Eine Zuckersteuer auf Erfrischungsgetränke würde einer Studie zufolge in Deutschland allein innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte bis zu 16 Milliarden Euro sparen und zahlreiche Erkrankungen vermeiden. "Eine Softdrink-Steuer in Deutschland hätte deutliche positive Auswirkungen", bilanziert das Forschungsteam von der Technischen Universität München und der britischen Universität Liverpool im Fachmagazin "PLOS Medicine".
Diabetes, Herzerkrankungen und Übergewicht könnten verhindert werden
Bei allen simulierten Varianten würde weniger Zucker konsumiert, Erkrankungen wären seltener. "So ließen sich volkswirtschaftliche Kosten senken und das Gesundheitssystem entlasten."
"Wir haben zum Beispiel berechnet, dass durch eine Herstellerabgabe, die ähnlich gestaltet ist wie die Abgabe in Großbritannien, zum Beispiel über die nächsten 20 Jahre 244.100 Menschen später oder gar nicht an Typ-2-Diabetes erkranken", erklärt Karl Emmert-Fees, Gesundheitswissenschaftler an der TU München und Autor der Studie.
Positiver Effekt bei jungen Erwachsenen am größten
Herzerkrankungen, Übergewicht und viele andere Folge-Erkrankungen könnten damit verhindert oder zumindest eingedämmt werden. Grundlage wäre eine Sondersteuer auf Cola, Limo, Eistee oder Energydrinks. Vermutlich wären die positiven Auswirkungen einer Steuer sogar noch größer als berechnet. Denn aus methodischen Gründen konnte die TU nur die Daten von Menschen ab 30 Jahren berücksichtigen.
Dabei trinken die Jüngeren fünf- bis zehnmal so viel gezuckerte Getränke. Emmert-Fees formuliert bewusst vorsichtig: "Es ist aber natürlich so, dass, wenn man sich jetzt die Altersstrukturen des Übergewichts anschaut, dann hat es einen ganz klaren Effekt. Und der wäre bei jungen Erwachsenen mit Sicherheit am größten."
Sondersteuer: Entweder Zuckergehalt senken oder die Produkte teurer
Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt eine Sondersteuer von mindestens 20 Prozent auf zuckerhaltige Getränke, um den Zuckerkonsum der Bevölkerung mitsamt seiner gesundheitlichen Folgen zu reduzieren. Viele Länder haben bereits steuerliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Konsums von zuckerhaltigen Getränken oder Lebensmitteln eingeführt. Großbritannien verzeichnet damit bereits spürbare Erfolge. Die Politik bei uns setzt auf Freiwilligkeit bei den Herstellern. Bisheriger Effekt: nahe null.
Die aktuelle Studie betrachtet Versteuerungs-Szenarien, die entweder darauf abzielen, den Softdrink-Konsum generell zu senken, oder darauf, Rezeptur-Änderungen herbeizuführen. Wenn die Abgabe unabhängig vom Zuckergehalt fällig wird, führe dies internationalen Studien zufolge vor allem zu einer verringerten Nachfrage nach Softdrinks. Richtet sich die Steuer hingegen nach der Zuckermenge, würden zudem die Rezepturen der Getränke verändert.
Simulation: 20 Prozent Preisaufschlag senkt Zuckerkonsum um ein Gramm pro Tag und Person
"Der Simulation zufolge würde bei einem pauschalen 20-prozentigen Aufschlag auf die Softdrink-Preise der Zuckerkonsum pro Tag und Person um ein Gramm sinken", schilderten die Forschenden die potenziellen Auswirkungen in Deutschland. In der Gruppe der Männer zwischen 30 und 49 Jahren wären es den Abschätzungen zufolge sogar knapp drei Gramm pro Tag.
"Noch stärker würde sich eine Reduktion des Zuckers in den Rezepturen um 30 Prozent auswirken, wie sie in Großbritannien nach Einführung der gestaffelten Hersteller-Abgabe verzeichnet wurde", erklärte das Expertenteam. Dadurch würde der Pro-Kopf-Konsum in Deutschland um täglich 2,3 Gramm reduziert, bei den 30- bis 49-jährigen Männern gar um 6,1 Gramm.
Mit Informationen von dpa
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