Die Ernte läuft auf Hochtouren, Landwirtinnen und Landwirte sind derzeit im Dauereinsatz. Einen riesigen Anteil des geernteten Getreides bringen Landwirte zur BayWa – dort wird es eingelagert und verkauft. Doch dieses Geschäft ist bedroht.
"Es ist gerade sehr unsicher, wie das weitergeht mit der Ernte und wie das mit der Bezahlung der Betriebe aussieht", sagt Toni Wollschläger, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). "Wenn ein Betrieb zwei-, dreihundert Tonnen Getreide hat und das über Nacht auf einmal woanders hinliefern muss, dann hat er keine Möglichkeit. Der muss sich darauf verlassen, dass das irgendwie gut geht."
Im Video: Einschätzung der Lage durch Tobias Betz, BR-Redaktion Landwirtschaft und Umwelt
BayWa versucht zu beruhigen
Bisher heißt es von Seiten der BayWa, dass alles gut gehe. Auf BR-Anfrage teilt das Unternehmen mit: "Die Bezahlung der Getreideanlieferungen im Rahmen der diesjährigen Ernte ist entsprechend ihrer Fälligkeiten eingeplant." Allerdings scheinen sich schon viele Landwirte nach Alternativen umzusehen, berichten Branchenkenner dem BR. Das ist aber nicht immer einfach, denn die BayWa ist in Bayern der größte Abnehmer. Die Kapazitäten komplett aufzufangen, wird nicht möglich sein.
Eine Absicherungsmöglichkeit haben Landwirte: Per Eigentumsvorbehalt können sie die Ernte zwar zur BayWa bringen und einlagern, bleiben aber weiter Eigentümer. Das bedeutet: Solange die BayWa das Getreide nicht bezahlt, gehört es den Landwirten. Trotzdem bleibt auch da die Unsicherheit, wann und von wem die Landwirte dann Geld für das Getreide bekommen.
Generell kritisiert die AbL die Größe der BayWa: Weil sie eine Art Monopolstruktur aufgebaut habe, gebe es kaum Ausweichstrukturen, sagt Toni Wollschläger. Der Bio-Bauer aus dem Landkreis Erding ist selbst nicht betroffen, aber die AbL ist bisher der einzige Verbund von Landwirten, der sich zur Situation äußert.
Deutscher Bauernverband äußert sich nicht
Vom Deutschen Bauernverband, der größten und wichtigsten Stimme für die Bauernschaft, kam bisher: Nichts. Präsident Joachim Rukwied sitzt selbst im Aufsichtsrat der BayWa. Laut Pressemitteilung der AbL müsse er die Zahlen kennen. Gewarnt habe er die Bäuerinnen und Bauern nicht.
Auf BR-Anfrage verweist der Verband auf Rukwieds Verschwiegenheitspflicht. Aber auch zu Belangen seiner Mitglieder - den Landwirten - bezieht der Verband keine Stellung. Dabei sind viele Landwirte doppelt von der Situation betroffen, weil sie nicht nur Kunden, sondern auch Kleinaktionäre der BayWa sind. Ein Teil ihrer Altersvorsorge ist möglicherweise gefährdet.
Im Video: Milliardenschulden: BayWa sucht einen Weg aus der Krise (15.7.2024)
Im Video: die Geschäftsfelder der BayWa im Überblick
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