Wenn man Götz Brühl von den Rosenheimer Stadtwerken am Telefon zuhört, spürt man, dass er ein bisschen stolz ist auf seine Anlage, zufrieden allemal. Es geht um drei Groß-Wärmepumpen, die deutlich größer sind als die, die man üblicherweise von Wohnanlagen kennt. Sie bilden ein Kraftwerk, das insgesamt 4,5 Megawatt Wärme liefert: "Wir waren die Ersten und anfangs hatten wir auch ein paar Kinderkrankheiten; die sind behoben und jetzt sind wir sehr zufrieden."
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Die Wärme von Flüssen zum Heizen nutzen
Das Besondere: Die Pumpen nutzen die Abwärme des Wassers des heimischen Mühlbachs. Selbst wenn das Wasser im Winter kalt ist, enthält es Energie. Diese wird in der Anlage auf das Kältemittel Ammoniak übertragen, das dadurch verdampft. Die elektrisch betriebene Wärmepumpe verdichtet das Ammoniak-Gas, das sich dadurch aufheizt und dann Heizungswasser erwärmt, das über Fernwärmeleitungen an die Haushalte geht.
"Über ein Drittel bis gut die Hälfte der 40.000 Rosenheimer Haushalte können wir mit unserer Anlage versorgen", so Brühl. Allerdings gehören zur Gesamtanlage auch Gasmotoren und Elektrokessel, die ebenfalls Wärme liefern können.
Fernwärme auf regenerative Energie umstellen
Durch die Kombination der drei Techniken, so Götz Brühl, könne man flexibel und schnell auf Änderungen des Stromangebotes und des Preises reagieren, weil die Wärmepumpen schnell hoch- und runtergefahren werden können: "Wenn zu wenig Strom produziert wird, können wir mit der Kraft-Wärme-Kopplung zusätzlichen Strom produzieren und wenn Strom im Überfluss da ist, können wir die Wärmepumpe nehmen, um daraus Wärme zu gewinnen." Die Anlage sei somit wirtschaftlich und spare zugleich fossilen Kraftstoff und damit CO2-Emissionen.
Vorbild: Dänemarks Meerwasser-Wärmepumpe
In Dänemark denkt man noch größer: Im Hafen der Stadt Esbjerg wurden jetzt Wärmepumpen in Betrieb genommen, die 70 Megawatt zur Versorgung von 25.000 Haushalten erzeugen. Damit ersetzt die Stadt ihr altes Kohlekraftwerk. Zur Anlage gehören noch ein Holzheizkraftwerk und ein Elektrokessel. Angetrieben werden die Pumpen ausschließlich mit Strom aus Windkraft und als Abwärme dient das Wasser der Nordsee.
Dänemark baut noch weitere Anlagen dieser Größenordnung. Während in Deutschland manche Politiker die Förderung von Wärmepumpen in Frage stellen, wird in Skandinavien massiv in diese Technik investiert. Entwickelt und gebaut wurde die Anlage von Esbjerg von MAN Energy Solutions, das zu einem deutschen Konzern gehört.
Vorteil der Groß-Wärmepumpe
Michael Pehnt vom Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung mahnt, das Heizungsgesetz nicht zu ändern und nicht wieder Anbieter und Kunden zu verunsichern. Die Wärmepumpen-Technik sei die effizienteste Art, Wärme zu erzeugen. Aus dem eingesetzten Strom wird drei- bis fünfmal soviel Energie in Form von Wärme erzeugt. Besonders gut gelinge dies, wenn man die Abwärme von Gewässern nutzt. Groß-Anlagen können das zudem gut mit Flusswärme machen. Sie würden sich vor allem dort anbieten, wo Haushalte bereits an ein Wärmenetz angeschlossen sind, das der Anbieter auf erneuerbare Energie umstellen will. Dort müsse man keine neuen Fernleitungen bauen.
Eine sinnvolle Alternative sind sie auch dort, wo man ein Problem mit den Geräusch-Emissionen kleiner Wärmepumpen hat oder der Platz fehlt, um sie aufzustellen. Ansonsten seien auch kleine Wärmepumpen eine sinnvolle Lösung, so Pehnt.
Anstieg der Investitionen in Wärmepumpen
Laut dem Informationsdienst Statista wird in Deutschland allmählich mehr in diese Technik investiert. Wärmepumpen hatten 2023 demnach einen Marktanteil von 27 Prozent der abgesetzten Wärmerzeuger hierzulande. Und auch in Groß-Anlagen wird investiert. Der Energieversorger der Stadt Mannheim hat eine Flusswasser-Wärmepumpe für 15 Millionen Euro gebaut, die rechnerisch 3.500 Haushalte versorgt – mit der Energie des Wassers aus dem Rhein. Rhein-Wasser soll künftig auch Köln mit Wärme versorgen: Das Unternehmen RheinEnergie hat ebenfalls MAN beauftragt, eine Mega-Pumpe für die Wärmeversorgung von Köln zu bauen. Ab 2027 soll sie 150 Megawatt liefern und 50.000 Haushalte versorgen. Sie wird dann wohl die größte Wärmepumpe Europas sein.
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