbrände auf Brandstiftung zurück? Und welche Rolle spielt der Klimawandel?
Ein Brand braucht einen Auslöser
Richtig ist, dass ein Wald nicht von selbst Feuer fängt. Oder, wie es der Klimawissenschaftler Stefan Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung auf Twitter formuliert: “Nein, Hitze ist nicht der *Auslöser* von Bränden, sondern der Grund, warum die Vegetation brennt wie Zunder.”
Dem Mythos, dass der Wald bei hohen Temperaturen quasi von selbst anfange zu brennen, hat sich BR24 unter anderem in diesem Text gewidmet. Denn obwohl Wissenschaftler dem widersprechen, geben Polizei und Feuerwehr in Pressemeldungen oft “Selbstentzündung” als Brandursache an. Viele Medien - darunter auch BR24 - haben das zunächst unkritisch wiederholt.
Auch im Wald zurückgelassene Glasscherben können übrigens keinen Brand auslösen, wie dieser #Faktenfuchs zeigt.
Sicher ist also: Ein Brand braucht einen Auslöser. In "fast 98 bis 99 Prozent" der Fälle sei dieser Auslöser - zumindest hierzulande - ein Mensch, erklärt Johann Georg Goldammer, Feuerökologe am Freiburger Zentrum für globale Feuerüberwachung des Max-Planck-Instituts für Chemie.
Als Beispiel nennt er, dass "in der Landwirtschaft heiß gelaufene Maschinen ein Feld in Brand setzen und das Feuer von dort beispielsweise auch in den Wald hineinläuft". Ein oft überschätzter, aber möglicher Auslöser sei auch die achtlos weggeworfene Zigarettenkippe. Sehr viel seltener, nur in jährlich etwa ein bis drei Prozent der Fälle, entstünden Brände hierzulande durch einen Blitzeinschlag.
Neben der Fahrlässigkeit sei tatsächlich Brandstiftung einer der Hauptauslöser für Waldbrände, bei denen die Ursache bekannt ist, so Goldammer. So seien viele der Feuer, die im Juli 2022 in Brandenburg loderten, durch Brandstifter gelegt worden.
Das belegen auch Zahlen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Zwar konnte im Jahr 2021 für etwa die Hälfte aller Waldbrände in Deutschland die Brandursache nicht ermittelt werden. Aber die Hauptursache von Waldbränden, bei denen eine Ursache ermittelt werden konnte, stellt der Mensch dar. Im Jahr 2021 wurden knapp 17 Prozent der Waldbrände vorsätzlich verursacht (Brandstiftung). Fahrlässigkeit war die Ursache von etwa 23 Prozent der Brände.
Dass Brandstiftung zunimmt, lässt sich nicht belegen
Woran also liegt es, dass es derzeit so viele Waldbrände gibt? Brandstiftung und Klimawandel spielen beide eine Rolle. Immer wieder zünden Brandstifter den Wald an - der umso besser brennt, weil er wegen des Klimawandels ausgetrocknet ist.
Es gebe aber keinerlei Evidenz dafür, dass es heutzutage mehr Brandstiftung gebe als früher, sagt der Feuerökologe Goldammer. Das belegen auch die Zahlen aus der Waldbrandursachenstatistik des BMEL: Seit 1991 schwankt der Anteil der Brände, bei denen Brandstiftung als Ursache ermittelt werden konnte, zwischen etwa 15 und 30 Prozent. Ein klarer Trend ist nicht zu erkennen.
Klar ist dagegen: Die Waldbrandgefahr nimmt aufgrund des Klimawandels zu. Das bestätigt die Klimaforscherin Julia Pongratz, die an der Ludwig-Maximilians-Universität in München lehrt, im Gespräch mit dem #Faktenfuchs. In verschiedenen Berichten des Weltklimarats (IPCC) sei ganz klar dargelegt, “dass der Klimawandel eine immer stärker werdende Rolle dabei haben wird, die Feuerregime zu verändern”. Das Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) warnte Anfang 2022 davor, dass die Anzahl der Waldbrände aufgrund des Klimawandels bis zum Jahr 2050 um 30 Prozent steigen könne.
Dürre und hohe Temperaturen sind Folgen des Klimawandels
Doch wie genau hängen Klimawandel und Waldbrände zusammen? Das UNEP beschreibt in seinem Bericht eine Wechselwirkung: Auf der einen Seite würden Waldbrände durch den Klimawandel verschlimmert. Denn “Dürre, hohe Lufttemperaturen, niedrige relative Feuchtigkeit, Blitze und starke Winde” nehmen aufgrund des Klimawandels zu. Diese Faktoren wiederum machen Waldbrände wahrscheinlicher und begünstigen deren Ausbreitung.
Gleichzeitig heizen Waldbrände den Klimawandel aber auch selbst weiter an, erläutern die Autoren des UNEP-Berichts. Denn durch die Brände würden Ökosysteme wie Wälder verwüstet, die große Mengen an Kohlenstoffdioxid binden. Somit werde zusätzliches CO2 freigesetzt. Ganze Landschaften würden zu “Zündholzschachteln”.
Veränderte Niederschläge, längere Trockenheit, mehr Verdunstung
Der Feuerökologe Goldammer erklärt, was das für Deutschland bedeutet: Hier führe der Klimawandel dazu, dass sich die Verteilung von Niederschlägen verändert habe. Zwar regne es auf das Jahr betrachtet in Deutschland immer noch genauso viel, teilweise sogar mehr als früher, aber der Regen falle weniger konstant.
