Mitten in der Münchner Innenstadt steht ein großes Verkehrsschild. Es soll informieren über - ja, über was eigentlich? Das Schild ist über und über mit Aufklebern bedeckt, in der Mitte prangt ein großer Sticker der FC Bayern Ultras. Statt zu erfahren, wann man in die Fußgängerzone einfahren darf und welche Regeln gelten, können die Passanten nur rätselraten.
Aufkleber machen Schilder teilweise unleserlich
Die reagieren ganz unterschiedlich: "Es verschandelt alles, das Schild hat vermutlich einen Sinn, aber wie soll man da irgendetwas erkennen oder finden können", beklagt sich eine Frau. Eine andere Frau lobt die Kreativität und findet das vollbeklebte Schild "sympathisch". Ein Passant spricht davon, dass mit den vielen Aufklebern in München "auch ein Stück Lebensqualität hier in der Innenstadt verloren" gehe: "Ich finde, man kann ein bisschen erkennen, dass sich die Fußball-Ultras offenkundig von allen Vereinen da eine kleine Battle liefern."
FC-Bayern-Gratulationsaufkleber in verschiedenen Stadtteilen
Ein Klebe-Kampf der Fußball-Ultras? Tatsächlich fallen derzeit vermehrt Aufkleber zum 125. Vereinsjubiläum des FC Bayern auf. "Schwabing gratuliert zu 125 Jahren FCB" heißt es da etwa, ähnliche Aufkleber gibt es auch mit den Namen anderer Stadtteile. Besonders Verteilerkästen, Zeitungskästen und Verkehrsschilder sind beliebt. Dort hängen Aufkleber in DIN A5 und größer.
Baureferat sieht "keine Häufung an Beschwerden"
Bei der Münchner Stadtverwaltung ist das Baureferat unter anderem für die Straßenreinigung und Reinigung von Laternenmasten und Schildern zuständig. "Die Abfrage in den Fachabteilungen hat ergeben, dass aktuell keine Häufung an Beschwerden u. a. über angebrachte Aufkleber vorliegt", heißt es von dort. Aufkleber würden entfernt, teilt das Baureferat mit - und zwar im Zuge des laufenden Straßenunterhalts. "Grundsätzlich sind Aufkleber als häufigste Verschmutzungsursache auf Licht- und Signalmasten oder auch Verkehrsschildern zu nennen."
Stadt München setzt auf Anti-Klebe-Schilder
Um Verkehrsschilder nicht so oft tauschen zu müssen, verwendet das Münchner Baureferat speziell beschichtete Schilder. Dadurch können die Aufkleber leichter entfernt werden. Die Reinigung der Verkehrszeichen erfolge mit städtischem Personal, "das im Stadtgebiet eine systematische Reinigung der Schilder durchführt" und auch kurzfristig auf Meldungen im Zuge der Verkehrssicherheitskontrolle und auf Bürgerhinweise reagiere.
Der Münchner Polizei sind keine Anzeigen bekannt
In der Regel werde von der Stadt München "keine Anzeige wegen Sachbeschädigung bei der Polizei erstattet". Nach der großflächigen Plakatierungsaktion von FC Bayern-Fans in der bayerischen Landeshauptstadt seien keine Ermittlungen bei der Polizei eingeleitet worden, sagte ein Sprecher des Präsidiums auf Anfrage von BR24. Und ohne Anzeige würden bei der Münchner Polizei keine Ermittlungen geführt. Unterdessen haben Fußballanhänger in München nicht nur geklebt: Auf einer Autobahnzufahrt über der Ungererstraße wurde ein rund 40 Meter langes FC Bayern-Graffiti gesprüht; auf Litfasssäulen kleben "wild geklebte" FC Bayern-Aufkleber. In beiden Fällen ist aber nicht die Stadt zuständig, sondern der Bund beziehungsweise der private Eigentümer der Litfaßsäule.
Stadt hat Meldeportal eingerichtet
Wenn Aufkleber stören, dann können Bürgerinnen und Bürger das dem Baureferat München melden. Dazu hat die Stadt eine Online-Plattform eingerichtet: "MachMünchenbesser“ (externer Link). Dann werde sich gekümmert. Die Frage, ob Aufkleber und Graffiti Sachbeschädigung sind, stelle sich meistens gar nicht, weil sehr selten angezeigt werde, so ein Strafrechtler auf Anfrage von BR24. Außerdem sei es keine Sachbeschädigung, wenn Aufkleber oder Farbe leicht abgehen.
FC Bayern statt Disney: Große FC-Bayern-Aufkleber verdecken die Plakate auf einer Litfasssäule.
Pfaffenhofen: Kleine Stadt mit großem Klebe-Problem
Anders als bei der Münchner Stadtverwaltung hat man in Pfaffenhofen an der Ilm ein großes Problem mit den Fußball-Aufklebern. Dort hat der Bürgermeister 500 Euro Belohnung ausgelobt für Hinweise, die zur Ergreifung der Täter führen, schreibt der Donaukurier (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). Denn der Stadt entstehen jährlich Kosten von 5.000 bis 6.000 Euro für Reinigung und Austausch von Verkehrsschildern wegen "Verkehrszeichen-Vandalismus".
"Geburtstagsgruß" von 1860-Fans - Keine Reaktion vom FCB
Fans des TSV 1860 München reagierten mit einem eigenen "Geburtstagsgruß" auf die allgegenwärtigen FC Bayern-Aufkleber. An einem Haus in der Innenstadt hissten sie ein Banner mit der Aufschrift "125 Jahre Red Bastards. München ist blau." Ein Video zu der Aktion, das auf Instagram gepostet wurde, kommentierten Bayern-Fans mit "Schön, dass ihr immer wieder an uns denkt" oder "Zwergenaufstand", in Anspielung darauf, dass 1860 derzeit in der 3. Liga spielt.
Der FC Bayern reagierte nicht auf Anfragen zu den Fan-Aufklebern. Aus Fan-Kreisen kommt derweil die Einschätzung: "Wenn das Jubiläum vorbei ist und die Restbestände aufgebraucht sind, dann lässt das Kleben auch wieder nach."
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