Ein Umschlag mit Briefwahlunterlagen wird in einem Briefwahllokal in eine Wahlurne geworfen (Archivbild).
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Wählen ist bei der Bundestagswahl erst ab 18 Jahren erlaubt. Durch die vorgezogene Wahl erreichen manche diese Altersgrenze nun doch nicht.

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Junger Frust: Tausende werden nun doch keine Erstwähler

Junger Frust: Tausende werden nun doch keine Erstwähler

Bei der Bundestagswahl gilt ein Mindestalter von 18 Jahren. Durch den auf Februar vorgezogenen Wahltermin können nun jedoch weniger Erstwählerinnen und Erstwähler ihre Stimme abgeben. Das enttäuscht viele – und verwirrt. Eine Erklärung in Zahlen.

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Die nächste Bundestagswahl findet bereits am 23. Februar statt – und nicht erst am 28. September zum regulären Ende der Legislaturperiode. Manche BR24TikTok-Userinnen und -User sind enttäuscht: "Hab mich mega gefreut, aber jetzt darf ich nicht wählen, erst mit 22", kommentiert jemand zumindest, wenn die kommende Bundesregierung die gesamte Legislaturperiode durchhält. Manche verpassen ihre erste Wahl nun ganz knapp: "Wäre im April 18 gewesen und ein Freund von mir am 25. Februar", hieß es in einem anderen Kommentar.

Das ist oft nicht einfach zu verstehen, vor allem, wenn jemand beispielsweise bei der Europawahl schon einmal wählen durfte. Denn dafür muss man 16 Jahre alt sein, für die Bundestagswahl aber 18. "Frühere Studien zeigen schon, dass ein solches Nicht-mehr-wählen-dürfen, obwohl man vorher schon einmal durfte, zu großer Unzufriedenheit bei den Betroffenen führt, auch über den Wahltag hinaus", erklärt Thorsten Faas, Professor für Politikwissenschaft an der Freien Universität Berlin. Dabei dürfe man nicht vergessen, dass die jungen Menschen Wählerinnen und Wähler der kommenden Jahrzehnte sind.

400.000 weniger Erstwähler bei Bundestagswahl

Nach Schätzungen des Statistischen Bundesamtes sind bei der Neuwahl im Februar etwa 59,2 Millionen Menschen wahlberechtigt – rund 2,3 Millionen davon sind potenzielle Erstwählerinnen und Erstwähler. Das sind 3,9 Prozent aller Wahlberechtigten. Erstwählerinnen und Erstwähler sind junge Menschen mit der deutschen Staatsangehörigkeit, die nach der vergangenen Bundestagswahl volljährig geworden sind, das heißt im Zeitraum vom 27. September 2003 bis 23. Februar 2007 geboren wurden.

Grafik: Erstwähler und Wahlberechtigte im Vergleich (2021 und 2025)

Hätte die nächste Bundestagswahl stattdessen regulär am 28. September stattgefunden, hätten auch die jungen Menschen zur Wahl gehen können, die nach dem 23. Februar 18 Jahre alt geworden wären. Dann wären aller Voraussicht nach etwa 2,7 Millionen Menschen potenzielle Erstwählerinnen und Erstwähler gewesen. Das sind rund 400.000 junge Wahlberechtigte mehr als bei der Neuwahl nun im Februar.

Auch in Bayern Tausende betroffen

Laut dem Statistischen Landesamt sind es in Bayern etwa 62.000 weniger Erstwählerinnen und Erstwähler. Insgesamt werden für Februar etwa 9,2 Millionen Wahlberechtigte geschätzt. Davon nun circa 362.000 Erstwählerinnen und Erstwähler.

Insgesamt geht die Anzahl der Wahlberechtigten in Deutschland seit Langem zurück. 2021 konnten noch etwa 1,2 Millionen Menschen mehr ihre Stimme abgeben. Damals waren nach Angaben des Bundesamts für Statistik 61,2 Millionen Menschen wahlberechtigt. Der Anteil der Erstwählerinnen und Erstwähler betrug bei der vergangenen Bundestagswahl noch 4,6 Prozent.

Der Rückgang der Wahlberechtigten hänge vor allem mit der demografischen Entwicklung zusammen, sagt die Bundeswahlleiterin. Es sind also mehr Deutsche gestorben, als volljährig wurden und ins wahlberechtigte Alter kamen. Zudem sei die zensusbedingte Korrektur des Bevölkerungsbestandes in der aktuellen Schätzung berücksichtigt, ergänzt das Statistische Bundesamt.

Verwirrung ums Wahlalter

In den TikTok-Kommentaren bei BR24 zeigten sich manche Userinnen und User zudem irritiert über das vorgeschriebene Wahlalter: "Dachte, ab 16 wählen", heißt es da etwa.

Die Europawahl 2024 war die erste bundesweite Wahl, bei der auch 16- und 17-Jährige wahlberechtigt waren. Zwar hatte sich die Ampel-Regierung eine Absenkung des Wahlalters auch für die Bundestagswahl im Koalitionsvertrag vorgenommen, dieses Vorhaben aber nicht umgesetzt. Das Alter für die Wahl des Bundestags ist im Grundgesetz festgesetzt. Daher wäre für eine Änderung eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag und Bundesrat notwendig. Für das Herabsetzen des Wahlalters bei der Europawahl – fixiert im Europawahlgesetz – wurde nur eine einfache Mehrheit benötigt.

Thorsten Faas, der auch Mitautor der Studie "Jugend wählt" der Friedrich-Ebert-Stiftung ist, kann die Enttäuschung nachvollziehen: "Wir sehen gerade, dass es in 'politikfernen' Gruppen zu Verwirrungen kommt und das insbesondere in Bundesländern, in denen je nach Wahlebene verschiedene Alters-Grenzen gelten", teilt Faas auf Anfrage mit.

Die Studie "Jugend wählt 2024" ergab aber auch, dass die Befragten 15- bis 20-Jährigen ein differenziertes Bild zur Absenkung des Wahlalters haben. Wie auch in der Gesamtbevölkerung bezweifeln die Jüngeren, ob die unter 18-Jährigen die notwendige Reife für eine Teilnahme an der Wahl aufweisen würden. Aber: "Man sieht schon, dass die Unterstützung für ein abgesenktes Wahlalter gerade in Bundesländern, wo das schon gelebte Praxis ist, höher liegt als in anderen Bundesländern", so Faas.

Bayerinnen und Bayern bekommen voraussichtlich erst 2026 wieder eine Chance, ihre Stimme abzugeben – für den 8. März 2026 sind die Kommunalwahlen geplant.

Karte: Hier darf ab 16 Jahren gewählt werden

Anmerkung der Redaktion: Die Anzahl der Erstwählerinnen und Erstwähler in Bayern wurde nach einer Pressekonferenz des Bayerischen Landesamts für Statistik präzisiert. Wir haben die Zahl im Beitrag angepasst.

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