"Zu viel ist zu viel, jetzt ist Schluss!" – steht auf großen Plakaten. Rund 900 Landwirte haben sich am Donnerstagnachmittag mit ihren Traktoren auf dem Volksfestplatz in Günzburg versammelt, um zu demonstrieren. Gegen Einsparungen der Bundesregierung. "Es geht um erhebliche Einbußen, wir sprechen hier von mehreren tausend Euro für einen durchschnittlichen Landwirt", sagt Stephan Bissinger, Bezirkspräsident des Bayerischen Bauernverbandes in Schwaben.
Der BBV hatte die Demonstration organisiert, um zu signalisieren, dass neben den Bauern auch die Verbraucher vom Sparkurs der Bundesregierung betroffen wären. Denn mit immer weniger Höfen stehe langfristig auch die Versorgungssicherheit in Deutschland auf dem Spiel, betont Bissinger.
Bundesregierung macht Rückzieher
Während die Landwirte den Rednern auf der Bühne applaudieren, überschlagen sich in Berlin die Ereignisse. Die Ampelkoalition will nun doch einen Teil ihrer Kürzungspläne zurücknehmen. Demnach soll die Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge nicht gestrichen werden. Auch die Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll nicht in einem Schritt wegfallen. Doch diese Informationen erreichen die Veranstaltung zu spät und spielen während der Redebeiträge keine Rolle.
Darauf angesprochen, begrüßten einige Landwirte die Rücknahme, forderten aber, dass auch die Subvention beim Agrardiesel vollständig erhalten bleiben müsse. "Wir haben jetzt höhere CO2-Preise, das heißt, jeder Liter Diesel wird für Landwirtschaft wieder teurer. Aber mit dem Diesel werden Lebensmittel erzeugt", sagt Thomas Graupner, Geschäftsführer des BBV-Kreisverbands Günzburg.
Traktoren-Korso durch Günzburg
Nach gut einer Stunde endet die Protestkundgebung, die Landwirte starten zu einem Schlepper-Korso durch Günzburg. Manche Straßen müssen deshalb kurzfristig gesperrt werden. Das Landratsamt hatte im Vorfeld vor Verkehrsbehinderungen gewarnt. Doch die halten sich dank des Einsatzes vieler Polizeikräfte in Grenzen. Ohne Zwischenfälle sei der Korso abgelaufen, so eine Pressesprecherin des Landratsamts.
Andernorts hatten sich bei ähnlichen Protesten unschöne Szenen abgespielt, Bauern hatten beispielswiese Mist abgeladen. Nur wenige Bürger sind verärgert, weil sie im Verkehr warten müssen, der Großteil zeigt Verständnis für die Anliegen der Landwirte. "Wenn sie nur mit dem Fähnchen wackeln, nimmt sie ja keiner wahr", sagt eine Frau. Ein Mann ergänzt: „Wir können nicht alles aus dem Ausland importieren. Die Landwirtschaft ist doch unsere Existenzgrundlage“.
Probleme der Landwirte sitzen tiefer
Doch in ihrer eigenen Existenz sehen sich immer mehr Landwirte bedroht. Es gehe beim Protest nicht allein um den Agrardiesel oder die KfZ-Steuer, vielmehr hätten sie nur das Fass zum Überläufen gebracht, sagen viele. Einige Bauern äußerten im Gespräch den Wunsch nach mehr Planungssicherheit, Investitionen müssten sich langfristig auch lohnen, gerade wenn der Hof an den Nachwuchs übergeben wird.
Der Unmut der Bauern wird sich so schnell nicht legen. Die Veranstaltung in Günzburg soll nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Protestkundgebungen in den kommenden Tagen sein. Einige Landwirte aus Günzburg wollen auch zur deutschlandweiten Großkundgebung nach Berlin fahren. Am 15. Januar trifft sich der Bundestag zu Haushaltsberatungen.
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