Die Kinderklinik am Klinikum Süd in Nürnberg ist für den vierjährigen Stefan mittlerweile ein sehr vertrauter Ort. Alle drei Monate kommt er mit seinen Eltern zur Kontrolluntersuchung zu Oberärztin Katja Knab. Seit rund zwei Jahren leidet Stefan unter Diabetes Typ 1. Bei den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen prüft die Ärztin, ob die Insulinpumpe richtig arbeitet. Stefan trägt sie unter dem Pulli an einem Gürtel. Über einen Schlauch und eine kurze Nadel in den Bauch gibt die Pumpe automatisch die entsprechende Menge an Insulin ab.
Schock-Diagnose Diabetes
Dr. Katja Knab ist sehr zufrieden mit ihrem kleinen Patienten. Seine Werte schwanken kaum. Mit der Insulinpumpe kommt der vierjährige Stefan gut klar und seine Eltern sehen über eine App, wie sich Stefans Blutzuckerspiegel über den Tag verändert. Mittlerweile hat die Krankheit in der Familie ihren Schrecken verloren. Vor zwei Jahren war das anders. Stefans Mutter kann sich noch genau erinnern, wie geschockt sie war, als die Mediziner im Klinikum Nürnberg die Diabetes- Erkrankung diagnostizierten. Damals hatte sie das Gefühl, die ganze Welt würde einstürzen, erzählt sie.
Eine häufige Stoffwechselerkrankung bei Kindern
Stefan ist keine Ausnahme. Nach Angaben der Deutschen Diabetes Gesellschaft leiden bundesweit rund 32.000 Kinder und Jugendliche an Diabetes Typ 1. Damit zählt diese Form der Zuckerkrankheit zu den häufigsten Stoffwechselerkrankungen im Kindesalter. Die Klinik für Neugeborene, Kinder und Jugendliche im Klinikum Nürnberg bietet für Betroffene und deren Familien spezielle Sprechstunden, Präventions- und Beratungsangebote an.
Oberärztin Dr. Katja Knab weiß, dass nach einer solchen Diagnose die ganze Familie lernen muss, mit der Krankheit des Kindes zu leben, die Blutzuckerwerte zu kontrollieren und dem Kind gleichzeitig so viel Freiheit wie möglich zu lassen. Besonders für Eltern von kleinen Kindern, die noch gar nicht verstehen können, was mit ihnen und um sie herum passiert, sei die Diabetes-Diagnose eine große Herausforderung.
Umfangreiche Hilfestellung in der Diabetes-Ambulanz
In der Diabetes-Ambulanz des Klinikums Nürnberg werden im Jahr rund 200 kleinere und größere Patientinnen und Patienten behandelt. Der jüngste Patient sei elf Monate alt, die ältesten 21 Jahre, berichtet Oberärztin Dr. Katja Knab. Zu dem Diabetes-Team um die Oberärztin gehören neben Fachärztinnen und Fachpflegekräften auch speziell geschulte Diabetesberaterinnen, Diätassistentinnen und eine Diplom-Sozialpädagogin.
Diabetes Typ 1 – das angeborene Schicksal
In den meisten Fällen kommen Kinder mit Diabetes Typ 1 ins Klinikum Nürnberg. Dabei handelt es sich um eine unheilbare Autoimmunerkrankung. Die genauen Ursachen dafür sind bis heute unklar. Bei Diabetes Typ 1 nimmt der Körper die insulinproduzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse als Eindringlinge wahr und zerstört sie. Ohne Insulin könne der beim Essen oder Trinken aufgenommene Zucker nicht aus dem Blut in die Körperzellen transportiert werden, erklärt Dr. Knab. Als Auslöser könnten Umweltfaktoren genauso beteiligt sein wie genetische Ursachen, so Knab weiter. Betroffene Kinder haben plötzlich großen Durst, sind müde und schlapp und müssen häufig auf die Toilette.
Diabetes gut behandelbar mit modernster Technik
In der Sprechstunde schult Dr. Katja Knab Kinder wie den kleinen Stefan und deren Eltern, aber auch Lehrkräften oder Kindergarten-Beschäftigten bringt die Medizinerin bei, Blutzucker zu kontrollieren und den Körper täglich mit der individuell angepassten Menge an Insulin zu versorgen. Sie gibt auch wertvolle Tipps zum Thema richtige Ernährung und Lebensweise.
Durch so genannte AID-Systeme – das sind Pumpen, die zusammen mit einem Gerät zur kontinuierlichen Blutzuckermessung die automatische Insulin-Dosierung übernehmen – bleiben den Betroffenen die bislang üblichen Spritzen und Pens erspart. Das Gerät ist kleiner als ein Smartphone und passt in jede Hosentasche. Kombiniert wird die Pumpe mit einem sogenannten rtCGM-System ("Real-Time Continuous Glucose Monitoring"). So wird der Blutzuckerspiegel in Echtzeit kontrolliert und dokumentiert. Je nach Messergebnis führt die Pumpe dem Körper die gerade notwendige Menge Insulin zu.
Künstliche Bauchspeicheldrüse
Die modernen Insulinpumpen seien heute wie eine Art künstliche Bauchspeicheldrüse, sagt Dr. Katja Knab. Der Körper erhalte damit immer zur richtigen Zeit die richtige Menge Insulin. Das sei einerseits sehr sicher, andererseits praktisch, weil die Kinder frei planen könnten, wann sie was essen.
Davon profitiert auch der vierjährige Stefan. Er kann genau die gleichen Sachen essen wie seine Freunde, auch Süßigkeiten. Die Pumpe versorgt ihn dann mit der nötigen Menge Insulin, damit sein Körper den Zucker auch abbauen kann. So kann Stefan ein völlig normales Leben führen und aufwachsen wie alle seine Freunde - trotz der Diabeteserkrankung.
Diabetes Typ 2 durch falsche Ernährung und Bewegungsmangel
Dr. Katja Knab beobachtet mit Sorge die steigende Zahl der Kinder und Jugendlichen, die häufig wegen falscher Ernährung und mangelnder Bewegung an Diabetes Typ 2 erkranken. Jedes Jahr sind das Studien zufolge rund 200 Kinder. Die Dunkelziffer ist hoch, weil viele unerkannte Fälle hinzukommen. Denn die Krankheit entwickelt sich meist schleichend und wird häufig zu spät erkannt.
Dr. Katja Knab leitet zusammen mit einem Kollegen im Klinikum Nürnberg auch die Adipositas-Beratungsstelle. Hier will sie Aufklärung betreiben. Denn mit der Zunahme adipöser Kinder steigt das Risiko von eigentlich vermeidbaren Diabetes- und Begleiterkrankungen wie Nierenschäden oder Augenleiden. Das könne vermieden werden, durch gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!