Die Freien Wähler gehen mit einem Umfrage-Höchstwert in den Endspurt des bayerischen Landtagswahlkampfs: Wenn schon an diesem Sonntag gewählt würde, käme die Partei laut BR24 BayernTrend auf 17 Prozent. Damit legten die Freien Wähler (FW) im Vergleich zum Mai fünf Prozentpunkte zu und stehen erstmals in einem BayernTrend auf Platz zwei hinter der CSU.
Die repräsentative Umfrage von Infratest dimap fand vergangene Woche statt – und damit nach der Entschuldigung von FW-Chef Hubert Aiwanger für "Verfehlungen" in seiner Schulzeit sowie der Entscheidung von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), an seinem Wirtschaftsminister festzuhalten.
Die CSU verzeichnet dagegen ein Minus von drei Prozentpunkten gegenüber Mai und liegt aktuell bei 36 Prozent. Mit einem solchen Resultat am 8. Oktober würden die Christsozialen schlechter abschneiden als 2018, als sie mit 37,2 Prozent ihr schwächstes Landtagswahlergebnis seit 1950 erzielten. Die Freien Wähler kamen vor fünf Jahren auf 11,6 Prozent. Seither regieren beide Parteien im Freistaat gemeinsam.
Grüne verlieren etwas, AfD legt leicht zu
Die Grünen liegen mit 15 Prozent (-1) jetzt nur noch auf dem dritten Platz. Auch die beiden anderen Ampel-Parteien, die in Berlin der Bundesregierung angehören, stehen bei der Sonntagsfrage schlechter da als im Mai: Die SPD ist mit 9 Prozent (-2) wieder einstellig, die FDP liegt mit 3 Prozent (-1) noch weiter weg von der Fünf-Prozent-Hürde, die für den Wiedereinzug in den Landtag zu bewältigen ist. Die aktuellen Umfragewerte der drei Parteien sind auch niedriger als ihr Ergebnis bei der bayerischen Landtagswahl 2018.
Anders die AfD: Sie klettert im Vergleich zum Mai um einen Punkt auf 13 Prozent – und kann bei der Landtagswahl auf ein besseres Resultat als vor fünf Jahren hoffen. Damals holte die AfD 10,2 Prozent. Alle anderen Parteien kommen derzeit zusammen auf 7 Prozent (+1).
Mehrheit will Schwarz-Orange
Zusammen hätten CSU und Freie Wähler laut BayernTrend weiter eine klare Mehrheit im Landtag. Eine erneute schwarz-orange Koalition im Freistaat befürworten dabei nicht nur Spitzenvertreter beider Parteien, sondern auch die Hälfte der Wählerinnen und Wähler: 51 Prozent bewerten in der Umfrage ein Bündnis aus CSU und FW als "gut" oder "sehr gut".
Eine CSU-Alleinregierung wünscht sich jeder Dritte (34 Prozent). 28 Prozent befürworten eine Koalition der CSU mit SPD, jeder Vierte (25 Prozent) plädiert für eine Zusammenarbeit der Christsozialen mit der FDP. Schwarz-Grün halten 24 Prozent für gut oder sehr gut – Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) schließt ein solches Bündnis aber kategorisch aus. Interessant: 80 Prozent der Grünen-Anhänger fänden Schwarz-Grün gut oder sehr gut.
Mit der Arbeit der Staatsregierung sind unverändert 51 Prozent der Bayern "zufrieden" oder "sehr zufrieden". Der CSU stellen dabei 49 Prozent ein gutes Zeugnis aus (+2), den Freien Wählern 42 Prozent (+5). Die Zustimmung zur Oppositionsarbeit der Ampel-Parteien ist dagegen gesunken: Die SPD kommt auf 26 Prozent (-3), die Grünen auf 22 Prozent (-9) und die FDP auf 19 Prozent (-3). Die AfD verbessert sich leicht auf 16 Prozent (+1).
