Die Strecke Ulm-Augsburg ist Teil der "Magistrale für Europa", die Paris mit München, Wien und Budapest verbindet. Damit auch hier Züge mit Höchstgeschwindigkeit fahren können, muss die Trasse teilweise neu gebaut werden.
Die Deutsche Bahn (DB) hat nun ihren Favoriten vorgestellt. Demnach soll die Neubaustrecke an der A8 verlaufen und über Zusmarshausen führen.
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Freude in Zusmarshausen
"Ich würd' mal sagen, heute bin ich einer der glücklichsten Bürgermeister in ganz Bayern", sagt deshalb der Bürgermeister von Zusmarshausen, Bernhard Uhl. Noch sei allerdings nichts gebaut, so Uhl. "Es kommen noch weitere Herausforderungen auf uns zu." Für ihn heißt das zum Beispiel, weiter mit einer ansässigen Firma zu verhandeln, deren Gebäude teilweise der Bahnstrecke weichen müssen. Zudem gebe es ein paar Ausbaugegner in der Gemeinde, "die möchten gar keinen Bahnausbau".
Auch Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) äußerte sich positiv zum Vorschlag der Bahn und betonte, dass der Bau eines Regionalbahnhofs in Zusmarshausen eine ganze Region besser an den Schienenpersonennahverkehr anschließen werde.
Bedenken in Adelsried
Bedenken kommen aus Adelsried. Der dritte Bürgermeister der Gemeinde, Heiko Mohr, befürchtet Lärm und massive Baumaßnahmen, die seiner Ansicht nach Jahrzehnte dauern könnten. Er versuche nun das beste für die Gemeinde herauszuholen. Nach derzeitigem Stand soll die neue Trasse entlang der Autobahn gebaut werden, die im Süden an der Gemeinde vorbeiführt und die bereits viel Lärm verursache. "Und wenn wir jetzt noch eine Zugtrasse dazubekommen, haben die Bürger Angst, dass der Lärm hier noch stärker auf uns einwirkt", sagt Mohr.
Augsburgs Landrats Martin Sailer (CSU) fordert deshalb eine durchgehende Tunnellösung für Adelsried.
Stadt Neu-Ulm wertet Vorschlag als Erfolg
Die Stadt Neu-Ulm zeigt sich zufrieden mit dem Trassenverlauf, den die Bahn vorgestellt hat, hat aber weitere Forderungen. Sie wertet es laut eigener Mitteilung als großen Erfolg, dass nach derzeitigem Stand die Lage der Adenauerstraße innerorts erhalten bleiben kann und nicht als Umgehungsstraße um Burlafingen herum verlegt werden muss. Dies sei eine der zentralen Forderungen der Stadt gewesen.
Die Stadt betonte in ihrer Mitteilung aber auch, dass sie nach wie vor von der Bahn fordere, dass ein maximaler Immissionsschutz, der sich auch angemessen ins Ortsbild einfüge, für die Burlafinger Bürger zwingend notwendig sei.
Günzburgs Landrat begrüßt Vorschlag
Der Günzburger Landrat Hans Reichhart (CSU) hat die gewählte Vorschlagstrasse als "gute Entscheidung" bezeichnet. Sie entspreche in großen Teilen dem, was der Landkreis gefordert hatte. "Die Trasse bietet doppelten Mehrwert, einerseits für uns als Region, weil wir mehr Nahverkehrszüge bekommen. Gleichzeitig halten wir den Anschluss an den Fernverkehr", so Reichhart.
Er wolle sich nun dafür einsetzen, dass noch mehr Tunnel im Landkreis entstehen. Es gebe zudem noch Grundstücke, die in schwierigem Maße durchschnitten würden. Hier müssten noch Lösungen gefunden werden. "Wir brauchen einen Ausgleich für die Landwirtschaft, damit den Landwirten nicht übermäßig Fläche entzogen wird", so Reichhart.
Zustimmung auch von den Grünen
Auch die Grünen-Landtagsabgeordneten Max Deisenhofer und Stephanie Schuhknecht sehen die vorgeschlagene Variante positiv. "Besonders begrüßen wir, dass mit Zusmarshausen ein Unterwegsbahnhof geplant wird – eine Idee, die wir von Anfang an eingebracht haben, um einen Mehrwert für die gesamte Region zu schaffen", sagte Schuhknecht.
"Ich bin froh darüber, dass auch die Expertinnen und Experten der Deutschen Bahn die autobahnnahe Trasse bevorzugen. Diese Streckenführung erfüllt die Projektvorgaben am besten und erscheint mir auch im Sinne des Umweltschutzes vertretbar", ergänzt Deisenhofer. Außerdem können im Nahverkehr auf der Bestandsstrecke ihm zufolge dann sogar doppelt so viele Züge fahren wie bisher. Das steigere die Attraktivität des ÖPNV erheblich.
