Die Gemeinde Bayerisch Eisenstein im Kreis Regen tritt zum Jahresende aus der "Ferienregion Nationalpark Bayerischer Wald GmbH" (FNBW) aus, einem touristischen Zusammenschluss von zwölf Gemeinden im Gebiet des Nationalparks Bayerischer Wald. Dieser Entschluss kam überraschend. Bürgermeister Michael Herzog (CSU) bestätigte die Entscheidung heute auf BR-Anfrage, ist aber nicht überzeugt vom Austritt – er wurde überstimmt.
Gemeinderat von Bayerisch Eisenstein stimmt für Austritt
Die FNBW war vor zehn Jahren gegründet worden, um die Gemeinden gemeinsam besser touristisch vermarkten zu können. Das habe für Bayerisch Eisenstein zu wenig geklappt, findet eine Mehrheit im Gemeinderat von Bayerisch Eisenstein. Die FNBW habe nicht genug für den Ort getan und gebracht. Einige Gemeinderäte und der zweite Bürgermeister hatten deshalb beantragt, aus der Vereinigung auszutreten und sich künftig wieder allein zu vermarkten. Dem stimmte eine große Mehrheit in der letzten Gemeinderatssitzung zu.
Erster Bürgermeister gegen Austritt aus FNBW
Bürgermeister Herzog stimmte gegen den Antrag. Er findet den Austritt falsch. "Vor allem für kleine Gemeinden macht es Sinn, in einem Verbund zusammenzuarbeiten", sagte Herzog heute dem BR. Man könne außerdem der FNBW nicht vorwerfen, dass sie zu wenig Übernachtungen generiert habe. Denn gleichzeitig sei in den vergangenen Jahren die Zahl der Gästebetten im Ort um mehr als 600 gesunken.
Der Bürgermeister will "die demokratische Entscheidung" aber nun umsetzen, auch wenn es dazu noch viele ungelöste Fragen gebe, wie er sagte. Es sei zum Beispiel unklar, ob das Personal der Tourist-Info, das von der FNBW angestellt ist, bleibt.
Kritik: Beschluss schwächt Region
Bei der FNBW selbst bedauert man den Austritt von Bayerisch Eisenstein und findet ihn "nicht nachvollziehbar". Der Beschluss schwäche die gesamte Region Bayerischer Wald, die FNBW und "vor allem den Grenzort Bayerisch Eisenstein", sagte FNBW-Geschäftsführer Robert Kürzinger. Bayerisch Eisenstein habe sich innerhalb der Ferienregion "wunderbar entwickelt" und es habe auch mehr Übernachtungen gegeben.
Heute hat sich auch ein Hotelbesitzer aus Bayerisch Eisenstein - Matthias Pfeifer vom "Waldhotel Seebachschleife" - mit einem offenen Brief an Gemeinderat und Medien gewandt. Der Austritt sei "ein Schlag" für touristische Unternehmen im Ort, die "mit Entsetzen feststellen müssen, dass ab 2025 die touristische Vermarktung vor Ort quasi auf Null gesetzt wird". Man verstehe nicht, dass der Gemeinderat eine solche Entscheidung trifft, "ohne ein vielversprechenderes Ersatzkonzept" zu haben. Als Betrieb sei man dankbar gewesen für eine Organisation, die die Region vermarktet und ihr Image vorantreibt. Außerdem seien die Übernachtungs- und Besucherzahlen in Bayerisch Eisenstein unter der FNBW nicht gesunken, sondern gestiegen.
Luftkurort mit Bahnhof zwischen Bayern und Tschechien
Bayerisch Eisenstein ist die nördlichste Gemeinde des Landkreises Regen. Sie ist ein staatlich anerkannter Luftkurort am Fuße des Großen Arbers direkt an der Grenze zu Tschechien. Touristen kommen hauptsächlich zum Wandern, Radfahren und im Winter zum Skifahren nach Bayerisch Eisenstein.
Interessant ist auch die Geschichte des Bahnhofs der Gemeinde: Das Bahnhofsgebäude steht nämlich je zur Hälfte auf deutschem und auf tschechischem Gebiet. Die Grenze führt mitten durch das Gebäude. Im Kalten Krieg kam der grenzüberschreitende Zugverkehr durch den Eisernen Vorhang völlig zum Erliegen. Die Tschechoslowakei zog einen Drahtzaun quer über die Bahnanlagen, die Gleise wurden dabei unterbrochen. Heute können sich Besucher in einem Info-Zentrum zur Geschichte des Grenzbahnhofs informieren. 2017 wurde er in Bayerisch Eisenstein als schönster Tourismusbahnhof Deutschlands ausgezeichnet.
- Zum BR Retro: Tourismus 1963 im Bayerischen Wald
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