Oppositionspolitiker haben Bekanntheitsproblem
Der bekannteste Landespolitiker in Bayern ist nach wie vor CSU-Chef Söder: 98 Prozent der Wählerinnen und Wähler haben zu ihm eine Meinung. Der einzige, der hier in Söders Nähe kommt, ist der Freie-Wähler-Vorsitzende Aiwanger mit 92 Prozent (+5).
Die Spitzenkandidaten der Oppositionsparteien legen ebenfalls etwas zu, haben aber auch kurz vor der Landtagswahl weiter ein Bekanntheitsproblem. Nur zu Katharina Schulze von den Grünen kann oder will mit 61 Prozent mehr als die Hälfte etwas sagen (+8). Ihr Co-Spitzenkandidat Ludwig Hartmann liegt bei 40 Prozent (+4), knapp hinter SPD-Spitzenmann Florian von Brunn, der sich um 11 Punkte auf 42 Prozent verbessert. Zu Martin Hagen hat mit 33 Prozent nur jeder Dritte eine Meinung (+5). Die Spitzenkandidaten der AfD, Katrin Ebner-Steiner und Martin Böhm, haben einen Bekanntheitswert von 33 und 25 Prozent, Vergleichszahlen vom Mai gibt es bei ihnen es keine.
Rückhalt für Söder im Fall Aiwanger
Söders Entscheidung, die Zusammenarbeit mit seinem Vize Aiwanger trotz der Antisemitismus-Vorwürfe fortzusetzen, bewerten 68 Prozent als richtig, 24 Prozent als falsch. Die Erklärungen des Freie-Wähler-Chefs zu seiner Schulzeit in den 1980er-Jahren hält die Mehrheit der Bayern (53 Prozent) für glaubwürdig, ein gutes Drittel (35 Prozent) hat Zweifel daran. Die Zustimmungswerte der beiden Politiker sind stabil: Ministerpräsident Söder kommt auf 56 Prozent (+1), Aiwanger wie bereits im Mai auf 48 Prozent.
Ganz oben auf der Liste der Themen, um die sich die neue bayerische Regierung vorrangig kümmern sollte, sehen die Wählerinnen und Wähler die Zuwanderung: 27 Prozent halten dies für eines der beiden wichtigsten Probleme (+7). Es folgen die Energiepolitik mit 22 Prozent (-6) sowie der Klima- und Umweltschutz mit 19 Prozent (+2).
Aiwanger sieht sich bestätigt
Freie-Wähler-Chef Aiwanger reagierte mit Genugtuung auf die Ergebnisse des BayernTrends und erneuerte mit Blick auf die Debatte über ein antisemitisches Flugblatt aus seiner Schulzeit seinen "Schmutzkampagne"-Vorwurf. "Die Menschen haben da ein sehr feines Gespür, was ist ehrliche Politik und was ist eine Schweinerei", sagte er dem BR. Im BayernTrend sieht er eine Bestätigung für die Arbeit der Freien Wähler in den vergangenen Jahren, aber auch eine Reaktion auf die "Kampagne" gegen ihn. "Ich glaube, das hat dem Ganzen noch das Sahnehäubchen aufgesetzt."
Während die CSU das Umfragehoch der Freien Wähler nicht überbewerten will, warnen Grüne und SPD vor einem Rechtsruck.
Der BR24 BayernTrend
Für den BR24 BayernTrend befragte das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap vom 5. bis 9. September 2023 insgesamt 1.171 Wahlberechtigte in Bayern (688 per Telefon, 483 online). Es handelt sich um eine repräsentative Umfrage.
Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt laut Infratest dimap einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahltag abgeschlossen sei. Rückschlüsse auf den späteren Wahlausgang seien damit nur bedingt möglich. Zum einen legten sich immer mehr Wähler kurzfristig vor einer Wahl fest, zum anderen habe die Bedeutung der letzten Wahlkampfphase mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern durch die Parteien zugenommen.
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