Seit 25 Jahren gibt es Viagra und ähnliche Potenzmittel für den Mann. Wie funktioniert die blaue Pille? Was sind die Risiken, was die Vorteile?
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Viagra gibt es weiterhin nur auf Rezept in Apotheken.

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Potenzmittel Viagra bleibt rezeptpflichtig

Potenzmittel Viagra bleibt rezeptpflichtig

Sie ist das blaue Versprechen von sexuellem Glück und wichtige Hilfe bei Impotenz: die Viagra-Pille. Ein Expertengremium hat nun entschieden: Sie und andere Mittel mit dem Wirkstoff Sildenafil sind weiterhin nur auf Rezept erhältlich.

Über dieses Thema berichtet: IQ - Wissenschaft und Forschung am .

Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht am Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat einen Antrag mehrheitlich abgelehnt, den Wirkstoff Sildenafil in der Dosierung 25 Milligramm zur oralen Anwendung aus der Verschreibungspflicht zu entlassen. Einen ähnlichen Antrag hatte der Sachverständigen-Ausschuss bereits im Januar 2022 abgelehnt. Damals ging es um die doppelte Dosis von 50 Milligramm.

Viagra - die kleine blaue Pille für den Mann

Vor knapp 25 Jahren schrieb das US-Unternehmen Pfizer mit der blauen Pille Viagra Medizingeschichte. Am 1. April 1998 kam die Potenzpille in den USA auf den Markt, ab Oktober 1998 dann auch in Deutschland. Weitere Potenzmittel folgten. Dem Pharmakonzern Pfizer bescherte Viagra sagenhafte jährliche Gewinne, teilweise in Milliardenhöhe.

Der männlichen Sexualität bescherte der "blaue Diamant" Aufwind. Und die schöne Vorstellung, bei Potenzproblemen einfach nur eine Pille schlucken zu müssen, um sie zu überwinden. Eine sexuelle Revolution, wie auch die Pille zur Empfängnisverhütung eine war.

2012 lief der Markenschutz für Viagra aus. Seither gibt es zahlreiche Generika und auch andere Potenzmittel, die statt Sildenafil einen anderen Wirkstoff nutzen: Tadalafil, Vardenafil oder Avanafil. Alle Medikamente mit diesen Wirkstoffen sind in Deutschland verschreibungspflichtig. Eine weitere Gemeinsamkeit: Von ihnen kursieren mit Abstand die meisten Medikamentenfälschungen.

Wie wirken Potenzmittel? Was passiert in meinem Körper?

Kurz gesagt: Diese Potenzmittel regen in erster Linie die Durchblutung an, indem sie die Gefäße erweitern. Und sie verhindern, dass sie sich zu schnell wieder zusammenziehen. In der Muskulatur der Blutgefäßwände kommt ein spezielles Enzym vor: Phosphodiesterase-5 (PDE-5). Dieses Enzym sorgt dafür, dass das Blut aus Schwellkörpern wieder zurückfließt. Medikamente wie Viagra wirken, indem sie dieses Enzym blockieren.

Werden die Blutgefäße am Penis erweitert, strömt bis zu 30-mal mehr Blut in den Schwellkörper. Die Folge: Der Penis versteift, allerdings hält das nicht ewig an. Doch nimmt man Viagra oder andere PDE-5-Hemmer, bleibt das Blut im Penis. Die Erektion hält länger an und ist meist auch stärker. Tatsächlich sind die Hemmstoffe der Phosphodiesterase-5 die ersten Potenzmittel, bei denen die Wirkung durch Studien eindeutig belegt wurde.

Bekomme ich durch Viagra automatisch eine Erektion?

Nein. Ein Potenzmittel verstärkt zwar die Wirkung, es löst aber selbst keine Erektion aus, erklärt der Androloge Dr. Christian Leiber-Caspers: "Nur, wenn wir in eine sexuell erregte Situation kommen, wenn bestimmte Signale da unten ankommen, dann werden diese Gefäße plötzlich weitgestellt."

Daher können die PED-5-Hemmer bei einer kompletten Impotenz, wenn etwa bei einer Prostata-Operation wirklich alle Nerven durchtrennt wurden, die zum Schwellgewebe des Penis führen, auch nicht zu einer Erektion verhelfen. Doch bei den meisten Prostata-Operierten ist nur ein Teil der Nerven geschädigt, für sie sind Viagra und Co. eine große Erleichterung.

Ab wann und wie lange wirkt Viagra?

