Ein Bericht der Zeitung "Welt" (externer Link), dem zufolge ein irakischer Asylbewerber einen Anschlag auf den Augsburger Christkindlesmarkt geplant haben soll, erscheint nun in einem leicht veränderten Licht. Wie das Bayerische Innenministerium sagte, handelt es sich nach Informationen der Sicherheitsbehörden um einen Sympathisanten des Islamischen Staates (IS) und dessen Propaganda.
"Es gab und gibt derzeit laut unseren Sicherheitsbehörden aber keine Hinweise auf konkrete Anschlagspläne oder auf konkrete Gefährdungen für Christkindlmärkte in Bayern", so Bayerns Innenminister Joachim Herrmann.
Ermittlungen wegen Terrorismusfinanzierung
Die bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelte Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) führt nach BR-Anfrage aktuell ein Ermittlungsverfahren – allerdings nicht wegen Anschlagsplanungen. Es bestehe der Anfangsverdacht der "Terrorismusfinanzierung sowie der Verbreitung von gewaltverherrlichenden Videos der Terrororganisation IS", so die ZET. Weitere Details wollten die Ermittler nicht nennen.
Der Hinweis auf dschihadistische Internetaktivitäten des 37-Jährigen kam über einen ausländischen Nachrichtendienst. Die "Welt" berichtete entsprechend über weitere Erkenntnisse. Wie dem BR aus Sicherheitskreisen bestätigt wurde, haben die Ermittler den Iraker als Terrorkoordinator identifiziert; auch habe der Mann Geld zum IS transferiert, nach Syrien, in die Türkei und in den Irak. Dabei habe er nach Erkenntnissen der Behörden das sogenannte Hawala-Banking genutzt. Dieses System kommt ohne Banken aus, vielmehr werden die Gelder über örtliche Mittelsmänner verteilt.
Iraker sitzt in Abschiebehaft
Der Iraker sitzt Innenminister Herrmann zufolge derzeit in der Abschiebungshaftanstalt Eichstätt. Er wurde bereits am Mittwoch festgenommen. Parallel laufen die strafrechtlichen Ermittlungen.
Wie der BR im Vorfeld berichtet hatte, wurde die Abschiebehaft durch das Amtsgericht angeordnet. Die Grundlage davon sei das Aufenthaltsgesetz nach Paragraph 58a (Abschiebungsanordnung) gewesen. Das Landesamt für Asyl und Rückführung hatte dies beantragt "aufgrund einer auf Tatsachen gestützten Prognose zur Gefahrenabwehr". Es sei "von einer terroristischen Gefahr auszugehen" gewesen, erklärte eine Sprecherin des Augsburger Amtsgerichts.
Innenminister: Möglichen Gefährder-Hinweisen wird nachgegangen
Der Innenminister machte deutlich, dass der aktuelle Fall zeige, wie sensibel jedem Hinweis auf mögliche Gefährder nachgegangen werde: "Seit Oktober dieses Jahres hatten unsere Sicherheitsbehörden den Iraker auf dem Schirm, unter anderem aufgrund von Hinweisen über Beiträge auf Social Media."
Auf der Instagramseite des Festgenommenen hat dieser zahlreiche Propagandavideos des Islamischen Staats geteilt, die dem BR bekannt sind. Darunter auch Bilder von selbstgebauten Waffen.
Herrmann: Man sollte nicht auf Besuch von Christkindlmarkt verzichten
"Dank der konsequenten Arbeit vor allem des Polizeipräsidiums Schwaben Nord und der für den Fall zuständigen Ausländerbehörden ist sichergestellt, dass der Iraker für uns keine Gefahr mehr darstellen kann", erklärte Herrmann.
Generell stellte Herrmann klar, dass für Bayern derzeit keine konkreten Gefährdungshinweise vorliegen, auch mit Blick auf Christkindlmärkte. "Es gibt keinen Grund, aus Sicherheitssorgen auf einen Christkindlmarktbesuch zu verzichten", betonte Herrmann.
Innenminister lobt engen Austausch der Sicherheitsbehörden
"Dennoch ist die abstrakte Gefährdungslage insbesondere durch den islamistischen Terrorismus bundesweit weiterhin sehr hoch. Unsere Sicherheitsbehörden sind deshalb höchst wachsam, wie der aktuelle Fall zeigt. Für uns hat die Sicherheit auf Weihnachtsmärkten hohe Priorität", so der Innenminister. Laut Herrmann stehen Polizei und Verfassungsschutz in Bayern zur Einschätzung der Gefährdungslage in einem engen und ständigen Austausch mit den Sicherheitsbehörden des Bundes und der anderen Bundesländer.
Terrorgruppe "Islamischer Staat" ruft zu Anschlägen auf Christen auf
Der IS hat über seine Propagandaorgane zuletzt immer wieder mit Anschlägen gegen Christen gedroht. In einer englischsprachigen Online-Publikation des afghanischen IS-Ablegers wurde der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz vom 19. Dezember 2016, bei dem zwölf Menschen getötet und rund 70 verletzt wurden, glorifiziert.
Kürzlich hatte Generalbundesanwalt Jens Rommel vor einer erhöhten Gefahr durch islamistische Anschläge in Deutschland gewarnt. Das Thema sei auch in der "friedlichen Stimmung" der Adventszeit hochaktuell, so Rommel.
Mit Informationen von epd.
Im Audio: Christkindlesmarkt Augsburg - Wie groß war die Terrorgefahr?
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!