SPD-Geschäftsstelle Hans-Högn-Haus in Hof
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Bayern-SPD muss sparen und will Geschäftsstellen schließen

Bayern-SPD muss sparen und will Geschäftsstellen schließen

Schlechte Wahlergebnisse und weniger Mitglieder – die Bayern-SPD muss kräftig sparen. Von 31 Standorten sollen nur noch sieben in den Regierungsbezirken übrig bleiben. Verliert die Partei durch einen Rückzug aus der Fläche an Schlagkraft?

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Die Bayern-SPD schrumpft. Nur 8,4 Prozent holte die traditionsreiche Arbeiterpartei bei der letzten Landtagswahl; und statt rund 94.000 Mitglieder wie um das Jahr 2000 zahlen aktuell nur noch 49.000 Genossinnen und Genossen ihre Mitgliedsbeiträge. Der Spardruck für die SPD ist enorm, denn auch aus der staatlichen Parteienfinanzierung fließt seit Jahren deutlich weniger in die Parteikasse. Eine Arbeitsgruppe unter Schatzmeister Florian Ritter hat deshalb ein siebenseitiges Sparpapier entworfen, das zurzeit in den Parteigremien diskutiert wird und dem BR vorliegt.

Künftig fehlen SPD jährlich rund 900.000 Euro

In fünf Jahren rechnet die Bayern-SPD damit, nicht mehr sechs Millionen Euro Jahresbudget zu haben, sondern nur noch gut fünf Millionen Euro. Jährlich müsse man künftig deshalb mit 15 Prozent oder rund 900.000 Euro weniger auskommen, so Schatzmeister Ritter. Das gehe nur über Einsparungen etwa bei Personal-, Miet- und Telefonkosten.

Betriebsbedingte Kündigungen will Ritter verhindern, viele SPD-Mitarbeiter gingen ohnehin in Rente und sollen nicht mehr ersetzt werden. Der Personalabbau werde sozialverträglich eng mit dem Betriebsrat abgestimmt, sagt auch SPD-Landeschef Florian von Brunn zum BR. Die Sparidee "aus 31 mach sieben" – also der Plan, die bayernweit 31 Standorte mit SPD-Regionalgeschäftsstellen in je einer Immobilie pro Regierungsbezirk zusammenzulegen - greift besonders tief in die Strukturen ein.

Schließung von Geschäftsstellen wäre "symbolisch ein Schlag"

Entsprechend emotional reagiert deshalb etwa auch der Vorsitzende des SPD-Ortsverbands Hof-Stadt, Patrick Leitl. Die einstige SPD-Hochburg Hof in Oberfranken wurde bereits bei der Landtagswahl arg gebeutelt. Aktuell stellt die Stadt keinen eigenen Landtagsabgeordneten mehr und jetzt könnte wegen des Sparzwangs auch noch die SPD-Geschäftsstelle im Gründerzeit-Haus mit der roten Backsteinfassade wegfallen.

Das Gebäude gebe es seit über hundert Jahren, es sei mit Arbeitergroschen aufgebaut worden und gehöre der SPD, so Leitl. Das heute nach dem 1980 gestorbenen Hofer SPD-Oberbürgermeister und Landtagsabgeordneten benannte Hans-Högn-Haus habe die Nazi-Diktatur überstanden. Eine Schließung der Geschäftsstelle wäre "natürlich symbolisch auch ein Schlag".

Spar- und Organisationsreform soll SPD "zukunftsfähig" aufstellen

Dass auch in der Fläche schmerzhaft gespart werden muss, das sieht prinzipiell auch Hofs SPD-Chef Leitl so. Im Moment laufe der Abstimmungsprozess in der Partei, noch sei über die genauen Sparentscheidungen nicht entschieden, betont Partei-Chef Florian von Brunn. Bei der Parteivorstandssitzung am 20. April sollen erste Beschlüsse fallen, denn mit dem Sparen müsse möglichst schnell begonnen werden, so von Brunn.

Carsten Träger, SPD-Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Fürth und Mitglied im Landesvorstand, betont, die Schließung von Geschäftsstellen sei nur eine von mehreren Ideen. Es gehe vor allem darum, die SPD wieder zukunftsfähig zu machen. Deshalb sei es gut, "dass man wirklich buchstäblich jeden Stein umdreht und mal guckt, was müssen wir verändern". Schatzmeister Ritter sieht die Vorteile einer Zusammenlegung von Regionalgeschäftsstellen vor allem darin, dass sich die SPD-Mitarbeiter dann spezialisieren könnten und durch mehr Digitalisierung die Wahlkampfunterstützung, Parteiarbeit und Mitgliederverwaltung effizienter werde.

Parteienforscher warnt vor "Teufelskreis durch Rückzug aus der Fläche"

Der renommierte Parteienforscher Uwe Jun, Professor an der Universität Trier, gibt allerdings zu bedenken: Wenn man Personal einspare, sei man weniger präsent in der Fläche. Das mache es wiederum schwieriger für die Politiker vor Ort, oder gar Nachwuchs zu rekrutieren. Für Professor Jun entwickelt sich dann "für eine Partei so eine Art Teufelskreis". Und die Schwierigkeiten würden in der Regel nicht geringer, sondern größer.

Für SPD-Schatzmeister Florian Ritter haben weniger Regionalgeschäftsstellen "mit einem Rückzug aus der Fläche überhaupt nichts zu tun". Das seien vor allem Verwaltungseinheiten, dort werde "weder Politik gemacht, noch geht von denen eine großartige Außenwirkung aus". Diese hänge vor allem an den möglichst aktiven SPD-Kommunalpolitikern vor Ort, so Ritter. Und nur in Ausnahmefällen seien die Regionalgeschäftsstellen zentral gelegene, gut sichtbare Treffpunkte des örtlichen Parteilebens.

Neue Wähler gewinnen über Social Media, Haustürbesuche und Vereinstreffen

In Hof würde das Hans-Högn-Haus aber auch den Ehrenamtlichen als Treffpunkt und Lagerplatz für Wahlkampf- und Infomaterial sehr fehlen, sagt der 38-jährige Stadt-Vorsitzende Patrick Leitl. Und im Sparprozess fordert er auch Opfer aus der Parteizentrale, etwa in den zwei Landesgeschäftsstellen in Regensburg und München. Die dürfe man nicht außen vor lassen, so Leitl: "Wenn, dann gleiches Unrecht für alle in dem Fall. Und am besten kann man die Einnahmesituation einfach verbessern, indem man Wahlen gewinnt. Und da müssen wir wieder hinkommen."

Dieser Weg dürfte für die SPD im Wettstreit mit der wesentlich erfolgreicheren CSU und den Freien Wählern aber besonders schwierig werden, meint der Erlanger Politik-Professor Constantin Wurthmann zum BR. Denn wenn die Geschäftsstellen als Treff- und Ankerpunkte wegfielen, müsste sich die SPD andere Orte und Räume suchen, um mit den Menschen und potenziellen Wählern in Kontakt zu kommen. Neben Social Media, um vor allem Jüngere zu erreichen, empfiehlt Wurthmann der Bayern-SPD auch ganz klassisch: die immer wichtiger werdenden Haustürbesuche, Straßenfeste und Vereinstreffen.

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