Ein warmer Kaffee, ein belegtes Brötchen, ein tröstendes Wort oder ein Beratungsgespräch – für viele bedürftige Menschen ist die Bahnhofsmission eine feste Institution. Seit mehreren Jahren steigt die Zahl an Hilfesuchenden kontinuierlich. Erst die sogenannte Flüchtlingskrise 2015/2016, dann Corona und schließlich der Ukraine-Krieg – mittlerweile verzeichnen die Bahnhofsmissionen nach Angaben der kirchlichen Träger Diakonie und Caritas mindestens eine halbe Million Kontakte jährlich.
Es könnten sogar noch mehr sein, das Führen der Statistik komme nämlich bei großem Andrang als erstes unter die Räder, so die zuständige Referentin Hedwig Kappa-Langer vom Caritas-Fachverband In Via. Die Fördermittel und Spenden dagegen stagnieren oder sinken gar. Kappa-Langer warnt: "Manche Stationen haben daher die Essensausgabe schon begrenzt, ebenso die Aufenthaltsdauer, da sie es mit ihren Ressourcen nicht mehr bewältigen."
Bahnhofsmissionen chronisch unterfinanziert
Das Problem: Die kirchlichen Wohlfahrtsverbände Diakonie und Caritas können den finanziellen Mehraufwand nicht stemmen. Und obwohl seitens der Politik und der Kommunen die Arbeit der Bahnhofsmissionen nicht selten in höchsten Tönen gelobt wird, bleiben Fördergelder oftmals weitgehend aus. Die Folge: Hauptamtliche Mitarbeiter arbeiten in reduzierter Teilzeit, werden oft nur für sechs Stunden die Woche angestellt.
Ehrenamtliche halten die Bahnhofsmissionen am Laufen, doch auch sie müssten durch Hauptamtliche koordiniert und geleitet werden, sagt Hedwig Kappa-Langer. "Das ist eigentlich das A und O: Die Bahnhofsmissionen brauchen ausreichend hauptamtliches Personal, um die Ehrenamtlichen zum einen erst mal neu zu bekommen, aber natürlich auch einzuarbeiten, sie zu schulen und zu begleiten." Für Beratung und Vermittlung bliebe den angestellten Mitarbeitern dabei kaum noch Zeit, so die Referentin für die bayerischen Bahnhofsmissionen.
Bahnhofsmissionen Hof, Schweinfurt und Lindau droht das Aus
Die finanzielle Lage scheint mancherorts geradezu dramatisch: Mit Hof, Schweinfurt und Lindau droht drei der aktuell zwölf Bahnhofsstationen in Bayern das Aus, sollten sie kein frisches Geld bekommen. Die Bahnhofsmission in Kempten hat bereits schließen müssen. Von den Kommunen kommt teilweise wenig Hilfe: Die Station in Hof etwa erhält gar keine Zuschüsse, in Passau sind es 2.000 Euro, in Schweinfurt 6.000 Euro, auch in Lindau ist es wenig mehr als ein symbolischer Betrag.
In den anderen Städten bewegt sich der Zuschuss zwischen 10.000 und 15.000 Euro, ist jedoch freiwillig und nicht langfristig gesichert. Nur in München, Regensburg und Würzburg stehen die Bahnhofsmissionen dank sogenannter Leistungsvereinbarungen finanziell auf festen Füßen.
Stadt Augsburg gibt jährlich 15.000 Euro
In Augsburg erhält die Bahnhofsmission einen Zuschuss von 15.000 Euro. Der örtliche Verantwortliche Christian Müller und sein Team aus 13 Ehrenamtlichen kümmern sich derzeit um rund 160 Menschen pro Tag. Auch sie merken, dass immer mehr Menschen kommen: "Die Zahlen, die sind schon einiges nach oben gegangen. Also man merkt einfach, dass die Lebensmittelpreise oben sind."
Nur durch hoch motivierte Ehrenamtliche ließen sich Krankheitsausfälle, aber auch punktuelle Aktionen abfedern, wie derzeit das Verteilen von Weihnachtstüten.
Staatsregierung will Bahnhofsmissionen finanziell unterstützen
Ein Lichtblick für die Bahnhofsmissionen: Die Staatsregierung will ihnen unter die Arme greifen. Im Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern heißt es wörtlich: "Wir gehen entschlossen gegen alle Formen der Armut vor. Daher werden wir die Tafeln, Tische und Bahnhofsmissionen in Bayern noch stärker finanziell unterstützen." Diese Woche hat CSU-Fraktionschef Klaus Holetschek daher zugesagt, die Arbeit der Sozialstationen in den kommenden beiden Jahren mit 350.000 Euro zu unterstützen.
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