Ankerzentrum Bamberg
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Schlingerkurs in Bamberg: Warum das Ankerzentrum offen bleibt

Schlingerkurs in Bamberg: Warum das Ankerzentrum offen bleibt

In Bamberg sollte Ende des Jahres das Ankerzentrum geschlossen werden, so lautet die Vereinbarung mit dem Staat. Bamberg legte dafür einen Plan vor, wo dann Geflüchtete in der Stadt untergebracht werden könnten. Jetzt kam alles anders.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Nach zehn Jahren sollte das Ankerzentrum in Bamberg geschlossen werden, so besagt es eine Vereinbarung zwischen der Stadt Bamberg und dem Freistaat. Ende des Jahres wäre es so weit. Doch weder die Stadt noch der Staat haben wirkliche Konzepte, wie es dann weitergehen soll. Jetzt stellt das Innenministerium klar: Das Ankerzentrum bleibt vorerst in Bamberg. Die Leidtragenden sind die Bürger im Osten der Stadt, wo die Erstaufnahmeeinrichtung angesiedelt ist. Bei vielen Bambergern hat das "Politikum Ankerzentrum" das Vertrauen in die Politik geschwächt.

Das Ankerzentrum: Erste Anlaufstelle für Geflüchtete

Das Ankerzentrum in Bamberg hat in den letzten Monaten moderate Aufnahmezahlen von Geflüchteten zu verzeichnen. Derzeit ist die Einrichtung mit 1.200 Menschen belegt. In der Vergangenheit waren es auch mal 2.800. Die Aufnahmeeinrichtung Oberfranken übernimmt zahlreiche Aufgaben: Hier werden die Geflüchteten registriert, sofort medizinisch versorgt und sie können vor Ort ihren Asylantrag stellen.

Die Zentrale Ausländerbehörde prüft einen möglichen Flüchtlingsstatus. Im vergangenen Jahr hat sie vom Ankerzentrum aus bereits 1.500 Menschen zurückgeschickt oder die freiwillige Ausreise ermöglicht. Untergebracht sind die Geflüchteten in Wohnungen, in denen früher Mitglieder der US-Armee unterkamen. Der Bund hat dem Freistaat die Immobilien mietfrei überlassen. Es gibt eine Kantine für die Versorgung vor Ort, aber auch ein Schulgebäude mit Grund-, Mittel- und Berufsschulklassen. Für die Jüngsten im Vorschulalter wird eine kindergartenähnliche Betreuung angeboten.

Stadtrat will mit Innenminister verhandeln

Der Bamberger Stadtrat hat sich am 29. Januar für Verhandlungen über die Rahmenbedingungen nach 2025 mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ausgesprochen. "Wir müssen die beste Lösung für alle Menschen in der Stadt Bamberg finden", betonte Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) in der Sitzung. Die Stadt wolle auch weiterhin an den Plänen für ein dezentrales Unterbringungskonzept für Asylbewerber arbeiten. Das sei aber kein Ersatz für das Ankerzentrum, sondern die Folge, wenn es schließe, so Starke weiter.

In der Stadtratssitzung wurde auch das Ergebnis einer Bürgerbeteiligung vorgestellt. In 242 bei der Stadt eingetroffenen Stellungnahmen sprach sich die überwiegende Mehrheit gegen eine dezentrale Unterbringung im Stadtgebiet und für das Fortbestehen des Ankerzentrums am derzeitigen Standort aus. Auch Innenminister Herrmann sieht derzeit keine Alternative zum Ankerzentrum auf dem früheren US-Militärgelände. Ideen der Stadt Bamberg, wie beispielsweise die dezentrale Unterbringung, würden die Steuerzahler viel Geld kosten, argumentiert Herrmann.

Keine Alternative zum Ankerzentrum

In der Regel bleiben die Geflüchteten zwei bis drei Monate in der Erstaufnahmeeinrichtung, dann werden sie auf Städte und Gemeinden in Oberfranken verteilt. Alleine der Landkreis Bamberg verfügt derzeit über 73 Unterkünfte für Menschen, die aus dem Ankerzentrum verlegt werden. Monatlich muss er aktuell 80 Geflüchtete zusätzlich aufnehmen.

In Oberfranken selbst gebe es kein vergleichbares Gebäude für einen Ersatz des Ankerzentrums in Bamberg, heißt es vom Innenministerium und auch der Regierung von Oberfranken. Und damit steckte das Innenministerium in der Bredouille, denn die Vereinbarung mit der Stadt Bamberg lautete, dass das Ankerzentrum Ende 2025 schließen und die Einrichtung an einem anderen Ort in Oberfranken angesiedelt werde.

Provokant: Bambergs dezentrales Unterbringungskonzept

Bis jetzt musste Bamberg durch die Ansiedlung des Ankerzentrums keine Geflüchteten in der Stadt selbst unterbringen. Das würde sich mit dem Ende der Einrichtung ändern. Dazu legte die Stadtspitze ein dezentrales Unterbringungskonzept vor. Doch die Standorte waren so provokant, wie zum Beispiel der Parkplatz eines Freibades, ein Grundstück ohne öffentliche Zufahrt oder ein Kinderspielplatz, dass die Bürger großen Unmut über die Pläne zeigten. In Stellungnahmen an die Stadt lehnten 71 Prozent der Bürger und Vereine in ihren Schreiben das dezentrale Unterbringungskonzept ab.

Auch Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bezeichnete die Vorschläge in einem Brief an Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) als "Sammelsurium von Freiflächen". Dann ruderten auch noch Parteien im Stadtrat zurück, obwohl alle im Oktober noch einstimmig für die Schließung gestimmt hatten. Selbst Jonas Glüsenkamp (Grünes Bamberg), der das Unterbringungskonzept mit dem Oberbürgermeister vorstellte, legte eine komplette 180-Grad-Wende hin, sprach sich in der SZ für einen Weiterbetrieb aus und lobte sich dafür selbst als Pragmatiker. Das Ende vom Lied: Joachim Herrmann hat nun entschieden, das Ankerzentrum bleibt bis auf Weiteres.

Stadtratssitzung will Rahmenbedingungen festlegen

In einer Sitzung des Stadtrates an diesem Mittwoch soll nun geklärt werden, wie die Rahmenbedingungen für eine Weiterführung des Ankerzentrums ausschauen könnten. Ob Bamberg es noch einmal mit einem verbesserten Konzept für eine dezentrale Unterbringung probiert, ist offen.

Vielmehr wird es nun darum gehen, was man an Extras vom Freistaat fordern könnte. Glüsenkamp brachte bereits einen Entschädigungsfonds ins Spiel, was aber den Anwohnern, die beispielsweise unter Polizeieinsätzen in der Erstaufnahmeeinrichtung leiden, nicht helfen wird.

Die Bürger, nicht nur im Osten, wo das Ankerzentrum angesiedelt ist, haben bereits klare Forderungen auf den Tisch gelegt, was sie sich unter Rahmenbedingungen vorstellen. Es sind pragmatische Ideen, wie unter anderem stärkere Polizeipräsenz im Gebiet um das Ankerzentrum oder mehr Kontrollen in Bussen.

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