Das ist je nach Dosis unterschiedlich. Es vergeht etwa eine Stunde, bis die Wirkung einsetzt. Der Wirkstoff muss ja erst einmal im Penis ankommen. Je nach Wirkstoff und Dosis kann die potenzunterstützende Wirkung dann 40 Minuten oder sogar einige Stunden anhalten.

Gibt es auch Viagra für Frauen?

Leider nein. PED-5-Hemmer wie Viagra wirken bei Frauen anscheinend nicht. Doch seit 2015 ist immer wieder von "Pink Viagra" die Rede, einem in den USA zugelassenen Medikament, genannt "Viagra für die Frau". Eine irreführende Bezeichnung, denn es handelt sich um ein völlig anderes Medikament mit dem Wirkstoff Flibanserin, der aber nicht auf die weiblichen Schwellkörper der Geschlechtsorgane einwirkt, sondern Neurotransmitter im Gehirn beeinflusst und angeblich eine antidepressive Wirkung hat. Doch auch das konnte nicht durch Studien belegt werden. In Deutschland ist Flibanserin nicht zugelassen.

Welche Nebenwirkungen und Risiken haben die Potenzmittel?

Die Steigerung der Durchblutung durch PED-5-Hemmer wie Viagra hat auch unangenehme Seiten. Weil sie die Blutgefäße nicht nur im Schwellkörper erweitern, kann ein Mann nach der Einnahme rote Ohren oder einen roten Kopf bekommen. Der Blutdruck sinkt, dadurch kann es einem schwindlig werden. Mitunter kommt es dadurch auch zu Sehstörungen.

Es kann aber auch richtig gefährlich werden, wenn der Blutdruck plötzlich stark sinkt. "Wenn der Blutdruck sinkt, schlägt das Herz typischerweise etwas schneller. Das ist für die meisten Männer gar kein Problem. Bei bestimmten Herzrhythmusstörungen, bei bestimmten Herzerkrankungen muss man vorsichtig sein. Deswegen ist es nach wie vor aus gutem Grund so: Das Medikament ist verschreibungspflichtig. Es muss also immer vorher von einem Arzt geprüft werden, ob der entsprechende Mann das Präparat nehmen darf," erläutert Leiber-Caspers.

Vorteile der Verschreibungspflicht für Viagra

Wird der in den Potenzmitteln enthaltene Wirkstoff Sildenafil ohne vorherige ärztliche Aufklärung eingenommen, kann das fatale Folgen haben. Etwa für diejenigen Patienten, die schon Herzmedikamente einnehmen. "Es gibt Herzmedikamente, die Nitrate haben", erklärt Frank Sommer, Hamburger Urologe und Androloge mit einer Professur zu Männergesundheit. Wenn Nitrate gemeinsam mit Sildenafil eingenommen würden, könne ein zum Tod führender sogenannter hypotoner Schock die Folge sein.

Besondere Vorsicht mit Viagra und anderen PED-5-Hemmern ist nicht nur bei Herzmedikamenten und nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall geboten, sondern auch bei Leberproblemen und bei Einnahme von Blutdrucksenkern oder dem Notfallmedikament für Angina pectoris (Herzschmerzen).

Es gibt aber noch einen ganz anderen Grund, warum es ratsam sein kann, mit Erektionsproblemen erst einmal zu einem Arzt oder einer Ärztin zu gehen, statt sie mit einer kleinen Pille einfach wegzuschlucken:

"Eine Erektionsstörung ist, wenn sie gefäßbedingt ist, Vorbote eines Herzinfarkts oder Schlaganfalls", erklärt Frank. Bei einer Untersuchung könne dies schon Jahre vorher festgestellt werden. Da bliebe laut Sommer "noch Zeit gegenzusteuern".

Aus diesem Grund sind Viagra und Co. bislang verschreibungspflichtig. Allerdings werden die Kosten für das jeweilige Medikament nicht von den Krankenkassen übernommen.

Im Video: Was Erektionsprobleme verraten

Paar im Bett nachdenklich sich umarmend mit Campus Logo
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Erektionsprobleme sind nicht ein Indiz für fehlende Liebe - aber können auf gesundheitliche Probleme hinweisen.

Viagra nur bei Impotenz?

Ein Arzt oder eine Ärztin wird PED-5-Hemmer aber - wenn er oder sie sich an die medizinischen Leitlinien hält - nur dann verschreiben, wenn eine tatsächliche Impotenz vorliegt. "Wenn über einen Zeitraum von sechs Monaten in der Mehrzahl der Fälle die Erektion nicht ausreichend ist, um Geschlechtsverkehr zu vollziehen, dann spricht man erst von einer echten Erektionsstörung oder erektilen Dysfunktion," verdeutlicht Leiber-Caspers.