Statt dem für Deutschland eigentlich typischen “Landregen”, kommt es vermehrt zu Starkregenfällen. Das führe dazu, dass Böden und Wälder das Wasser nicht mehr richtig aufnehmen können: Der Grundwasserspiegel sinkt, die Wälder trocknen aus und fangen an abzusterben. Die Folge: Ein kleiner Brand findet jede Menge Zündstoff und kann sich schnell ausbreiten.
Hinzu kommt: Der Klimawandel führt zu Veränderungen bei den Großwetterlagen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Klimawandel mit dafür verantwortlich ist, dass der Jetstream ins Stocken gerät. Der Jetstream ist ein Starkwindband, das die gesamte Erde zwischen dem 40. und 60. Breitengrad - also etwa auf der Höhe zwischen Oslo und Madrid - umströmt.
Dabei entstehen Windgeschwindigkeiten von bis zu 500 Kilometern pro Stunde. Wenn diese Winde nun langsamer wehen, können sich Großwetterlagen länger halten. Denn anders als früher werden Hoch- und Tiefdruckgebiete von den kraftloser werdenden Winden nicht mehr so schnell weitergeschoben. Dürreperioden und Hitzewellen - die es auch vor Jahrzehnten schon gab - halten deshalb heute oft länger an als früher.
Und schließlich komme noch ein weiterer Faktor hinzu, ergänzt die Klimaforscherin Julia Pongratz: Bei höheren Temperaturen verdunste mehr Wasser, sodass Pflanzen und Bäume noch weiter austrocknen.
Die jährliche Brandfläche nimmt in Deutschland seit 1991 ab
Wichtig ist: Der Klimawandel erhöht die Gefahr für Waldbrände. Ob es dann aber tatsächlich zu einem Brand kommt, hängt auch noch von vielen anderen Faktoren ab. So gingen in vielen Regionen weltweit die Brände auch deshalb zurück, sagt Pongratz, weil der Mensch immer mehr Wälder abholzt und die freigewordenen Flächen für die Landwirtschaft nutzt.
Auch in Deutschland habe die jährliche Brandfläche seit dem Jahr 1991 immer weiter abgenommen, bestätigt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) per Email. Dieser Erfolg sei insbesondere der Vorsorge der hauptsächlich gefährdeten Bundesländer zu verdanken: Insbesondere mit Kamerafrühwarnsystemen “können Waldbrände früher entdeckt, schneller bekämpft und Schäden somit in ihrem Ausmaß geringer gehalten werden”.
Zudem bemühe man sich in Deutschland, die Wälder klimagerecht umzubauen, also etwa künstlich angelegte Nadelwälder, die in Deutschland dominieren, durch Laub- und Mischwälder zu ersetzen, die Feuern besser standhalten.
Allerdings: Auch in Deutschland gab es in den letzten Jahren auffällige Ausreißer. In den Jahren 2018 und 2019 etwa verbrannte ein Vielfaches der Fläche, die in den Vorjahren brannte. Das BMEL führt das auch darauf zurück, dass diese Jahre besonders trocken und heiß waren. Zudem seien besonders große Brände auf Flächen entstanden, in denen noch Munition im Boden lagerte. Das habe die Ausbreitung begünstigt und die Brandbekämpfung erschwert.
Auch 2022 scheint wieder ein Jahr überdurchschnittlicher Werte zu werden: Seit 1991 brannten in Deutschland im Durchschnitt rund 776 Hektar jährlich. Allein in Brandenburg sind bis zum 25. Juli dieses Jahres schon 950 Hektar Brandfläche registriert worden.
“Und dann brach plötzlich die Hölle los”
Lange Zeit habe man für Europa einen ähnlichen abnehmenden Trend beobachtet, sagt Stéphane Ourevitch, ein Experte vom Notfall-Management-Service des europäischen Erdbeobachtungssystems Copernicus (CEMS), das Brände mithilfe von Satelliten beobachtet. Während die Anzahl der beobachteten Brände dank besserer Erkennungsmethoden stieg, sei die insgesamt verbrannte Fläche dank effektiver Bekämpfungsmaßnahmen gesunken.
“Das war der Trend bis vor etwa zwei Jahren”, sagt Ourevitch. “Und dann brach plötzlich die Hölle los.” Im August 2021 habe es eine nie gesehene Anzahl von Waldbränden im Mittelmeerraum gegeben. Dieses Jahr würden die Rekorde noch einmal übertroffen. Und das, so Ourevitch, “nicht nur bei der Anzahl der Brände, sondern vor allem auch bei der Anzahl der Großbrände.”
Fazit
Richtig ist, dass Brandstiftung eine der häufigsten ermittelten Ursachen für Waldbrände in Deutschland ist. Denn jeder Brand braucht einen zündenden Funken.
Allerdings spielt auch der Klimawandel eine entscheidende Rolle: Er sorgt dafür, dass Wälder und Böden in den letzten Jahren aufgrund von seltenerem, aber heftigerem Niederschlag und länger anhaltender Hitze- und Dürreperioden häufiger mit Trockenheit zu kämpfen haben - und so die Waldbrandgefahr steigt.
Es gibt Experten zufolge in Deutschland jedoch ein effektives Feuermanagement und eine gute Waldbrandvorsorge, die dafür sorgen, dass die tatsächlich abgebrannte Fläche - trotz steigenden Risikos - über die letzten drei Jahrzehnte tendenziell kleiner geworden ist.
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