Für Landwirt Ritter und seinen Sohn waren die vergangenen Monate ein Wechselbad der Gefühle.
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Nach einem Regenguss muss Johann Ritter zwei Tage warten, bis es trocken genug zum Dreschen ist

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Hochwasser und On-Off-Sommer: Schwierige Ernte für Landwirte

Die Hochwasserkatastrophe hat viele Landwirte in Schwaben hart getroffen. Wochenlang standen Äcker und Felder unter Wasser. Jetzt, wo die Ernte ansteht, macht eine wechselhafte Witterung den Bauern erneut zu schaffen.

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Johann Ritter hat in den vergangenen Tagen oft sorgenvoll in den Himmel geblickt. Hält das Wetter oder müssen er und sein Sohn abermals mit dem Dreschen warten? "Es hatte immer wieder geregnet und dann dauert es zwei Tage, bis alles trocken ist und man wieder dreschen kann“, sagt der Landwirt aus Attenhofen im Landkreis Neu-Ulm.

Den Satz beendet er trotzdem mit einem Lächeln und schaut auf sein Feld, wo ein großer Mähdrescher seine Runden dreht. Die vergangenen Monate waren für ihn und seinen Sohn, der den Hof erst dieses Jahr übernommen hatte, ein Wechselbad der Gefühle.

"Wasser stand bis zu den Ähren"

Die Hochwasserkatastrophe Anfang Juni hat vielen Landwirten in Schwaben Probleme bereitet. Bei der Familie Ritter stand das Wasser stellenweise bis hoch zu den Ähren. "Erst nach zehn Tagen lief es wieder ab", erzählt Johann Ritter. "Wir trauten uns nicht, dieses Getreide zu dreschen oder zu verkaufen. Wir haben es dann gehäckselt." Das sei nahezu ein Totalverlust gewesen.

Bei sechs seiner insgesamt 35 Hektar Anbaufläche war das der Fall. Die Familie hat die Überschwemmung in Foto und Video dokumentiert. Denn ab einem Mindestschaden von 5.000 Euro können Landwirte einen Schadensausgleich bekommen. Bei nicht versicherbaren Schäden liegt der Fördersatz bei 50 Prozent, für versicherbare Schäden wird ein Zuschuss von 25 Prozent gewährt. Eine entsprechende Versicherung hatte die Landwirtsfamilie in Attenhofen nicht abgeschlossen.

Pilze befallen das Getreide

Das viele Wasser auf den Feldern fördert auch das Wachstum von Pilzen. "Hier haben wir zum Beispiel Mutterkorn. Es ist giftig und kann bei Menschen und Tier zum Abgang von Föten führen", erklärt Anton Glogger-Hönle, Fachberater des Erzeugerrings für Pflanzenbau.

Der Parasit ist etwa drei bis vier Zentimeter lang und findet sich auf Gräsern, aber teilweise auch auf den Ähren. Im Getreide darf es nur in einer sehr geringen Konzentration vorkommen, vor allem, wenn daraus Lebensmittel gemacht werden sollen. Beim Einsatz als Tierfutter liegen die Grenzwerte höher, doch manchmal taugt das Getreide nur noch für die Biogasanlage.

Ein anderes Problem sind Fusariosen, die ebenfalls toxisch sind. Bei Befall färbt sich die Ähre teilweise orange, die Pflanze bildet oft nur noch "Schmachtkörner" aus, die eingedellt sind.

Doch könnten sich Landwirte nicht besser gegen Ertragseinbußen wappnen? "Es gibt trockentolerante und nässetolerante Pflanzen, aber keine, die alles kann. Unser Problem ist, dass wir vorher nicht wissen, ob ein nasses oder ein trockenes Jahr kommt", sagt Fachberater Glogger-Hönle.

Landwirte hoffen auf Auffangbecken

Der Bayerische Bauernverband rechnet heuer mit einer eher unterdurchschnittlichen Ernte, gerade in den Gebieten, die von Starkregen und Überflutungen betroffen waren. Fachberater Glogger-Hönle hofft, dass das Hochwasser künftig ganzheitlicher betrachtet wird und nicht jede Kommune für sich nach einer Lösung sucht und das Wasser an andere Gemeinden weiterleitet. "Wir bekommen zum Beispiel auch viel Wasser von der A7, das dann in den Fluss Leibi läuft und von dort dann wieder auf unsere Felder," sagt Glogger-Hönle.

Der Berater hofft auf den Bau von Auffangbecken, um die Landwirte zu schonen. "Ich schätze, dass unsere Erträge etwa 25 Prozent niedriger als gewöhnlich ausfallen. Das sagen mir auch alle Berufskollegen im Dorf", sagt Johann Ritter. Er wünscht sich, dass es im nächsten Jahr nicht wieder zu nass oder zu trocken wird und hofft zur Abwechslung auf eine ganz normale Ernte.

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