Ultras des TSV 1860 München randalierten nach einem Bayernliga-Spiel gegen den FC Memmingen in einem Regionalzug.
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Ultras des TSV 1860 München randalierten nach einem Bayernliga-Spiel gegen den FC Memmingen in einem Regionalzug.

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1860-Ultras verwüsten Regionalzug: Kritik an Bundespolizei

1860-Ultras verwüsten Regionalzug: Kritik an Bundespolizei

Nach der Bayernliga-Partie zwischen dem FC Memmingen und dem TSV 1860 München II am Wochenende randalierten 1860-Fans in einem Regionalzug. Mitreisende und der Fahrgastverband Pro Bahn kritisieren das Vorgehen der Bundespolizei - die verteidigt sich.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

"Einige haben versucht, die Verkleidung abzureißen, es wurden Zigaretten angezündet, Graffiti gesprüht, Aufkleber in riesigen Mengen im Zug verklebt", berichtet ein Zeuge dem BR. Der 76-jährige Mann war eigenen Angaben zufolge am vergangenen Samstag mit seiner Lebensgefährtin im Regionalzug von Lindau nach München unterwegs. In Memmingen stiegen Ultras des TSV 1860 München zu und begannen zu randalieren. Die zweite Mannschaft des Vereins hatte zuvor 0:0 gegen den FC Memmingen in der Bayernliga gespielt.

Bundespolizei fährt nicht im Regionalzug mit

In der massiv aufgeheizten und beklemmenden Stimmung im Zug habe er befürchtet, dass sich die Aggression auch gegen Fahrgäste richten könnte, sagt der Augenzeuge. Er und weitere Fahrgäste hätten bei der Polizei angerufen. Er hätte sich gewünscht, dass Polizisten mit im Zug sind und für Ordnung sorgen.

Doch Polizeibeamte sind nicht mitgefahren, bestätigt die Bundespolizei. Stattdessen habe eine Streife der Bundespolizei auf der Straße den Zug begleitet und Präsenz an den Zwischenhalten gezeigt. "Die Reisenden hatten die Möglichkeit, den Zug zu verlassen. Da dies nicht erfolgte, muss davon ausgegangen werden, dass keine akute Gefahr für Reisende vorlag. Auch Bedrohungsszenarien wurden weder aus dem Zug noch bei der Ankunft in München gemeldet", erklärt der Pressesprecher der Bundespolizei, Wolfgang Hauner. Außerdem sei eine Trennung von Fans und unbeteiligten Reisenden in unterschiedliche Zugteile erfolgt. Fußballfans seien Reisende, die einen Zug nutzen dürften.

Kritik am Vorgehen der Bundespolizei

Dirk Kipper-Gobain, Sprecher des Fahrgastverbands Pro Bahn in Schwaben, kritisiert den Hinweis der Bundespolizei, unbeteiligte Reisende hätten die Möglichkeit gehabt, auszusteigen. So würden normale Reisende mit mindestens einer Stunde Verspätung gestraft. "Eigentlich müsste es umgekehrt sein. Randalierende Fußballfans raus", sagt Kipper-Gobain. Die Beliebtheit der Bahn leide unter solchen Vorfällen, die Eskalation nehme zu.

Ein vorzeitiges Einschreiten war aus Sicht der Bundespolizei aufgrund der räumlichen Möglichkeiten erst am Hauptbahnhof in München möglich. Dort konnten laut Bundespolizei die Kräfte gebündelt und die Personalien von rund 70 Ultras aufgenommen werden.

Arverio erwägt Beförderungsverbot für Randalierer

Das Eisenbahnunternehmen Arverio erlebt solche Randale in seinen Zügen nicht zum ersten Mal. Bereits im vergangenen Jahr haben unter anderem Anhänger der FC Augsburg Ultras einen Zug verwüstet. Pressesprecher Winfried Karg teilte dem BR mit: "Wir erwägen, ein Beförderungsverbot für alle Arverio-Züge für diese Randalierer auszusprechen – deren Personendaten hat die Polizei ja aufgenommen. Es wäre auch in unserem Sinne, wenn alle Fahrgäste, die sich bedroht gefühlt haben, Strafanzeige erstatten."

Im Audio: Kritik an Bundespolizei nach Fan-Randale in Regionalzug

Ultras des TSV 1860 München verschmierten einen Regionalzug und klebten Sticker an die Wände.
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Ultras des TSV 1860 München verschmierten einen Regionalzug und klebten Sticker an die Wände.

1860-Fans dringen ohne Tickets in Memminger Stadion ein

Bereits auf der Hinfahrt wurden laut Bundespolizei nach Ankunft des Zuges in Memmingen Sachbeschädigungen festgestellt, zudem wurde außerhalb des Bahnhofs Pyrotechnik gezündet. 1860-Fans hätten sich ohne gültige Tickets einen Zutritt zum Stadion verschafft. Rund 60 Personen sollen die Einlasskontrolle überrannt haben.

Nach Spielende zog die Gruppierung lautstark durch die Stadt zum Bahnhof. Dort war die Stimmung laut Polizei kurzfristig derart aufgeheizt, dass geklärt werden musste, ob die Fans überhaupt in die Zugabteile gelassen werden können.

1.000 Euro als Wiedergutmachung

Weder zu den Vorfällen im Zug noch zum unbefugten Zutritt ins Stadion wollte der TSV 1860 München gegenüber dem BR Stellung nehmen. Allerdings hat der 1860-Sicherheitsbeauftragte mit Thomas Reichert vom FC Memmingen telefoniert. Laut Reichert wurden jetzt 1.000 Euro für die nicht entrichteten Eintrittsgelder und Reinigungskosten für Schmierereien in den Stadiontoiletten als Entschuldigung und Wiedergutmachung gezahlt. Der Vorschlag kam laut Reichert von den 1860-Fans selbst, die auch die Kosten tragen sollen.

Das Fanprojekt München der Arbeiterwohlfahrt (AWO) war in dem Fall als Vermittler tätig. "Es ist aus dem Ruder gelaufen. Das sollte aber auf keinen Fall so laufen", sagt Nadine Bickmann, Leiterin des Fanprojekts München.

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