An eine so lange Leidenszeit denken aber vermutlich die meisten gar nicht. Die Potenzmittel wurden zwar ursprünglich eher für ältere Männer entwickelt, haben aber längst einen viel größeren Konsumentenkreis. Immer mehr junge Männer benutzen Viagra und Co., obwohl sie es körperlich nicht nötig hätten. Zur Sicherheit, damit nur ja nichts schiefgeht, vermutet Jakob Pastötter von der Deutschen Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualwissenschaft nach Beobachtungen in seiner Beratungspraxis: "Jetzt brauchen wir uns nicht mehr mit Psychologie oder sonst irgendwas beschäftigen. Jetzt schlucken wir eine blaue Pille - und es läuft!"

Sicherheit für einen strammen Penis - das ist die Hoffnung, die Viagra weckt. Empfehlenswert ist das sicher nicht. Und löst Probleme nur an der Oberfläche, wenn überhaupt.

Partydroge Viagra

In den vergangenen Jahren hat die 25 Jahre alte Viagra-Pille nochmals einen Boom erlebt: Sie ist als Partydroge sehr beliebt. Weil die Potenzmittel die Durchblutung steigern, können sie nach einer langen Nacht mit Alkohol einen Kick geben und wieder wacher machen.

Noch weitaus gefährlicher ist die Beliebtheit von "Sextasy" - der Kombination von Ecstasy mit Viagra. Ecstasy belebt und macht euphorisch, ist aber der Lust nicht sonderlich förderlich. Dagegen soll das Viagra helfen. Doch die Kombination kann tödlich sein: Es droht der Herzstillstand.

Bekomme ich Viagra online?

Da reicht ein kurzer Blick ins Netz: ja. Denn es gibt einige Länder, in denen die Potenzmittel mit dem Wirkstoff Sildenafil frei verkäuflich sind.

Doch Vorsicht: In der Mehrheit der Fälle handelt es sich um Fälschungen und Nachahmungen. Sie enthalten zwar den Wirkstoff Sildenafil, aber in unterschiedlichster Dosis. Das kann gefährlich werden. Selbst in angeblichen Naturprodukten haben Tests immer wieder Sildenafil gefunden.

Das wäre der Vorteil, wenn Viagra rezeptfrei erhältlich wäre

Gerade den Konsum gefährlicher Nachahmerprodukte aus dem Internet zu drosseln, wäre wohl der entscheidende Vorteil, wenn die Potenzmittel nicht mehr verschreibungspflichtig wären.

"Wir haben vor einigen Jahren eine Studie gemacht, da haben wir 22 Produkte, die man im Internet frei bestellen kann, untersucht und festgestellt, dass bei über 80 Prozent nicht das drin war, was angegeben war. Wir hatten zum Beispiel eine Gruppe, da war die Dosis viermal so hoch", sagte Frank Sommer 2022 in einem Interview mit der Deutschen Presseagentur. Wenn man das regelmäßig einnehme, so Sommer, habe man ein sehr hohes Risiko für Herzschädigungen.

Ein Wegfall der Verschreibungspflicht des Wirkstoffs Sildenafil würde solchen illegalen Geschäften den Boden entziehen - für Experte Sommer der größte Vorteil einer Aufhebung der Rezeptpflicht für Viagra und alle anderen sildenafilhaltigen Potenzmittel.

Rezeptfrei oder nicht - Wer entscheidet und was hat es für Folgen?

Der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht, der über die Rezeptpflicht des Wirkstoffs Sildenafil beraten hat, ist mit mehr als 20 externen Mitgliedern besetzt, darunter Pharmazeuten, Mediziner, einer Heilpraktikerin sowie Vertretern der jeweiligen Arzneimittelkommissionen von Ärzteschaft, Apothekern und Tierärzten. Das Votum hat formal Empfehlungscharakter. Das Bundesgesundheitsministerium kann davon abweichen, folgt ihm aber in der Regel. Der Ausschuss kann aber auch ein Thema vertagen, wenn weitere Daten notwendig sind. Wirksam ist die Entscheidung erst mit Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt.

Im Audio: Seit 25 Jahren ist das Potenzmittel Viagra auf dem Markt. Weitere Präparate sind dazugekommen

Ein Arzt reicht einem Mann eine Viagra Pille.
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Potenzmittel Viagra - nur rezeptpflichtig über den Arzt?

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