Der Monheimer Wald neben der bestehenden Deponie.
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Eine knappe Mehrheit hat in Monheim für den Erhalt des Stadtwaldes und gegen die Erweiterung einer Bauschuttdeponie gestimmt.

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CO₂-Rechnung nach Bürgerentscheid: Volle Deponie – viele Lkws?

CO₂-Rechnung nach Bürgerentscheid: Volle Deponie – viele Lkws?

Vielen ging es ums Klima: Die Monheimer sollten abstimmen, ob ein Waldstück für eine Deponie-Erweiterung gerodet wird oder nicht. Der Wald soll nun bleiben. Doch Nutzer machen eine Rechnung auf: Wie viel CO₂ stoßen nun wohl erforderliche Lkw aus? 

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Vormittag am .

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Waldfläche behalten oder Deponie erweitern? Vor dieser Frage standen die Menschen in Monheim im Landkreis Donau-Ries. Am Sonntag sprachen sie sich für den Erhalt eines Waldstücks aus und damit gegen die Erweiterung der stadteigenen Bauschuttdeponie. Was bedeutet das für die Region? 

Ein Bürgerentscheid hat in Bayern die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. Das heißt: Vorerst bleibt der Wald so erhalten, wie er ist. Aber es gibt Möglichkeiten, den Bürgerentscheid zu kippen, etwa durch einen neuen Bürgerentscheid. Auch möglich: Der Stadtrat stimmt erneut für die Deponie-Erweiterung. Das wäre aber erst nach einem Jahr wieder möglich, so lange gilt die gesetzliche Bindungsfrist.

Wenn Lkws Bauschutt wegfahren: Was bedeutet das fürs Klima?

Wenn die Deponie in Monheim für Erdaushub und Bauschutt irgendwann voll ist, müsste das Material – wie in anderen Gemeinden auch – mithilfe von Lkw auf den Deponien in der Region entsorgt werden.

Das bedeute mehr Lkw-Verkehr, argumentierten mehrere User in den BR24-Kommentarspalten. So schrieb beispielsweise "oberfoerster": "Da eine Bauschutt-Deponie etwas Langfristiges ist, wäre hier die Frage, wie viel CO₂ ausgestoßen wird, um den Abfall in der Gegend zu verteilen." Ein paar Nutzer stellten Berechnungen an, um zu veranschaulichen, wie viel CO₂ (genauer gesagt Kohlenstoff) das betroffene Waldstück binden kann und wie viel ein Lkw auf gewissen Strecken freisetzt.

Das mag auf den ersten Blick naheliegen, doch für solche Berechnungen muss man ziemlich viele (Mittel-)Werte heranziehen. Zudem fließen zahlreiche Faktoren ein, die gar nicht alle genau bestimmt werden können. Deshalb ist eine solche Rechnung nur eine grobe Schätzung.

Ein paar Parameter stehen aber fest und können für eine einfache Veranschaulichung herangezogen werden. So liegen die von Monheim aus nächsten Deponien für Erdaushub und Bauschutt in Dietfurt in Mittelfranken, Harburg und Maihingen. Im Mittel liegen sie 21 Kilometer von Monheim entfernt. In den vergangenen Jahren sind auf die bestehende Deponie im Schnitt rund 47.880 Tonnen Material pro Jahr angeliefert worden. Ein Lkw stößt laut Umweltbundesamt pro Tonne Ladung und Kilometer im Schnitt 121 Gramm CO₂ aus. Würde das gesamte Material aus Monheim künftig im Durchschnitt 21 Kilometer weit transportiert, ergebe sich demnach ein CO₂-Ausstoß von rund 122 Tonnen pro Jahr.

Aber: Das ist nur eine ungefähre Größenordnung. Denn in der Rechnung müssen einige weitere Faktoren berücksichtigt werden. Einerseits müssen die Lastwagen ja auch wieder zurück. Dann sind sie zwar womöglich leer, aber verbrauchen trotzdem Sprit. Andererseits gibt es auch zur Monheimer Deponie Transportwege.

Wie zukunftsfähig ist das Stück Wald, um das es geht?

Jetzt zum Wald. BR24-User "lauris" fragt zunächst in den Kommentaren: "Ist der bestehende Wald zukunftsfähig und ökologisch wertvoll?"

Professor Erwin Hussendörfer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf meint: ja! Der Forstwissenschaftler kennt das Waldstück in Monheim. Es wäre eigentlich optimal in Zeiten des Klimawandels, sagt er. In dem Mischwald gibt es neben Fichten und Buchen unter anderem Linden, Birken und viele Eichen. Gerade die würden durch den Klimawandel immer wichtiger, weil Buchen und Fichten unter Trockenheit, Hitze und Borkenkäfer litten. "Hier müssen wir keinen Eichenwald begründen, hier ist das Grundgerüst schon da. Und das ist eigentlich das, was wir gerade woanders auf großer Fläche, mit großer Mühe und mit viel Geld probieren", sagt Hussendörfer.

Grundsätzlich gehen die Bayerischen Staatsforsten davon aus, dass der bayerische Staatswald durchschnittlich knapp elf Tonnen CO₂ pro Hektar und Jahr bindet. Nehmen wir dies als Annäherung für Monheim: Das insgesamt 7,5 Hektar große Stück Wald in Monheim, das gerodet werden sollte, würden pro Jahr ungefähr 82,5 Tonnen CO₂ binden. Das ist auch ein ungefährer Wert, denn Wald verändert sich ebenfalls.

Auf der anderen Seite: Gerodeter Wald nimmt nicht nur kein CO₂ mehr auf, er setzt auch welches frei. Durch gefälltes Holz, das verheizt wird. Oder durch die Aktivität von Mikroorganismen im Waldboden, der dann von der Sonne erwärmt wird. Deshalb sollte in Monheim der Wald laut Stadt über viele Jahre hinweg schrittweise gerodet werden. Viele Bäume hätten also weiterhin noch CO₂ aufgenommen.

Solche groben Rechnungen bilanzieren jedenfalls nur CO₂-Werte. Welchen Wert der Wald etwa für Pflanzen, Tiere und Menschen hat, ist darin gar nicht berücksichtigt. 

Forderung: Mehr Recycling

Manche User plädieren dafür, woanders anzusetzen: "Aufgrund des Ergebnisses sollte sich die Stadt jetzt Gedanken über eine Bauschuttrecyclinganlage machen, um die Bauschuttmenge zu reduzieren", schrieb zum Beispiel "KON". Die Bürgerinitiative verwies bereits auf diese Forderungen ihrerseits: mehr Recycling. Würde Bauschutt oder Erdaushub vor Ort wiederverwendet, bräuchte es weniger Fahrten zu Deponien.

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