Wirtschaft: Gesamtes Hochgeschwindigkeitsnetz profitiert
Auch die Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK Schwaben) wertet den Vorschlag als gute Entscheidung für die Region und die Wirtschaft. Sie werde sich "mit allem Nachdruck auch weiterhin" dafür einsetzen, dass das Vorhaben in einigen Jahren realisiert sein wird. Im BR-Interview erklärt IHK-Infrastruktur-Experte Peter Stöferle zudem, wie sich die Zeitersparnis auf dem Streckenabschnitt auswirkt. "Es geht nicht nur um eine Viertelstunde zwischen Ulm und Augsburg", sagt er. Der Ausbau wirke in der Summe auf das gesamte Hochgeschwindigkeitsnetz und mache die Bahn damit als Transportmittel konkurrenzfähig.
Auch die örtliche Wirtschaft profitiert aus Sicht der IHK von der Variante: Mehrere große Unternehmen in Zusmarshausen etwa könnten so ihre Logistik auf die Schiene verlegen, zudem könnten Pendler nach Augsburg und Ulm künftig die Bahn statt der Autobahn nutzen. Stöferle zitiert dazu aus einer Umfrage, wonach bis zu 1.800 Menschen pro Tag eine solche Anbindung ab Zusmarshausen nutzen würden. Den Ausbau der Bestandsstrecke hält der IHK-Experte hingegen nicht für sinnvoll, unter anderem weil ein Bau "unter rollendem Rad" wesentlich länger dauern würde als der jetzt favorisierte Neubau der Trasse. Als Beispiel dafür verglich Stöferle die Dauer der oberirdischen Ausbaustrecke zwischen Augsburg und München mit dem Ausbau der Strecke "unter" der schwäbischen Alb, die größtenteils in Tunneln verläuft und deshalb sehr viel schneller realisiert werden konnte.
Bauernverband: Es kommt auf die Ausgestaltung an
Der Bayerische Bauernverband Schwaben begrüßt grundsätzlich, dass die Trasse in großen Teilen entlang der A8 verlaufen soll. Bezirkspräsident Stephan Bissinger sagte im BR-Interview, der Flächenverbrauch sei jetzt relativ gut geregelt. Er kritisierte aber, dass im Bereich ab Bubesheim landwirtschaftliche Flächen durchschnitten werden sollen: „Da ist es jetzt wichtig, dass die Dinge so geregelt werden, dass die Betriebe dort weiterhin wirtschaften können und auf ihren Höfen leben können.“ Man müsse sich jetzt im Detail anschauen, wie es gestaltet werden könne, dass die Betriebe mit ihren landwirtschaftlichen Geräten weiterhin von der einen Seite der Trasse auf die andere Seite kommen könnten ohne kilometerweite Umwege fahren zu müssen. Man müsse sich auch anschauen, wie genau der Lärmschutz gestaltet werde könne, so Bissinger.
Kritik von Bürgerinitiative Schwabentrasse
Kritik kommt von der Bürgerinitiative Schwabentrasse (Bischt). Sie bedauert, dass diese Trassenvariante – wie auch alle anderen – nur der Tatsache geschuldet sei, dass der Bund eine Fahrzeit von 26 Minuten zwischen Ulm und Augsburg zur Vorgabe gemacht hat. "Diese Vorgabe ist weiterhin in keiner Weise belastbar begründet und führt, wie wir mehrfach nachgewiesen haben, zu erheblichen Nachteilen für die Fahrgäste, auch der Region, in Form von schlechteren Anschlüssen in Ulm, Augsburg und München. Eine etwas längere Fahrzeit würde, wie ebenfalls nachgewiesen wurde, zu besseren Anschlüssen, wie auch zu raumverträglicheren und zudem kostengünstigeren, daher eher realisierbaren Ausbauvarianten führen", so die Bürgerinitiative in einer Pressemitteilung.
Das Bahnprojekt Ulm-Augsburg werde sich zudem in die Liste der Großprojekte einreihen, bei denen die Kosten aus dem Ruder laufen werden. Die Bürgerinitiative werde daher weiterhin gegen die Trassenvariante kämpfen.
Bürgerinitiative Bahnausbau 2.1 ist hochzufrieden
Sieglinde Winter von der Bürgerinitiative Bahnausbau 2.1 in Neusäß sprach im BR-Interview von einer tollen Lösung. Sie sagte, sie sei mit dem Trassenvorschlag der Bahn "einfach glücklich und zufrieden". Christian Werner von der gleichen Bürgerinitiative freute sich darüber, dass "unsere Arbeit nicht umsonst war". Der Trassenvorschlag bringe einen Mehrwert für die Region. Werner betonte, dass die Bahn froh über Tipps aus der Region gewesen sei, beispielsweise der Wunsch, dass die Trasse näher ans Güterverkehrszentrum kommen solle oder dass man in Zusmarshausen einen Bahnhof bekomme, um eine Brücke zu vermeiden. Die Bahn sei auch froh gewesen, dass sie die Hinweise zum Thema Grundwasser und Hochwasser-Schutz in Jettingen-Scheppach erhalten habe: "Die hätten da etwas geplant, was dann nicht gegangen wäre". All diese Tipps seien von Leuten im Dialogforum an die Bahn getragen worden.
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